Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
die Stirn. Ich weiß, dass er hofft, ich wolle zum kritischen Denken erzogen werden, aber er kennt die Wahrheit.
»Warum?« Er klingt misstrauisch, und die Geschichte, die ich mir auf dem Weg hierher so sorgfältig zurechtgelegt hatte, erstirbt auf meiner Zunge. Das ist eine dieser Situationen, in denen die Wahrheit gefragt ist. Es ist eine radikale Idee, aber das hier ist eine sehr risikoreiche Situation. Und ich spüre irgendwie, dass er die Art von Mann ist, bei der die Wahrheit tatsächlich funktionieren kann. Ich atme tief ein und schaue ihn an.
»Was würden Sie tun, wenn Sie kurz davorstünden, alles zu verlieren, was Sie je gewollt haben? Ich will nichts Illegales oder Unmoralisches, ich will nur ein glückliches Leben. Ich war schon mal sooo nah dran.« Ich hebe Daumen und Zeigefinger hoch, sie berühren sich fast. »Ich habe die Möglichkeit, dieses Leben zurückzubekommen, aber ich brauche Ihre Hilfe.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie verstehe. Können wir von vorn anfangen? Warum wollen Sie lernen, so zu tun, als seien Sie ein Medium?«, fragt er.
»Weil ich meinen Freund zurückhaben will«, sage ich. »Er ist jetzt mit einer Frau zusammen, die an all diesen Kram glaubt. Ich will ihr wahrsagen, damit sie sich von ihm trennt.« Er sieht mich skeptisch an. Ich hatte die starke Hoffnung, dass er mit seiner akademischen Ausbildung die Brillanz des Plans schneller erkennen würde.
»Sie haben schon verstanden, dass ich zu einer Gruppe gehöre, die versucht, falsche Wahrsager zu entlarven? Sie auszubilden verstieße gegen die Werte unserer Organisation.«
»Ich habe es verstanden. Ich begreife, dass es Sie vor ein ethisches Dilemma stellt.«
»Könnten Sie erläutern, worin das Dilemma besteht? Auf der einen Seite haben wir Ihre Idee, die allem, wofür wir stehen, entgegenläuft, und auf der anderen Seiten haben wir …?«
»Eine Frage von Leben und Tod. Allgemein gesprochen erlauben die meisten ethischen Leitlinien für diese Fälle drastische Maßnahmen.«
»Leben und Tod.« Er reibt sich das Kinn und klopft sich auf den Mund. »Ich muss diesen Teil des Plans überhört haben.«
»Mein Leben. Der Tod meiner Beziehung. Ernste Dinge. Der einzige Mensch, der davon beeinflusst würde, wäre seine neue Freundin. Sehen Sie es mal so: Sie glaubt sowie schon daran, es ist also nicht so, als würde der Plan einen rationalen Denker auf die dunkle Seite ziehen. Und sollte es ihren Glauben an Wahrsager erschüttern, ist es ein Gewinn für Ihre Seite.«
»Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass es einfachere Wege gibt, ihn zurückzugewinnen?«
Ich verschränke meine Arme und ziehe die Augenbrauen hoch. Wenn er denkt, er könnte einen besseren Plan präsentieren, dann mal los.
Er sieht sich einen Augenblick lang im Zimmer um. »Könnten Sie ihn nicht einfach abwerben?«
» Abwerben ?«, frage ich. Er nickt. Das ist alles, worauf man nach einigen Jahrzehnten der Hochschulausbildung kommt? Ich seufze müde auf. »Ich habe geworben. Glauben Sie, ich habe nach allen Regeln der Kunst geworben. Werben nützt nichts.«
Er sieht mich einen langen Augenblick an. »Sie sind nicht der Typ Frau, der schnell aufgibt, oder?« Ich weiß nicht, ob er diesen Charakterzug bewundert oder darin das Zeichen einer gefährdeten seelischen Gesundheit sieht. »Sie erinnern mich an Katharine Hepburn, all diese Hektik, die nach Ärger riecht.«
»Ich nehme das als Kompliment. Also, wollen Sie mein Spencer Tracey sein und mich aus der präkaren Lage, in der ich mich befinde, retten?« Moment. Das klang fast wie ein Flirt. Ich ändere meine Taktik und versuche, seiner wissenschaftlichen Eitelkeit zu schmeicheln. »Das Beste an dem Plan ist, dass Sie sich selbst helfen, indem Sie mir helfen. Sie können das Ganze als Experiment betrachten, die Theorie sozusagen in die Praxis umsetzen. Wenn Sie es so betrachten, weiß ich nicht, wie Sie diese Möglichkeit verstreichen lassen können.«
»Wie nett von Ihnen, an mich zu denken.« Er lächelt, oder ist das ein Grinsen? »Warum glauben Sie, dass ich Ihnen nur helfen würde, um davon zu profitieren? Vielleicht würde ich es aus einem fehlgeleiteten Gefühl der Ritterlichkeit heraus tun?«
»Warum glauben Sie, dass es fehlgeleitet sei?« Er lacht und streckt seinen Arm über den Tisch, um meine Hand zu schütteln.
»Ich vermute, dass ich diese Entscheidung bereuen werde, aber es ist abgemacht.« Mir entwischt ein Quietschen. Vergessen wir den Händedruck. Ich lehne mich über
Weitere Kostenlose Bücher