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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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vor.
    Pünktlich auf die Minute schaltete ich meinen Computer aus. Draußen auf dem Parkplatz hielt ich nach Charlottes Auto Ausschau. Eigentlich hatten wir vereinbart, dass sie mich abholen sollte. Doch ihren roten Minivan konnte ich nirgendwo entdecken. War Charlotte in letzter Minute etwas dazwischengekommen? Vielleicht streikten die Babysitter, oder Ben war krank geworden. Oder hatte Charlotte es sich womöglich anders überlegt? Am besten rief ich sie gleich mal an, um herauszufinden, ob die heutige Personenobservation ausfiel. Während ich in meiner Tasche nach meinem Handy kramte, wurde neben mir die Fensterscheibe eines silberfarbenen Kombis heruntergelassen.
    »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«, sprach mich eine Frau mit langen pechschwarzen Haaren an. Die Stimme kam mir irgendwie bekannt vor.
    »Charly?«, fragte ich.
    »Nein, Weiße Feder, du Dummerchen. Natürlich bin ich es. Aber die Tarnung ist gut, oder? Vor ein paar Jahren habe ich mich an Fasching als Indianersquaw verkleidet. Wie gut, dass ich die Perücke nicht weggeschmissen habe. Früher oder später kann man eben alles noch einmal gebrauchen.«
    »Was du nicht sagst.« Angelegentlich betrachtete ich ihr wild gemustertes Kleid. Bei dem geschmacklosen Fetzen handelte es sich vermutlich um den Putzkittel ihrer Großmutter. Aus welchem Altkleidersack sie diese scheußliche Rarität hervorgezogen hatte, wollte ich lieber gar nicht wissen.
    »Und das Auto?«, fragte ich Charlotte.
    »Geliehen, von einer Nachbarin. Unser Auto erkennt Andreas doch auf den ersten Blick. Und deins auch. Aber jetzt steig erst mal ein. Es macht dir nichts aus, wenn du fährst, oder? Ich bin so nervös, dass ich die Karre auf dem Weg hierher schon dreimal abgewürgt habe.«
    Ich nahm auf dem Fahrersitz Platz. Als ich Charlotte umarmte, fiel mein Blick auf den prall gefüllten Picknickkorb zu ihren Füßen. Ein ganzes Tupperdosensortiment sowie eine Thermoskanne lugten daraus hervor.
    »Proviant«, erklärte Charlotte, ohne dass ich danach gefragt hatte. »Wäre ja denkbar, dass wir Andreas ein bisschen länger beschatten müssen.«
    »Aber doch nicht drei bis vier Wochen«, protestierte ich. Mir schien, Charlotte hatte zu viele Krimiserien gesehen. Da saßen die Ermittler auch immer stundenlang mit Kaffee und Brotzeit im Auto herum und warteten auf die zu observierende Zielperson.
    Als ich den Wagen gerade starten wollte, legte Charlotte ihre Hand auf den Zündschlüssel. »Einen Moment. Für dich hab ich auch noch etwas.« Sie kramte in einer Plastiktüte und zog eine feuerrote Perücke mit Zöpfen und eine dunkle Sonnenbrille hervor.
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«
    Charlotte zuckte ungerührt mit den Schultern und drückte mir die roten Zotteln in die Hand. »Eine andere Perücke konnte ich auf die Schnelle nicht auftreiben.«
    »Lass mich raten. Vor ein paar Jahren hast du dich an Fasching als Pippi Langstrumpf verkleidet, oder?«
    »Stimmt genau.«
    »Vergiss es!« Angewidert verzog ich das Gesicht. »Mal ganz davon abgesehen, dass das Ding bestialisch nach Mottenkugeln stinkt, könnte ich ebenso gut mit einem Blaulicht auf dem Kopf herumrennen. Das wäre nicht halb so auffällig wie diese Perücke.«
    »Na schön, aber dann setz wenigstens die Sonnenbrille auf.«
    Seufzend erfüllte ich Charlotte diesen Wunsch. Ein Blick in den Rückspiegel bestätigte mir, dass ich nun wie Puck die Stubenfliege aussah. Aber für solche Eitelkeiten war jetzt keine Zeit. Andreas hatte gleich Dienstschluss. Wenn wir ihn vor der Firma erwischen wollten, mussten wir uns sputen. Da wir weder wussten, wer diese Greta war, noch, wo sie wohnte oder in welchem Etablissement sie arbeitete, mussten wir uns an Andreas’ Fersen heften und an ihm dranbleiben, bis er sein Ziel erreicht hatte.
    Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Just in dem Moment, als wir vor Andreas’ Firma anhielten, stieg Charlottes Ehemann in seinen Wagen. Er fuhr zügig, doch bereits nach kurzer Zeit hatte ich mich sowohl an sein Tempo als auch an seinen Fahrstil gewöhnt. Alles lief glatt, bis wir auf eine große Ampelkreuzung zufuhren.
    »Komm, die kriegen wir noch!«, rief Charlotte aufgeregt, als die Ampel gerade auf Gelb umsprang. »Gib Gas!«
    Ich drückte das Gaspedal durch, und der Wagen schoss mit Karacho über die Kreuzung. Bestimmt hätten wir Andreas eingeholt, wären wir nicht ziemlich abrupt ausgebremst worden.
    Trotz der dunklen Sonnenbrille erkannte der Polizist mich sofort. »Ach, Sie schon wieder.«

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