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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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schön und gut. Vielleicht steckten auch da Verschwörungen dahinter. Aber was, zum brennenden Bart noch mal, war mit den versteckten Frauen?
    Es war ein abgekartetes Spiel. Sie übergingen ihn, versuchten ihn mundtot zu machen. Ein weniger charakterstarker Zwerg hätte sich wahrscheinlich längst einreden lassen, er sei wahnsinnig. Schleuderstein jedoch nicht. Denn er wusste, dass die Verschwörer irgendwo in den Gängen eine Frau verbargen, und er war stark genug, mit seinen Wurfmessern notfalls gegen ein ganzes Volk von Verschwörern zu bestehen. Und die Lehre, die er aus dieser Situation zog, war vor allem die, dass er dem Ferkelbändiger, der da so mir nichts, dir nichts die Frauenverstecker verschwieg, nicht trauen konnte.
    Häuptling Breitbart funkelte Blechboldt finster an. Der aber war ebenso weit davon entfernt, sich einschüchtern zu lassen, wie ein Stein vom Schwimmen. Für ihn hatten die Götter nichts mit all dem Übel zu tun, das sich über dem Ehernen Volk zusammenbraute. Und darum sagte er geradeheraus: »Ein Verschwörer, der im Schatten der Gänge auf Böses sinnt, hat nichts Göttliches an sich, Herr…«
    Der Häuptling des Feuers maß den Ferkelbändiger mit flammenden Blicken und knirschte mit den Zähnen. Dann fuhr er in einer entschiedenen Bewegung mit der rechten Hand durch die Luft. Eine deutliche Geste, dass das Gespräch für ihn beendet war.
    Da ergriff Olbrich Eisenbruch, der Häuptling des Stahls und Herr des Ferkelbändigers, noch einmal das Wort. »Genug! Wie jämmerlich, sich im Angesicht des nahenden Endes im Streit zu zerreißen. Wir sind ein Volk, ein Eisen! Wir werden die Rückkehr des Verwalters abwarten, um den Willen des Volkes zu erfahren.«
    Und alle Anwesenden, von Stahl bis Erde, von Ferkelbändiger bis Bartbruder, waren sicher, dass dies der beste Weg war. Denn der Verwalter bestimmte die Richtung des Ganges, und seine Häuptlinge waren kaum mehr als Stützbalken. Der Verwalter war das Volk, das Volk war der Verwalter, und sein Wille war der Wille der Seinen…
     
     
    Der Große Verwalter stand im Dunkel der Barthaarbibliothek. Das Schmatzen um ihn herum war leiser geworden.
    Es war nicht das erste Haar, das er den Bibliothekaren brachte, nicht das erste Mal, dass er den Bibliothekaren gab, wonach es sie gelüstete. Aber niemals hatte es so lange gedauert wie heute.
    Er wusste nicht viel über diesen wunderlichen finsteren Ort. Die Bibliothek war einzigartig und ebenso jene, die darin hausten. Irgendwo in dieser Finsternis verbargen sie ihren Hort, das Wesen eines ganzen Volkes. Ein Haar aus dem Bart eines jeden lebenden Zwergs. Generation für Generation war hier verzeichnet. Kaum dass ein neugeborener Zwerg geschlüpft war – sie kamen stets mit vollem Bartwuchs auf die Welt –, riss man ihm ein Barthaar aus, um es in die Barthaarbibliothek hinunterzubringen. Das Haar wanderte dann so lange durch die Hände der Bleichhäutigen, bis jeder von ihnen es kannte und sich den Namen des dazugehörigen Zwergs eingeprägt hatte. Keine zwei Bärte glichen einander, und jedes Haar war, zumindest in der Hand eines Bibliothekars, ein fälschungssicherer Ausweis. Und das war der geheime Nutzen der Barthaarbibliothek, von dem allein der Große Verwalter und sein höchster Priester wussten.
    Der Verwalter selbst hatte es auch schon einmal probiert. Doch ihm schien ein Haar wie das andere. Offenbar brauchte es diese seltsame Existenz abseits von allem, fern von Licht und Leben und voller sonderbarer Gelüste, um die Fähigkeit zu entwickeln, an einem Barthaar den dazugehörigen Zwerg zu erkennen. Wo und wann auch immer etwas vorfiel, bei dem ein Schuldiger ermittelt werden musste, wann immer ein Zwerg die Regeln verletzte, stahl, betrog, hinterging oder unterschlug; wenn sich ein Haar fand, fand sich auch der Schuldige. Und aus dem Volk ahnte keiner, wie das Ganze vonstatten ging…
    Während der letzten paar hundert Jahre hatte der Große Verwalter durch seine Besuche in der Finsternis und einige kleine unheilige Opfer zahlreiche Mörder, Betrüger und Diebe entlarvt. Von Zeit zu Zeit stellte er die Bibliothekare auch auf die Probe, um ihre Loyalität und ihre Fähigkeiten zu testen. Dann brachte er ihnen eines seiner eigenen Haare, das eines Stahlgardisten oder das eines anderen integren Zwergs. Doch die Bleichhäutigen verstanden ihr Handwerk. Ohne die geringste Gefühlsregung, ohne Fragen zu stellen oder Antworten zu erwarten, erfüllten sie ihre Aufgabe. Solange er sie

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