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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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erwähnen, denn ich war sicher, dass Kai mit seiner alten Karre bei meinem Vater punkten konnte. Langsam begann mir die Flunkerei Spaß zu machen. Schließlich tat ich niemandem damit weh. Ja, mehr noch, eigentlich diente meine kleine Notlüge sogar einem guten Zweck. Meine Mutter war happy, und ich hatte meine Ruhe. Falls meine Eltern Kai irgendwann kennenlernen wollten, würde mir schon etwas einfallen, warum ich ihn nicht mitbringen konnte. Eine ansteckende Krankheit, eine Weltreise, eine Phobie gegen potenzielle Schwiegereltern …
    Die Gefahr, dass meine Eltern persönlich im Hotel auftauchen würden, um den neuen Lover ihrer Tochter in Augenschein zu nehmen, bestand zum Glück nicht. Von Tür zu Tür brauchte man mit dem Auto gerade mal zwanzig Minuten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln war man jedoch eine halbe Ewigkeit unterwegs. Da meine Mutter keinen Führerschein besaß und mein Vater nach einer komplizierten Augenoperation die Autoschlüssel an den Nagel gehängt hatte, befand ich mich außerhalb ihres Aktionsradius, was mir keineswegs unlieb war. Ich konnte meine Eltern jederzeit sehen, wenn mich nach ein wenig Nestwärme oder einem Stück frisch gebackenem Käsekuchen gelüstete, andersherum brauchte ich jedoch nicht zu befürchten, dass sie einfach unangemeldet vor der Tür standen. Wie praktisch! Die Begeisterung für die praktischen Dinge des Lebens hatte ich offenbar von meiner Mutter geerbt, genau wie meinen ausgeprägten Ordnungssinn.
    Aber es gab Schlimmeres – wie ich bereits kurze Zeit später feststellen sollte.
    Nach dem Telefonat mit meiner Mutter checkte ich noch einmal kurz meine E-Mails. Neben diversem beruflichen Organisationskram, den Ilka und Yvonne mir geschickt hatten, befand sich auch eine Nachricht von meinem neuen »Lover« Kai in meinem Posteingang. Frau am Steuer las ich in der Betreffzeile. Im Anhang befand sich ein Filmchen, das die weiblichen Fahrkünste durch den Kakao zog. Beim Versuch, einen Smart in eine Parklücke zu manövrieren, die groß genug für einen Panzer gewesen wäre, fuhr eine Blondine den halben Tank leer. Was für eine hohle Tussi! Nicht dass ich mich über ihre stümperhafte Einparktechnik mokiert hätte, um Gottes willen, nein, ich gab hinter dem Steuer auch nicht gerade eine gute Figur ab, aber nicht zu bemerken, dass man dabei gefilmt wurde, war nun wirklich sagenhaft dämlich.
    Was mich jedoch am meisten an dieser E-Mail aufregte, war nicht etwa der Inhalt, sondern der Absender. Wenn Kai nichts Besseres zu tun hatte, als sich mit so einem Blödsinn die Zeit zu vertreiben, war das seine Sache. Aber musste er deshalb seine Mitmenschen mit diesem pseudohumoristischen, frauenfeindlichen Stuss belästigen?
    Ärgerlich löschte ich die Mail und begab mich wieder an mein Konzept. Doch dann passierte es: Als es gerade so richtig gut lief und die Ideen wie aus einer gut geschüttelten Cola-Flasche aus mir heraussprudelten, verabschiedete sich mein Computer. Die Datei mit dem Konzept, an dem ich gerade gearbeitet hatte, war plötzlich vom Bildschirm verschwunden. Einfach weg, futschikato. Verschollen im Nirwana. Ich sah rot, oder besser gesagt: blau. Und davon mehr, als mir lieb war.
    Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. »Bitte, bitte, tu mir das nicht an«, beschwor ich meinen PC. Doch nichts tat sich. Der Bildschirm blieb blau.
    Ich war es gewöhnt, dass mein Computer ein Eigenleben hatte, und soweit es die schwarze Kiste unter meinem Schreibtisch betraf, hatte es bestimmt seine Gründe, dass es der Computer hieß. So viele männliche Eigenschaften konnten kein Zufall sein! Manchmal war mein PC bockig wie ein kleines Kind. Von Zeit zu Zeit stürzte er einfach ab. Selten tat er das, was ich von ihm verlangte. Und schuld waren immer nur die anderen. Wenn etwas schieflief, handelte es sich selbstredend um einen Anwendungsfehler …
    Zwar ging ich nicht so weit, meinem Computer einen Namen zu geben – von regelmäßig wiederkehrenden Schimpfwörtern wie »Armleuchter« oder »Blödmannsgehilfe« einmal abgesehen –, aber es gab Tage, an denen redete ich mehr mit dieser schwarzen Kiste als mit meinen Kollegen. Zugegeben, nicht immer besonders freundlich. Möglicherweise bekam ich nun die Quittung dafür. Vielleicht hatte mein Computer aber wie Picasso auch lediglich seine blaue Periode.
    Im Prinzip mochte ich die Farbe Blau. Blauer Himmel, blaues Meer, die blaue Stunde … Aber blaue Bildschirme fand ich zum Kotzen, denn sie verhießen selten etwas Gutes. Die

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