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Asylon

Asylon

Titel: Asylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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verströmte eine warme,
würzige Süße, die sich mit dem Wacholdergeist in ihrem Atem mischte. Die
feuchte Kühle des Lappens, den sie auf seiner Stirn hielt, sickerte über seine
Schläfen und vertrieb den Schmerz. Eine warme Welle breitete sich von seinem
Bauch über seinen Körper aus und floss prickelnd in die Fingerspitzen, brachte
jede Haarwurzel zum Vibrieren.
    »Du bist schön.«
    Mit einem vagen Schuldgefühl nahm
er zur Kenntnis, welche Worte da gerade aus seinem Mund gekommen waren. Ein
schiefes Grinsen erschien in ihrem Gesicht. Zwischen ihrer breiten Lippen
blitzten ein paar große weiße Zähne.
    »Und du bis’ voll wie ’ne
verdammde Strandhaubitsse.«
    Überrascht stellte er fest, dass
ihm ihre burschikose Art gefiel. So anders als … Er verbot sich den Gedan-ken.
    »Tja, dann sind wir wohl schon
zwei. Kann ich jetzt auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren?«
    Ihr Mienenspiel spiegelte eine
Mischung aus Belustigung und Ratlosigkeit wider. Seine Finger tasteten nach
oben und zogen an ihrem Kragen.
    »Autsch.« Sie verzog schmerzhaft
das Gesicht.
    »Was ist los?«
    »Eigentlich nix. Nur hat jemand
heude versucht, mich tsssu erwürng, und mein vadammta Hals tut scheißweh.«
    »Oh. Schön, dass er sich’s anders
überlegt hat.«
    »Tja, schätze, ich hatt’ ein paar
überzeugende Ar-gu-men-te.« Um das Wort überhaupt aussprechen zu können,
zerlegte sie es in seine Silben und piekte beim Sprechen mit dem Zeigefinger in
die Luft.
    Seine Hand wanderte etwas tiefer,
in Richtung ihres Ausschnitts.
    Scheiße, was
tust du da?
    »Stopp, Großa!« Sie ergriff seine
Finger und zog sie weg, sanft, aber unmissverständlich. »Sorry, aber für heude
hab ich echd genug von Kerln, die meinen, sie könnten mit mir machen was sie
wolln, vastehst du?«
    Torn kam sich auf einmal schäbig
vor. Ernüchterung traf ihn wie ein Schlag in den Magen. Er hatte Yvette und
sein Kind verloren, und keine vierundzwanzig Stunden später fiel ihm nichts
Besseres ein als …
    Scheißalkohol!
    »’tschuldige«, stammelte er zerknirscht.
    »Schon okay«, sagte sie
unberührt. »Es ist nur so … Als ich diesen – diesen Wahnsinnjen abgeschüddelt
hab, hab ich mir geschwor’n, dass mich für die nächssen sswei Wochen kein Kerl
anrühr’n darf. Mindestens.« Sie schüttelte entschieden den Kopf.
    »Verstehe …«
    »Komm schon, Alda«, sagte sie und
griff nach seinem Arm. »Ich helf dir hoch!«
    Sie zog ihn hoch, und er stand
schon fast, da gaben seine Beine unter ihm nach, und weil auch sie nicht mehr
sicher auf den Füßen war, sackten sie gemeinsam zurück auf die Teerpappe.
    Sie kicherte, und er schlug vor:
»Versuchen wir’s noch mal!«
    Diesmal stützten sie sich
gegenseitig, und als sie standen hielten sie sich aneinander fest.
    »So«, stöhnte er, »und jetzt ab
in die Falle.«
    »Isch hab dir doch gesagd …«
    »Ich meine, jeder für sich«,
sagte er schnell.
    Einander umklammernd wie ein
altes Liebespaar stolperten sie auf den Eingang zu …

    Paileys Schlag bohrte
sich in Scooters Magen. Er hing kopfüber von der Decke. Ein Hustenanfall
schüttelte ihn. Sein Körper schwang hin und her wie ein Boxsack.
    Seit ihn vor einer halben Stunde
ein Schwall Eiswasser aus der Bewusstlosigkeit gerissen hatte, prügelten Pailey
und Bulk fast ununterbrochen auf ihn ein. Allmählich fühlte es sich an, als ob
es in seinem Körper keinen Knochen mehr gab, der nicht mindestens geprellt war.
Sterne tanzten vor seinen Augen.
    Rygor, der Boss seiner Peiniger,
saß auf einem Stuhl in einer Ecke des Raums. Die Beine übereinandergeschlagen,
die Hände im Schoß gefaltet, hatte er die Drecksarbeit bisher seinen beiden
Spießgesellen überlassen. Gelangweilt sah er auf Scooter hinab, dessen Kopf
knapp über dem Boden hin- und herpendelte. Nun stand er auf, bedeutete seinen
beiden Kumpanen, zur Seite zu treten, und baute sich direkt neben – oder
vielmehr direkt über – seinem Opfer auf. Aus Scooters seltsamer Perspektive
sah es aus, als hätte ein Riese neben ihm Posten bezogen.
    Stumm schaute Rygor auf ihn
hinab. Scooter versuchte, seinem Blick standzuhalten, auch wenn das bei dem
Hin- und Herschwingen schwierig war. Aber seine Würde – oder vielmehr das, was
davon übrig war – gebot es ihm.
    Nachdem Rygor ihn eine Weile
stumm angestarrt hatte, während Pailey und Bulk vor Anstrengung schnaufend hinter
ihm an der Wand des fensterlosen Raumes lehnten, öffnete er bedächtig den
Hosenstall. Ein gelber Strahl traf Scooter, der

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