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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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unantastbaren Entscheidungen treffen, welche die Steinschmelzerraupe vermutlich auf eines der zahlreichen Regale mit traditionsfeindlichen Neuerungen verbannen würde.
    Mit einem kurzen Wink bedeutete der Große Verwalter Gutschluck und seinen Leuten, dass ihr Vorsprechen hiermit beendet war. Es war nicht die erste Niederlage dieser Art, die sie in ihrem Leben hatten hinnehmen müssen.
    Behände beförderten die Gehilfen die Raupe zurück in ihren Käfig und sammelten den Stein ein, während der greise Neuerer wieder zwischen den zahllosen Bärten kniender Zwerge verschwand. Damit war der Pflichtteil der Audienz erledigt, und man konnte zu den Anliegen des Volkes selbst übergehen, die in der Regel etwas unterhaltsamer waren.
    Da war beispielsweise Hrudgroll Schleuderstein, der seinen Mitzwergen regelmäßig unterstellte, heimlich Frauen in ihren Höhlen zu verstecken. Es gab nur wenige Zwerge, die noch nicht Opfer seiner Verleumdungen geworden waren. Und gemäß dem Protokoll pflegte die Stählerne Garde des Verwalters nach jeder Audienz auszurücken, um sich von der Haltlosigkeit der Anschuldigungen zu überzeugen. Neben Hrodborrk, dem Erben des Feuers, war Schleuderstein eine der festen Größen bei der Audienz des Verwalters. Des Weiteren gab es freilich noch den ein oder anderen Zwerg, der sich vor dem Licht fürchtete, sich Krankheiten einbildete oder den Weltuntergang vorhersagte.
    Bemerkenswerterweise waren die meisten Zwerge, die während der Audienzen vor den Thron traten, auf die eine oder andere Art nicht ganz richtig unter dem Helm. Sinnvolle Beiträge gab es nur selten. Aber das lag vor allem daran, dass das Leben innerhalb des Ehernen Imperiums auf geraden Schienen und in aller Regel nahezu reibungslos verlief.
    Die Dinge waren, wie sie waren, weil es immer schon so gewesen war. Die Gesetze der Zwerge waren in Stein gemeißelt, während sie selbst bloß vergängliche Kreaturen aus Fleisch und Blut waren.
    Und die Vergänglichkeit ihres Wesens mahnte sie, keinen Zweifel an der Unvergänglichkeit ihrer Gesetze zu hegen. In ihren Augen war die Welt eine riesige Maschine. Und sie funktionierte. Was mehr konnte man von einer Maschine verlangen? Sie wussten nicht recht, was für eine Aufgabe diese Maschine hatte. Der Zweck der meisten anderen Maschinen war ein wenig offensichtlicher. Über den genauen Zweck der Weltmaschine * aber würde nicht einmal der Große Verwalter zu urteilen wagen.
    Den würden sie alle früh genug erfahren. Nämlich in der Hohen Höhle, wo die Hohen Zwerge, die Mechaniker der Weltmaschine darauf harrten, jedem von ihnen seine Aufgabe zuzuteilen. * * Bis dahin galt es, Höhlen zu graben, Erz zu ernten und Gänge zu stützen.
    Wieder hallten die Stimmen der Priester im Chor durch die Halle der Helme: »Der Große Verwalter leiht sein Ohr dem Ehernen Volk. Als Erstes möge aus seiner Mitte nun Hrodborrk der Jüngere vortreten.«
    Hrudgroll Schleuderstein ärgerte sich. Wieder hatte Hrodborrk es geschafft, ihm zuvorzukommen. Dabei hatte Schleuderstein den Priestern des Drachenhorns bereits vor fünf Tagen sein Anliegen vorgetragen. Und es war ein wichtiges Anliegen. Er hatte nämlich entdeckt, dass Hornrodt Kieselgerber in seiner Vorratshöhle eine Frau versteckt hielt. Und er hatte herausgefunden, wie diese vermaledeiten Frauenverstecker es anstellten, dass die Stählerne Garde nichts fand, wenn sie ihre Höhlen durchsuchten: Es war eine Verschwörung. Und zwar eine groß angelegte! In Wirklichkeit gab es nur eine einzige Frau. Aber die reichten die Verschwörer untereinander weiter! Inzwischen hatte er sogar einen Beweis dafür gefunden. Jawohl, einen Beweis. Nach Hunderten von Jahren war es ihm endlich gelungen, und heute würde er ihn den anderen präsentieren! Hastig tastete er nach seinem Beutel. Oh ja, da war er, sein Beweis… Von heute an würde niemand mehr über ihn lachen. Niemand.
    Und nun drängelte Hrodborrk der Jüngere sich vor. Wahrscheinlich wollte er wieder einmal die Geschichte erzählen, wie seine Ahnen angeblich das Feuer erfunden hatten. Er musste sich noch vor ihm für die heutige Audienz angemeldet haben. Es war nicht auszuhalten! Dass ein Zwerg mit einem ernsthaften Anliegen vor einem solchen Unsinn zurückstehen musste.
    Erwartungsvolle Stille legte sich über die Menge. Es war klar, was sogleich geschehen würde. Ein Name war aufgerufen worden, und ein Zwerg würde vortreten, so war es schon immer gewesen.
    Doch der Name verhallte und niemand rührte sich.

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