Assungas Liebesnest
Adern bewegt, und dieses Blut gehört mir. Ihr werdet euch weiterhin das andere holen. Schon heute abend und in der folgenden Nacht, denn die Gäste werden kommen, das weiß ich. Da sind sie einfach viel zu neugierig, denn ich habe meine Fallstricke gelegt, in denen sie sich verfangen werden.«
Mochten die anderen Blutsaugerinnen auch begriffen haben, was ihre Anführerin gemeint hatte, für Jenny war es ein Rätsel. Sie glaubte, in einem Alptraum gefangen zu sein, und war vor Furcht wie gelähmt.
Assunga preßte sie an sich. »Macht euch bereit. Die ersten werden bald eintreffen. Ich will Musik hören, ich will das Licht rotieren sehen, und ich will, daß unsere Gäste heiß auf euch werden. Sie sollen sich fühlen wie zu Hause, nur eben ohne ihre Ehefrauen.« Nach einem harten Lachen wandte sich Assunga an Jenny. »Und du, meine Kleine, du bleibst ganz allein für mich!«
***
Es war recht leicht gewesen, die Ruine zu finden. Wir hatten auch keinen Menschen fragen müssen, wir sahen sie schließlich selbst, als wir in Richtung Cromer fuhren.
An der Stelle, die uns den besten Blickwinkel garantierte, hielt ich an, und wir stiegen aus.
»Der Bau sieht nicht wie eine Ruine aus«, meinte Suko.
Ich mußte ihm recht geben. Unter einer Ruine hatten wir uns etwas anderes vorgestellt. Was da auf einer leichten Erhebung stand, hatte wirklich wenig mit einem zerfallenen Bau zu tun. Es war ein normales zweigeschossiges Haus. Wir sahen auch Fenster oder ahnten sie zumindest, und in der Höhe des Hauses wuchsen die laublosen Bäume hoch wie ein kahles, übergroßes Gestrüpp. Im Sommer gab es dem Bau sicherlich eine gute Deckung, jetzt nutzte es nicht viel.
In der Nähe des Hauses bewegte sich nichts. »Da stehen auch keine Wagen«, stellte Suko fest. »Mit Gästen brauchen wir nicht zu rechnen.«
»Das hätte uns auch noch gefehlt. Luciano Goff wird sich nicht trauen, das Haus zu besuchen.«
»Nein, das überläßt er seinen Leuten.«
Ich schaute meinen Freund von der Seite her an. »Bist du dir sicher, daß er sie herschickt?«
Suko zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich kann mir vorstellen, daß er nicht die ganze Wahrheit gesagt hat.«
»Ja, das denke ich allerdings auch.«
»Dann kann Goff uns auch vor seinen Karren gespannt haben«, überlegte Suko.
Eine Antwort bekam Suko nicht. Ich ärgerte mich darüber, wenn es denn so sein sollte. Letztendlich aber war es wichtiger, die Vampirbrut zu vernichten, und auch der Gedanke an Assunga wollte mir nicht mehr aus dem Kopf. Wir stiegen wieder ein und plötzlich – noch vor dem Start – hielt ein Biker neben uns.
Der Mann war noch jung. Er klopfte gegen die Scheibe auf der Fahrerseite. Ich ließ die Scheibe nach unten fahren.
»Gib es was Besonderes?« fragte ich.
Der Mann mit einem rötlichen Oberlippenbart grinste: »Ihr seid ein wenig früh dran.«
»Ach, warum denn?«
»Sie haben noch nicht geöffnet.«
»Wen meinen Sie denn?«
»Den Puff dort. Mal eine Frage. Sind die Weiber dort heiß?«
»Klar«, erwiderte ich sehr ernst. »So heiß, daß sich manche die Finger und noch mehr an ihnen verbrennen. Deshalb rate ich Ihnen, so schnell wie möglich nach Hause zu fahren.«
Er lachte und schwang sich wieder in den Sattel. Gruß- und wortlos fuhr er davon.
»Es stimmt also«, sagte Suko.
»Hast du etwas anderes gedacht?«
»Bisher hatten wir ja keinen Beweis.«
Ich winkte ab. »Das ist ein Bordell der ganz besonderen Art. Gebe der Himmel, daß so etwas nicht Schule machen wird.«
»Der Himmel sind in diesem Fall doch wir.«
»Meinetwegen auch das.«
Ich fuhr wieder an. Wie schon auf den letzten zwei Kilometern hielten wir Ausschau nach Vögeln, die keine waren, sondern große, mutierte Fledermäuse. Wenn sie flogen, waren sie einfach nicht zu übersehen, denn dort oben am grauen und sich immer mehr zuziehenden Himmel gab es keine Deckung.
Wir hatten Pech oder Glück gehabt. Ganz wie man es nimmt. Uns war keine Fledermaus vor die Augen gekommen. Nur normale Vögel zogen ihre Kreise.
Eine offizielle, zum Haus hinführende Straße gab es nicht. Wir mußten quer durch das Gelände fahren.
Es gab so etwas wie einen Pfad. Kein normaler Weg, aber wir konnten erkennen, daß wir nicht die ersten waren, die das Haus besuchten. Wir rollten durch eine Fahrspur aus Reifenabdrücken.
Es war schon recht dunkel geworden. Wir hätten eigentlich mit Licht fahren müssen. Darauf verzichteten wir, weil wir nicht wollten, daß man unsere Ankunft zu früh
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