Aszendent Liebe: Roman (German Edition)
Janes Etikettiermaschine gut gebrauchen. Ich drücke einen großen Knopf, und ein schrilles Feedbackkreischen erklingt. Im anderen Raum reißt sich Myron den Kopfhörer von den Ohren. Holly beugt sich vor und schiebt einen kleinen, unauffälligen Hebel nach oben. Jetzt höre ich Myron fluchen.
»Ach, diese Sprechanlage«, sage ich. Sie klopft mir auf die Schulter und geht dann wieder zu Myron.
»Ms. Lulak, sind Sie sicher, dass Sie das schon einmal gemacht haben?«
»Es ist schon eine Weile her.« Ich halte meine Tasche fest, als wäre es eine Rettungsweste. Ich fühle mich, als würde ich untergehen. Es wäre schön, einfach meine Augen schließen und unter den Tisch rutschen zu können.
»Wie heißt Ihr Agent, Ms. Lulak?« Myron hat die Stirn gerunzelt. Super, jetzt hat er sogar Miteid mit mir. Er denkt, dass ich unfähig bin, mir einen kompetenten Agenten zu suchen. Er wird meinen armen, eingebildeten Agenten bei der Berufsgenossenschaft verpfeifen oder irgend so was. Der Arme hat einen familiären Notfall und ist kurz davor, seinen Beruf zu verlieren. Ich hätte Mitleid mit ihm, wäre mein eigenes Leben nicht so durcheinander.
»Ich finde wirklich, ich sollte mit all dem warten, bis ich mit meinem Agenten gesprochen habe.« Oder bis ich die Möglichkeit hatte, etwas mehr über diese Radiosachen zu lernen. Es muss doch Bücher zu diesem Thema geben. Ich stehe auf und gehe zur Tür. Ich habe vergessen, dass ich einen Kopfhörer trage, der immer noch durch das Kabel am Tisch befestigt ist. Es spannt eine Sekunde lang, dann reißt es mich zurück wie ein Bungeeseil. Ich falle auf die Knie und springe wieder auf. Ich höre Myrons dünnes Lachen im Kopfhörer. Ich zerre den Kopfhörer vom Kopf und bemühe mich, nicht so auszusehen, als würde ich weglaufen. Holly rennt hinter mir her und fängt mich in der Lobby ab.
»Sind Sie in Ordnung? Sind es die Nerven? Hören Sie, viele Leute werden nervös, weil sie ins Radio kommen. Es ist keine große Sache. Myron hat leider bloß keine Geduld. Wir schicken ihn zum Kaffeetrinken, und ich bringe Ihnen alles bei.« Sie ist sehr nett. Ich bezweifle, dass sie so nett wäre, wenn sie wüsste, dass ich sie belogen habe. Ich spüre, wie mir Tränen in die Augen steigen. Ganz toll, jetzt habe ich gar keine Würde mehr. Myron steht neben der Empfangsdame und einer anderen Sekretärin. Himmel, warum bieten wir kein Popcorn an, dann könnten sie sich in ihren Sitzen zurücklehnen.
»Es tut mir leid, Ihre Zeit zu verschwenden«, murmele ich.
»Ms. Lulak, das hier ist ein seriöser Radiosender. Ich fand die Idee in dieser Sendung den Hörern eine Hellseherin zu präsentieren, von Anfang an nicht gut, und Ihr Verhalten heute war nicht gerade vertrauenerweckend.« Super. Jetzt, wo er mich ausschimpft, habe ich meine Meinung geändert und finde ihn nicht mal ansatzweise attraktiv. Eher düster und unheimlich. Die Art von Mann, der aussieht, als würde er unschuldige Mädchen an Eisenbahngleise ketten. »Das Ganze ist lächerlich«, schnaubt er.
»Parapsychologische Phänomene sind komplex, und ich muss mich vor Ihnen nicht rechtfertigen.« Ich wische mir die Tränen mit dem Ärmel weg, was zu langen, schwarzen Wimperntuscheflecken führt. Die Billige ist nie wasserfest. Holly sieht panisch von mir zu Myron.
»Ich habe keine Ahnung, was Sie machen wollen. Ich bezweifle, dass Sie überhaupt etwas von Parapsychologie verstehen«, sagt Myron.
»Tue ich doch.«
»Nein, tun Sie nicht.«
»Tue ich wohl.« Unser Gespräch ist auf das Niveau von Fünftklässlern gesunken. Es ist eine Pattsituation. Dann habe ich eine Idee. Ich drehe mich um und sehe die Empfangsdame an. Ich zeige mit dem Finger auf sie. Ich hasse diese Geste, aber man muss zugeben, dass es dramatisch ist: »Sie!«
Die Empfangsdame sieht aus, als wären ihre Stilettos am Boden festgenagelt. Inzwischen hat sich eine kleine Menge in der Lobby versammelt. Alle stehen im Halbkreis um mich und die Aufzüge herum. Es ist ein kleines Amphitheater.
»Sie!« Ich zeige noch einmal auf sie. »Sie sind in jemanden verliebt, das spüre ich.« Sie zeigt mit einer perfekt manikürten Hand auf sich. Myron verdreht die Augen.
»Das sind Ihre hellseherischen Fähigkeiten? Zu raten, dass eine junge Frau verliebt ist – sehr beeindruckend.« Ich ignoriere ihn.
»Sie sind in jemanden verliebt, der schon jemand anderes liebt. Moment, er ist verheiratet.« Die Empfangsdame schnappt nach Luft und wird blass. Wie ist das? »Ich spüre seine
Weitere Kostenlose Bücher