Assungas Liebesnest
zischte Jenny eine Botschaft entgegen. Das Mädchen zuckte zurück. Durch diese Bewegung war der Bann gebrochen. Jenny wollte sich drehen und weglaufen, aber sie hatte nicht mit der anderen Gestalt hinter ihr gerechnet. Kaum drehte sie sich zur Seite, da erhielt sie einen Stoß.
Es war ein harter Schlag gegen den Rücken. Der Stoß katapultierte sie nach vom. Ihre Beine gaben nach, sie suchte Halt, doch die Hände ruderten in der Luft.
Die Person mit den schwarzen Haaren griff zu. Es war ganz einfach, denn Jenny fiel ihr entgegen und wurde plötzlich an den Schultern wie von zwei Klammern gehalten.
Sie wollte schreien, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Dicht vor sich sah sie das Gesicht der Blutsaugerin mit den kalten, leblosen Augen und dem weit geöffneten Maul, in dem sich eine dunkle Zunge bewegte.
Jenny fühlte sich wie vereist. Die Untote hielt sie fest und starrte sie dabei an.
Sie spielte mit ihrer Zunge. Sie ließ sie um die Lippen tanzen, was Jenny eklig fand. Sie schloß die Augen, weil sie den Anblick einfach nicht mehr ertragen konnte. Sie merkte nicht, daß die Blutsaugerin ihre Hände von den Schultern löste. Erst als kalte Finger an ihren Wangen entlang strichen, öffnete sie die Augen wieder.
Sehr dicht befanden sich die beiden langen Zähne vor ihr. Sie zitterte, als der Kopf zur Seite geneigt wurde und sich der Ausdruck der Augen veränderte. Er wurde schwärmerisch, und der Kopf drückte sich in der Schräglage verbleibend nach vorn, denn das Ziel war der Hals. Eine andere Hand packte Jennys Haare. Sie zog daran, es tat ihr weh, doch sie schrie nicht.
Die linke Seite des Halses mußte frei liegen. Mehr wollte die verdammte Person nicht. Frei und straff, so daß sie den Biß ansetzen konnte. Ein alter und widerlicher Geruch drang Jenny aus dem offenen Maul entgegen.
Dann spürte sie den Druck der Lippen. Leicht nur. Wie zwei kühle, neutrale, kurze Schläuche. Die Lippen glitten noch ein Stück über die Halshaut hinweg, und Jenny glaubte, ein leises Schmatzen zu vernehmen.
Ihre Gedanken hatte sie abgeschaltet. Vielleicht waren sie auch abgeschaltet worden. Sie dachte nicht einmal mehr an ihre Eltern und an das Zuhause.
»Jaaa...«, stöhnte die Blutsaugerin – und schrie im nächsten Moment wild auf...
***
Etwas war passiert. Von hinten her hatte sich jemand an die Blutsaugerin unhörbar herangeschlichen und gnadenlos zugegriffen. Finger hatten sich in den schwarzen Haaren verkrallt und dann den Kopf brutal nach hinten gezerrt. Zwar spürt ein Vampir keine Schmerzen, doch in diesem Fall mußte es anders gewesen sein, oder es lag an dem so plötzlichen Angriff.
Jenny Blake begriff erst Sekunden später, was geschehen und daß sie gerettet worden war. Der Kopf der Blutsaugerin war nach hinten gezerrt worden, und die Hand, die sich in das dunkle Haar gekrallt hatte, gehörte einer Frau, die Jenny kannte. Es war die gleiche, die sie im Haus besucht und von dort entführt hatte.
Nun kam ihr die Frau vor wie ein rettender Engel. Als wäre sie wieder vom Himmel gefallen. Jenny war unfähig, etwas zu unternehmen. Sie blieb wie gelähmt auf der Stelle stehen und schaute einfach nur zu.
Ihre Retterin zerrte die Vampirin hoch.
Assunga bewies, welche Stärke in ihr steckte. Nahezu locker hob sie die Blutsaugerin an, so daß deren Füße sich plötzlich in einer Höhe mit der Sessellehne befanden. Die Schwarzhaarige tat nichts, abgesehen von einem kratzigen Röcheln. Sie war nicht in der Lage, sich zu wehren. Assunga hatte sie voll im Griff. Sie ging um den Tisch herum, weil sie den Gang erreichen wollte, der Jenny als Fluchtweg dienen sollte.
Beide Frauen versperrten ihn jetzt!
Noch immer konnte sich die Schwarzhaarige nicht wehren. Der Griff war einfach zu hart. Die Finger hatten sich brutal in den Nacken geschlagen, die anderen hielten das Haar fest, und die Beine schwebten über dem Boden, als sich Assunga mit ihrer Beute herumdrehte.
Wie einen Gegenstand stellte sie die Vampirin ab und ließ sie los. Dann schüttelte sie den Kopf und zischte scharf: »Ich habe dir gesagt, daß ich hier bestimme, wann du Blut trinken darfst. Die Kleine gehört mir, verstehst du das?«
Die Antwort bestand aus einem Nicken.
Daraufhin lachte Assunga und sagte: »Es ist komisch, aber ich kann dir nicht glauben. Dir nicht und auch den anderen nicht. Ihr versucht, mich zu hintergehen. Ihr habt auch das Haus verlassen, was verboten war. Mein Diener Sergio hat mir die Nachricht überbracht, und das fand
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