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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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nachvollziehen.
    »Wann wollen wir mit dem Umbau denn loslegen?«, wollte dieser nun wissen.
    Umbau? Wieso Umbau? Eine Wiege, ein paar hübsche Vorhänge mit kleinen bunten Teddybärchen, ein Wickeltisch – fertig war das Kinderzimmer.
    »Weißt du, vielleicht sollten wir uns am Anfang auf das Wesentliche beschränken«, versuchte ich Conrad vorsichtig zu bremsen. »Was die Einrichtung betrifft, bin ich auch nicht so wahnsinnig anspruchsvoll.«
    »Das solltest du aber sein. Schließlich ist das Wallemrath Hotel kein Dorfgasthof oder irgendeine billige Absteige. Wenn wir schon ein Kinderparadies einrichten, dann sollten wir uns nicht lumpen lassen.«
    »Kinderparadies?!?« Meine Kinnlade gehorchte dem Gesetz der Schwerkraft und klappte nach unten.
    »Ja, genau. Wie gesagt: Ich bin einverstanden.«
    »Schön«, sagte ich und versuchte mit aller Gewalt, meine sich heftig sträubenden Mundwinkel in Richtung Ohrläppchen zu bewegen. Das Ergebnis war ein reichlich gequältes Lächeln. Vor lauter Enttäuschung musste ich schwer schlucken. Nicht dass ich mich nicht gefreut hätte, schließlich hatte ich wie eine Löwin für das Kinderparadies gekämpft. Dennoch: Mehr als die Betreuung fremder Rabauken beschäftigte mich augenblicklich der Wunsch nach eigenem Nachwuchs.
    »Und wo wir schon mal beim Thema Kinder sind …«, versuchte ich geschickt eine Überleitung zu finden.
    Mist, verdammter! Der Ober machte mir einen Strich durch die Rechnung und servierte die Teller mit der dampfenden Vorspeise. Ich beschloss, diese Unterbrechung als einen Wink des Schicksals zu betrachten, und widmete mich voller Konzentration meiner Tomatencremesuppe. Ein Löffel für Mama, ein Löffel für Papa … Vielleicht war es besser, bis nach dem Hauptgericht zu warten. Mit vollem Bauch redete es sich bekanntlich leichter.
    Während sich Conrad mit gesundem Appetit über sein Filet mit Speckböhnchen hermachte, stocherte ich so lustlos in meiner Seezunge herum, als wollte ich den Fisch sezieren. Das Essen war köstlich, trotzdem kämpfte ich mit jedem einzelnen Bissen. Sollte ich gleich mit der Tür ins Haus fallen oder lieber auf den richtigen Moment warten? Doch woran erkannte man ihn, den richtigen Moment?
    Aus Angst, ihn womöglich schon verpasst zu haben, entschied ich mich für die Hauruck-Methode. Als der Ober unsere Teller abgeräumt hatte und Conrad sich zufrieden auf seinem Stuhl zurücklehnte, nahm ich all meinen Mut zusammen, räusperte mich und rückte endlich mit der Sprache heraus: »Ich hätte … äh … also, ich hätte wahnsinnig gerne …«
    … ein Kind von dir, hatte ich eigentlich sagen wollen. Doch unter Conrads erwartungsvollem Blick war mein Mund plötzlich staubtrocken. »Ich hätte wahnsinnig gerne noch ein Wasser«, krächzte ich.
    Kaum hatte ich diesen Wunsch ausgesprochen, sprang Conrad auch schon von seinem Stuhl auf und ruderte wie wild mit den Armen. Ich fand es rührend, wie sehr er um mein Wohlergehen besorgt war, aber so dringend war das mit dem Wasser nun auch wieder nicht. Obgleich Deutschland als Sevicewüste verschrien war – dass man als Gast mitten in einem Restaurant verdurstete, hielt ich für reichlich unwahrscheinlich.
    Als ich mich umwandte, sah ich jedoch, dass es gar nicht der Kellner war, den Conrad auf sich aufmerksam zu machen versuchte, sondern ein braun gebrannter Typ in einem weißen Anzug, der mit aufgestelltem Hahnenkamm an der Bar herumgockelte. Ich war mir sicher, ihn schon mal irgendwo gesehen zu haben. Den Anzug, nicht den Mann. Während Conrad weiter winkte, dachte ich angestrengt nach. Volltreffer, jetzt hatte ich es: Der Anzug sah aus wie eine originalgetreue Kopie aus dem 70er-Jahre-Kultfilm Saturday Night Fever , in dem John Travolta eine verdammt heiße Sohle aufs Parkett legt. Allerdings wirkte der Typ im Gegensatz zu John Travolta in dem Outfit nicht kultig, sondern eher ulkig. Wie eine skurrile Mischung aus Zuhälter und Schiffssteward Sascha Hehn zu seinen besten Traumsch if f -Zeiten.
    In diesem Moment hatte der Möchtegernschönling Conrad wohl auch entdeckt, denn er steuerte mit einem breiten Lächeln im sonnenbankgebräunten Gesicht auf unseren Tisch zu. »Mensch, Conrad, alter Junge!«
    »Achim, wie schön, dich zu sehen!«
    Auf den ersten Blick sah dieser Achim nicht besonders sympathisch aus. Auf den zweiten leider auch nicht.
    Die beiden Männer schlugen einander krachend auf die Schultern. Was sie wohl für einen Ausdruck herzlicher Wiedersehensfreude hielten,

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