Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
Präsenz ganz in der Nähe. Er war in diesem Büro, nicht wahr?« Ich drehe mich um, als schnüffle ich in der Luft nach psychischen Energien. Sie nickt zustimmend. »Er arbeitet hier, nicht wahr!?« Ich höre, wie die anderen Angestellten anfangen zu flüstern. »Sie haben Angst, Angst, dass die Beziehung ein böses Ende nimmt. Sie wollen nicht mehr allein sein. Sie wollen jemanden kennenlernen und eine feste Beziehung führen. Ich sage Ihnen, das wird nicht mit diesem Mann geschehen.« Ich nicke weise. Die Empfangsdame weint. Myron sieht sehr verlegen aus. Ich habe plötzlich eine Ahnung, wer der verheiratete Mann im Büro sein könnte. Ich sehe Myron fest an, und er reißt die Augen weit auf. Ich nicke. Ich bin versucht, auf ihn zu zeigen, aber stattdessen belasse ich es bei einem wissenden Lächeln. Er sieht aus, als würde er sich gleich übergeben. Holly macht mal wieder das Fischmaul. Dieses Mädchen ist wirklich leicht zu unterhalten. Nicht schlecht für meine erste öffentliche Sitzung. Der Aufzug klingelt, und ich drehe mich um und trete hinein.
»Warten Sie! Was soll ich tun?«, ruft die Empfangsdame.
Während sich die Türen schließen, rufe ich noch: »Sie sollten ihn fallen lassen, wie er seine Frau fallen lässt!«
Holly muss den anderen Aufzug genommen haben, denn sie fängt mich auf der Straße ab, als ich gerade aus der Tür trete, und überbringt Entschuldigungen von Myron. Anscheinend will mich der Radiosender jetzt mehr als je zuvor. Sie sind sogar bereit, meine Gage zu erhöhen. Ich überlege, ob ich sie wegschicken soll, aber stattdessen lasse ich mich von ihr zurückführen. Ich habe so ein Gefühl, als würde ab jetzt alles gut laufen.
Es wird sich herausstellen, dass ich unrecht hatte.
Siebenundzwanzig
ZWILLINGE
Sie haben ihre Rolle gefunden
und spielen sie perfekt. Heute scheint
Ihnen alles in den Schoß zu fallen.
Als ich vorhergesagt habe, dass alles gut laufen würde, hatte ich unglaublicherweise unrecht. Es lief nicht gut, es lief absolut fantastisch! Ich glaube, es gibt nur wenige Dinge, die noch langweiliger sind als Leute, die immer und immer wieder erzählen, wie klug sie sind, aber ich kann einfach nicht anders. Ich ließ mich von Holly wieder zurück zum Sender bringen. Die Empfangsdame lief, auf ihren Stilettos klappernd, um mich herum, als wäre sie meine persönliche Fee. Sie hat mir Wasser gebracht, und als ich erwähnte, dass Perrier meine Lieblingsmarke ist, lief sie zum Laden an der Ecke und kaufte eine Flasche, übrigens perfekt gekühlt. Holly brachte mich wieder ins Studio und erklärte mir alle Knöpfe und Regler. Die Empfangsdame dachte mit und brachte ein paar neonfarbene Post-it-Zettel, damit ich alles markieren konnte. Sie waren wie hinduistische Gebetsfahnen, die an allen Hebeln wehten, sobald sich in dem winzigen Raum die Luft bewegte. Myron kam persönlich, um sich bei mir zu entschuldigen.
Die Radiosendung selbst war ein Kinderspiel. Holly erzählte von ihren Erfahrungen. Dabei stellt sich heraus, dass sie auf Schritt und Tritt mit merkwürdigen, paranormalen Phänomen konfrontiert ist. Zusätzlich zu meiner Vorhersage, was die Rauchmelder betrifft, hat sie mal ihre Großmutter am Fußende des Bettes sitzen sehen, und eine Stunde später wurde sie angerufen, weil ihre Großmutter tatsächlich zu diesem Zeitpunkt gestorben war. Manchmal weiß sie schon, wer am Telefon ist, wenn’s klingelt. Ein paar Jahre lang hatte sie den Verdacht, dass ein boshafter Geist hinter ihr her sei, wegen einer Serie von Missgeschicken wie abgebrochenen Absätzen und einer Allergie gegen Sonnenmilch. Das Mädchen ist ein Geistermagnet.
Ich hielt für einen Augenblick inne, als sie mich fragte, wann ich mir meiner hellseherischen Fähigkeiten bewusst wurde. Ich war sozusagen geschockt, weil sie aufgehört hatte zu reden und mir tatsächlich eine Frage stellte. Sie hatte so lange über ihre eigenen Erlebnisse schwadroniert, dass ich mich zwischenzeitlich damit amüsiert hatte, mir vorzustellen, dass ich im NASA-Kontrollraum saß, wegen des Kopfhörers und all der Regler. Ich hatte nicht erwartet, dass Holly mich etwas über mich selbst fragen würde. Ich dachte, wir würden uns ganz auf die Hörer konzentrieren. Ich sah Holly durch das Fenster und wusste, dass sie sich Sorgen machte, weil ich wie erstarrt war, und befürchtete, ich könnte es nicht durchziehen. In dem Augenblick entdeckte ich, dass ich die geborene Lügnerin war, oder aber ein Geisterführer, der sich
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