Aszendent zauberhaft
Tugwell.«
»Ja, ich weiß. Man hat mich gebeten …«
»Er hat mich gebucht, dieser Tony Tugwell. Ich bin nur für eine Stunde gebucht. Hab keine Zeit zu vergeuden. Zeit ist Geld.« Jezebel warf Phoebe einen musternden Blick zu. »Von wo bist du?«
»Äh, von hier, na ja, natürlich nicht aus dem Altersheim. Ich meine, an manchen Tagen fühl ich mich zwar ganz schön alt, aber tatterig bin ich noch lange nicht, äh, ich meine, ich bin aus Hazy Hassocks.«
»Welche Agentur?«
»Oh nein, keine Agentur. Ich bin nur hier, um …«
»Verfluchte Freiberuflerinnen.« Jezebel rümpfte die Nase. »Verderben uns Profis das Geschäft. Möchte mal wissen, wieso wir keine Gewerkschaft haben. Und dein Kostüm ist ein Heuler, meine Liebe. Kein Schwein steht mehr auf diesen altmodischen Sound-of-Music -Look. Ist doch im Fernsehen bis zum Abwinken gelaufen. Also, wo ist Tony Tugwell?«
»Oben im Haus, aber man hat mich gebeten …«
Jezebel McFrewin stolzierte davon. Phoebe, reichlich verschnupft über den Verriss ihres Madame-Suleika-Kostüms, raffte ihre Röcke und folgte ihr.
»Ms McFrewin, Jezebel, bitte«, rief sie keuchend. »Um so zu rennen, ist es doch viel zu heiß. Wollen wir uns zum Warten nicht lieber unter die Bäume dort drüben setzen? Ich bin sicher, der kleine Tony, äh, Mr Tugwell wird jeden Moment rauskommen. Er will Sie um zwölf Uhr abholen.«
Jezebel zuckte die Achseln. »Okay. Mir ist verdammt heiß. Hinsetzen und warten soll mir recht sein. Was geht hier eigentlich ab?«
»Sommerfest.«
Phoebe geleitete die kurvige Jezebel in Richtung der Bäume. Die Elektriker – zum Teufel mit ihnen – hatten die Fronten gewechselt und juchzten nun alle lautstark Jezebel hinterher. »Hat das denn keiner erwähnt?«
»Mir sagt ja nie einer was.« Jezebel furchte die Stirn. »Ich nehm bloß meine Termine, geh hin, mach, was gewünscht wird, und verzieh mich wieder.«
»Und, ähm, sind Sie eine Imitatorin?«, fragte Phoebe fröhlich. »Ein Double von Olivia Newton-John?«
»Spinnst du? Ich bin, was auch immer verlangt wird. Heute sollte ich bloß ein bekannter Star sein. Ich kann auch einen auf Marilyn Monroe bis hin zu Lily Allen machen, wenn’s gut bezahlt wird.«
»Aha, also flexibel.«
»Schätze, so kann man es auch nennen. Oh!« Plötzlich richtete Jezebel sich auf. »Sag bloß, das ist Tony Tugwell? Oh, bit-te! Der ist ja heiß! Heiß, heiß, heiß. Verdammt heiß wie Feuer!«
»Wer?« Von einer Menge Gaffer hin- und hergeschubst, riss Phoebe die Augen auf. »Oh Gott nein, das ist …«
Zu spät. Jezebel hatte sich losgeeist und bahnte sich auf ihren hohen Absätzen etwas unsicher den Weg zum Raritätenstand.
Rocky hatte eben versucht, ein zu Boden gleitendes Bündel Fünfzigerjahre-Postkarten von Hastings aufzuhalten, und sah gerade hoch, als Jezebel mit Phoebe im Schlepptau vor ihm stehenblieb.
»Danke, lieber Gott.« Er grinste von einem Ohr zum anderen. »Sämtliche Männerfantasien in einer vereint.«
»Tony Tugwell?«, gurrte Jezebel. »Ich bin Ihr Star für einen Tag. Na ja, für eine Stunde.«
»Leider, so gern ich auch sagen würde: Ja bitte, und vielen Dank«, erwiderte Rocky, »bin ich der falsche Mann.«
»Ach Mist«, stöhnte Jezebel. »Ich hab ja gewusst, so viel Glück gibt’s nicht.«
Phoebe funkelte Rocky an. »Hör auf zu sabbern. Das ist Jezebel McFrewin.«
»Wer? Ach, die Prominente.« Rocky grinste noch immer auf eine für Phoebes Begriffe unnötig lüsterne und flirtbereite
Art und Weise. »Der kleine Tony hat ausnahmsweise mal ins Schwarze getroffen. Weiß ja nicht, was die enorme Joy dazu sagen wird, aber …«
Jezebel sah ihn fragend an. »Schätze, du wärst wohl nicht interessiert …«
»Mich als John Travolta zu verkleiden? Nee, ist nicht mein Stil, aber danke für das Angebot. Wenn es um Bon Scott oder Angus Young ginge, sähe die Sache schon anders aus.«
»Wer?«, fragte Jezebel.
»AC/DC«, warf Phoebe angesäuert ein. »Darauf ist er total fixiert. Halbnackte Kerle in schwarzen Lederhosen. Obwohl ich glaube, dass Angus Young manchmal auch Schuluniformen angezogen hat.«
»Tut mir leid«, sagte Jezebel beleidigt. »Perverse Sachen mach ich nicht.«
Rocky gluckste. Wütend auf sich selbst wegen dieses Anflugs stechender Eifersucht starrte Phoebe ihn zornig an.
»Polly!« Die wenig wohlklingende Stimme der enormen Joy durchschnitt das aus den Lautsprechern dudelnde Lied »I Was Kaiser Bill’s Batman«. »Polly! Es ist kurz nach zwölf! Wo ist unsere
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