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Aszendent Blödmann

Aszendent Blödmann

Titel: Aszendent Blödmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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Maus unschöne Abdrücke hinterließen. Zum Schurken musste man geboren sein. Oder man musste langsam in diese Rolle hineinwachsen. Ich würde erst einmal klein anfangen. Davon abgesehen: Selbst wenn ich eine Formatierung der Festplatte ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, wäre ich als Technik-Dumbo gar nicht dazu in der Lage gewesen.
    Während ich mich ziel- und planlos durch Kais Dateien scrollte, traf eine neue Mail ein. Eine Nachricht des Werbeartikelherstellers, bei dem Kai zweihundert Kugelschreiber mit dem Logo unseres Hotels geordert hatte. Aufgrund der hohen Nachfrage könne das Produkt nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert werden. Falls ein Ersatzprodukt gewünscht würde oder die Bestellung storniert werden solle, möge Kai sich umgehend melden.
    Leicht unschlüssig las ich mir die E-Mail noch einmal durch. Für den Anfang doch eigentlich nicht schlecht. Der ideale Einstieg … Mein Zeigefinger kreiste zitternd über der Entfernen-Taste. Warum diese Skrupel? Höchste Zeit, dass ich mich gegen Kais üble Machenschaften endlich zur Wehr setzte. Das hätte ich schon viel früher tun sollen! Ich hatte schließlich nicht mit diesem falschen Spiel begonnen. Fast meinte ich schon, die Taste unter meiner Fingerspitze zu spüren, da hörte ich draußen auf dem Gang Geräusche. Schnell huschte ich wieder unverrichteter Dinge an meinen Platz zurück.
    Wahrscheinlich wäre es auch bei diesem halbherzigen Versuch, es Kai heimzuzahlen, geblieben, wenn Kamerad Zufall mir nicht hilfreich unter die Arme gegriffen hätte. Als ich der Druckerei mein Okay für die Aufkleber zufaxen wollte, sah ich, dass ein an Kai adressiertes Anschreiben im Auffangkörbchen des Faxgeräts lag. Schnell überflog ich den Inhalt. Freundlich, aber bestimmt machte man Herrn Hoffmann darauf aufmerksam, dass die halbseitige Anzeige, die wir anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Hotels in einem großen Touristikmagazin gebucht hatten, nicht termingerecht beim Verlag eingetroffen sei. Wenn die Anzeige nicht innerhalb von zwei Tagen geliefert werden würde, bla, bla, bla.
    Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mich niemand beobachtete, ließ ich das Fax mit klopfendem Herzen in den Mülleimer segeln. »Bye-bye, gute Reise.« Ich war gespannt, wie mein lieber Kollege Ilka und Conrad erklären würde, warum das Hotel für eine halbe leere Seite so viel Geld bezahlen musste.
    Wow, ich konnte stolz auf mich sein. Ich hatte es tatsächlich geschafft, über meinen eigenen Schatten zu springen! In der Gewissheit, Kai jede Menge Ärger eingebrockt zu haben, fuhr ich nach Hause. Das geschah diesem Scheißkerl recht! Und eigentlich war die Aktion fast noch zu harmlos im Vergleich zu all den abscheulichen Dingen, die er mir angetan hatte. Nun würde er dafür bluten!
    Dummerweise verpuffte die Euphorie genauso schnell, wie sie gekommen war. Ruhelos tigerte ich in meiner Wohnung umher, zupfte hier ein verwelktes Blütenblatt ab und rückte dort ein Möbelstück gerade, dabei hatte ich ständig dieses vermaledeite Fax im Kopf. Ein ums andere Mal rief ich mir in Erinnerung, dass Kai es nicht anders verdient hatte, doch gegen mein schlechtes Gewissen kam ich nicht an. Ich würde in der Nacht bestimmt kein Auge zutun. Davon mal abgesehen, dass ich meinen Schönheitsschlaf dringend brauchte: Was nützte es, wenn ich meinen Job behielt, ja womöglich sogar befördert wurde, aber dafür nicht mehr in den Spiegel schauen konnte?!
    Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und machte mich, von quälenden Schuldgefühlen getrieben, auf den Weg zum Hotel. Es schien was dran zu sein, dass der Täter meistens an den Tatort zurückkehrte …
    Doch ich kam zu spät. Die Reinigungskräfte hatten ihre Arbeit beendet und packten gerade ihre Klamotten zusammen. Feierabend. Für mich hingegen ging die Arbeit jetzt erst richtig los. In der Hoffnung auf einen heißen Tipp, wo ich mit der Suche beginnen sollte, schnappte ich mir Maria, die für gewöhnlich Kais und mein Büro putzte. In meiner Not erzählte ich ihr die Geschichte von einem Ring, der mir abhanden gekommen wäre und den ich unbedingt wiederfinden müsste. Bevor ich sie nach dem Verbleib des Müllbeutels fragen konnte, riss Maria die Hände über den Kopf: »Ich nix wissen, wo Ring. Ich nix genommen.«
    »Ich weiß. Ich selbst habe den Ring verloren. V-e-r-l-o-r-e-n.« Beschwichtigend legte ich ihr die Hand auf die Schulter, was Maria, die mir gar nicht richtig zugehört hatte, erneut in Panik versetzte.

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