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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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auszudenken, wenn auch nur einer der beiden Flüchtlinge der
Polizei lebend in die Hände fiel.
    Die Sache geriet zusehends außer
Kontrolle, und auf Rygor schien kein Verlass mehr zu sein. Lange genug hatte
McDunn dem exzentrischen Treiben seines Lakaien zugesehen. Nun,
zugegebenermaßen hatte er ja auch ein wenig davon profitiert. Doch die Gewinne
aus dem Handel mit den selektierten Säuglingen rechtfertigten keinesfalls das
Risiko, Asylon gänzlich zu verlieren. Er musste etwas unternehmen.
    Einer der Vorteile,
Vorstandsvorsitzender und Hauptanteilseigner des größten Sicherheitskonzerns
der Welt zu sein, war, dass man über eine eigene kleine Privatarmee gebot, und
die wiederum verfügte über eine Ausrüstung, von der Polizei und sogar Army nur
träumen konnten. Es war an der Zeit, diese Karte zu spielen. Und wenn dabei ein
paar Bullen ins Gras beißen mussten, dann war es eben so.
    McDunn griff zum Telefon.

    Die Scheibe barst mit
lautem Knall. Für eine Sekunde sah Torn einen faustgroßen Schatten in der Luft
schweben. Dann explodierte die Welt in weißem Licht.
    Instinktiv riss er Saïna und das
Mädchen zu Boden. Als er seine Augen wieder öffnete, war das Licht einer alles
verschlingenden, unirdischen Schwärze gewichen.
    »Hier spricht die Polizei!
Verlassen Sie das Gebäude mit erhobenen Händen!«
    Die Quelle der Stimme war vor dem
Eingang des Diners. Da rief jemand. Aber er benutzte kein Megafon, wie Torn es
erwartet hätte.
    Verdammt. Sie hatten zu lange
gewartet. Wo blieben nur Jack und sein Kumpan?
    Zwar hatte Torn kaum ahnen
können, dass es sich bei den neuesten Flüchtlingen aus Asylon um Saïna und die
kleine Poosah handelte. Dennoch hatte er Jack und seinem Latino-Kumpel sofort
angeboten, dabei zu helfen, die Leute in Sicherheit zu bringen. Weitere
Menschen aus Asylon bedeuteten, dass er nicht mehr allein sein würde, dass es
jemanden gab, der in der gleichen Situation steckte wie er, mit dem oder denen
er sein Los teilen konnte. Außerdem hatte er als ehemaliger Masterleveller
weitaus bessere Chancen als Jack und sein Begleiter, falls es zu einer
Auseinandersetzung mit den Cops kam.
    Und allem Anschein nach ließ sich
die auch nicht vermeiden!
    Allmählich ließ die Blendung
nach, und Torn konnte wieder die Umrisse der Barhocker sehen und auch die Theke,
vor der sie standen.
    Irgendetwas stimmte nicht. Torn
hatte als Leveller viel zu lange mit Polizisten zusammengearbeitet, um nicht
stutzig zu werden. Möglich, dass die Cops in Los Angeles anders arbeiteten als
die von Asylon, aber welcher Polizist warf eine Blendgranate in ein Gebäude und
stürmte es dann nicht sofort, sondern wartete, bis die Blendwirkung bei seinen
Gegnern nachließ?
    »Saïna«, zischte er.
    »Was?«, ertönte es neben ihm.
    »Folg mir.«
    »Was hast du vor?«
    Statt ihr zu antworten, packte er
sie am Handgelenk und zog sie hoch. Dann schnappte er sich Poosah, klemmte sich
das protestierende Mädchen unter den Arm und lief mit beiden auf die Theke zu,
hinter der er sich mit ihnen verkroch.
    Splittern, gefolgt von einem
Zischen.
    Tränengas. Das passte Torns
Ansicht nach schon besser, wenn man sie ausräuchern wollte.
    »Schließ die Augen!«, wies er
Poosah an.
    Er warf einen Blick um die Ecke
der Theke. Eine Nebelwolke kroch auf sie zu.
    Wenn wir
nichts sehen, sind wir leichte Beute!
    Schwach zeichnete sich im
Dämmerlicht der Umriss der Küchentür ab.
    »Dort hindurch!«, rief er.
    In gebückter Haltung lief er los,
stieß eine der Schwingflügel auf, schubste Saïna an sich vorbei und drängte mit
dem Mädchen hinterher.
    In der Küche war es absolut
finster. Nur die Bullaugen der Tür hinter ihm schimmerten im fahlen Dämmer des
Gästeraums dahinter.
    »Was jetzt?«, keuchte Saïna neben
ihm.
    »Weiter. Wir müssen von dem Gas
weg. Diese Küche wird irgendwo einen Lieferanteneingang …«
    Weiter kam er nicht.
    Das Licht ging an.
    Grell und weiß.
    Für einen Moment bestand der Raum
nur aus hellen und dunklen Flächen.
    Torn blinzelte.
    Sein Blick wurde klarer.
    Fuck!, schoss es ihm durch den Kopf.
    Vor ihnen standen zwei Männer in
Kampfmontur – Helm, Schutzweste, Springerstiefel – und bis an die Zähne bewaffnet.
Beide hielten automatische Gewehre auf sie gerichtet. Sie grinsten.
    »Sieh an, hätten die sich doch
beinah verlaufen«, sagte der Vordere. »Gut, dass wir gerade vor Ort waren,
nicht wahr?«
    »Ja, ’n verdammtes Glück«,
antwortete der andere, der versetzt hinter ihm stand, und spuckte über

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