Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
Vom Netzwerk:
bezahlte. Ein unfehlbarer fleischfressender Automat, eine vielköpfige Maschine aus bleichen Gliedmaßen und rot schimmernden Augen, auf die er sich verlassen konnte. Mitunter nahm der Erste der Bibliothekare das Haar und reichte es ihm bereits zwei Schläge später wieder zurück. Manchmal hörte er, wie sie es herumreichten und leise miteinander murmelten, bis sie sich einig waren. Am Ende stand immer ein Name. Die fleischfressende Maschine im Dunkeln funktionierte. Tadellos und unfehlbar.
    Und jedes Mal erschreckte ihn die Stimme, wenn sie plötzlich wieder aus der Dunkelheit drang. So wie auch jetzt.
    »Zwerg! Die Bibliothek weiß, wie gern du sie auf die Probe stellst. Aber sei versichert, wenn du noch einmal versuchst…« Der Bibliothekar schien sich zu bewegen, der Verwalter hörte ein leises Rascheln. »… uns derart zu verhöhnen, dann wird dieser Quell des Wissens dir und deinem Volk auf immer versiegen!«
    Plötzlich spürte er wieder den Atem des Bibliothekars in seinem Gesicht. Er glaubte beinahe, das Blut darin riechen zu können. Und die dazugehörige Stimme klang zornig, beinahe gefährlich.
    »Schafft ihn mir aus den Augen!«
    Im nächsten Augenblick gruben sich knochige Finger in die Schultern und die Arme des Großen Verwalters. Bleiche, schemenhafte Gestalten rissen ihn fort und zerrten ihn durch die Finsternis, sodass er nicht wusste, wie ihm geschah.
    »Ehrwürdiger Bibliothekar, vergebt mir, was immer ich getan haben mag, aber dieses Haar ist wichtig! Ich bitte Euch, verratet mir, wem…«
    »Ich habe gesagt, du sollst uns nicht verhöhnen! Und wenn du es wieder einmal wagst, hier hinunterzukommen, dann solltest du mehr als zwei schäbige Ferkel bei dir haben, Zwerg!«
    Der Verwalter wurde weitergezerrt. Er hörte, wie die Tür mit einem leisen Knarren geöffnet wurde, dann drang ein schmaler matter Lichtschein in die Finsternis.
    »Und wenn du es noch einmal wagst, mir das Haar eines Schieferspringers statt dem eines Zwergs zu bringen, dann bete zu deinen Göttern, dass Ferkelfleisch uns genügt!«
    Die Stimme verhallte in der Finsternis, und der Große Verwalter wurde unsanft in den Gang hinausgestoßen. Als er herumfuhr, sah er bloß noch eine beinahe weiße Hand nach der Tür greifen und sie von innen her zuschlagen.
    Der Hohepriester, der die ganze Zeit über im Gang ausgeharrt hatte, trat näher, um ihm aufzuhelfen. Sein Blick drückte Verwunderung aus. Nicht nur der letzten Worte des Bibliothekars wegen, die er selbst hier draußen hatte vernehmen können, sondern auch, weil er den Verwalter die Barthaarbibliothek noch nie auf diese Weise hatte verlassen sehen. Die Laune des ehrwürdigen Verwalters war dementsprechend alles andere als gut.
    Fluchend rappelte er sich auf, während der Hohepriester sich zu verteidigen begann: »Glaubt mir, Herr, Funke und Feuer noch eins, es war ein Haar aus seinem Bart! Ich schwöre es! Auf jedes Metall, auf die Schale meines eigenen Eis, wenn Ihr es wollt!«
    Dem Großen allerdings war es vollkommen egal, worauf die Stimme der Götter schwor. Er hatte sich wieder einmal in der Dunkelheit vor den Bibliothekaren erniedrigt, hatte mit dem Opfer zweier Erzferkel eines der wichtigsten Gesetze der Zwergenheit gebrochen und war dann auch noch mit einem Tritt in den Hintern verabschiedet worden. Darüber hinaus hatte sein Hohepriester ihm das Barthaar eines Verschwörers gebracht, bei dem es sich offenbar um einen Schieferspringer handelte. Egal, aus welchem Bart er es auch gezerrt haben mochte. Und schließlich saßen oben an der steinernen Tafel, zwischen seinen Häuptlingen, die Opfer von so vielen Verschwörungen, dass es schwerfiel, sie alle zu zählen.
    Kurzum, die Welt war aus den Fugen, das Eisen verbogen und der Bart im Feuer. Egal, worauf sein Gegenüber schwor.
    Die Vorstellung, dass er dieses ganze Chaos wieder beheben sollte, behagte dem Großen Verwalter gar nicht. Und aus diesem Grund würde er es auch nicht tun. Er hatte seine Position schließlich nicht von ungefähr inne. Er verwaltete ebenso Probleme wie auch Lösungen. Und er hatte sich noch nicht den ganzen Dreck vom Wams geklopft, da war ihm bereits eingefallen, wie er diesen schweren Felsen weiterrollen konnte.
    Er richtete den Zeigefinger auf den Erwecker alles zu Erweckenden und raunte mit einer Stimme, die jeden Widerspruch in einem finsteren Tümpel aus giftigem Zorn ertränkt hätte: »Ich will eine Prophezeiung. Ich will Auserwählte. Vier Auserwählte, die von den Göttern gesandt

Weitere Kostenlose Bücher