Aszendent zauberhaft
eben vorgenommen, heute nicht an Ben zu denken.
»Ich bin sicher, dass Slo noch kommt«, sagte Phoebe weitaus munterer als ihr zumute war. »Er lässt dich bestimmt nicht im Stich.«
»Er hat gesagt, wir sollten Mobiltelefone haben, um in Verbindung zu bleiben«, seufzte Essie. »Ich fand die Idee damals albern, aber jetzt …«
Phoebe sauste unter Geklimper durch das winzige Appartement, um sie in die Arme zu schließen, und hoffte dabei entgegen aller Wahrscheinlichkeit, dass Slo sich nicht als ebenso unzuverlässig erwies wie Ben.
Von lautem Pfeifkonzert der Elektriker begleitet stolzierte Phoebe mit dem Köfferchen in der einen und der Kühltasche in der anderen Hand über den Innenhof von Twilights zu ihrem Standplatz. Sie lächelte. Es tat einer Frau gut, noch immer bewundernde Pfiffe hervorlocken zu können. Anerkennendes Pfeifen, von der EU, der Brigade politischer Korrektheit und feministischen Gruppierungen allerorten sicher verboten, würde in Hazy Hassocks zum Glück niemals aussterben.
MADAME SULEIKA – ECHTE ROMA-WAHRSAGERIN stand in ziemlich wackeligen Großbuchstaben auf dem Plakat vor dem winzigen grünen Zelt. Als ob das Warenkennzeichnungsgesetz hier Anwendung finden müsste, dachte sich Phoebe, als sie den Zelteingang aufschlug.
»Uff! Das ist ja wie im Backofen!« Sie zog die Klappen zurück, so weit es ging. »Mensch, wenn sich die Leute hier drin länger aufhalten, werden sie mir vor Austrocknung umkippen, bevor ich überhaupt dazu komme, ihnen zu erzählen, was ihnen nächste Woche bevorsteht.«
Sie krabbelte am Boden des Zeltes herum und schaffte es, die Seitenwände hochzuraffen, damit zumindest ein bisschen Luft zirkulieren konnte. Ich pfeif auf die Privatsphäre der Klienten, dachte sie, hier geht’s ums Überleben.
Nachdem sie rasch die Kristallkugel aufgestellt, die Tarotkarten gestapelt, die Gestirnstandstabellen für Sonne, Mond sowie die Planeten aufgeschlagen und die Kühlbox unter dem Tisch verstaut hatte, eilte sie wieder nach draußen, wo es fast genauso heiß war wie im Inneren des Zeltes. Dieses Wetter ist aberwitzig, dachte sie. An der Küste mit einer Meeresbrise wäre es ja vielleicht ganz schön, aber in Berkshire, im Landesinneren, ist das überhaupt nicht lustig.
Die ausgedehnte Hitzewelle hatte jedoch die Anwohner ganz und gar nicht davon abgehalten, in wahrer ländlicher Manier scharenweise aufzukreuzen, um in vollen Zügen zu genießen, was auch immer der Augustfeiertag zu bieten hatte. Während Phoebe sich das Gesicht fächelte und um Regen betete, wurde es auf dem Gelände von Twilights rasch immer voller. In der Ferne funkelte die späte Vormittagssonne auf den Dächern der vielfarbigen Autoreihen auf dem Parkplatz, und Menschenmassen begannen bereits durch das Tor zu strömen. Es sah aus, als würde das Sommerfest ein sagenhafter Erfolg werden.
Mensch, dachte Phoebe, noch immer mit Blick auf den Eingang, wo eine Schar Schlange stehender Dörfler sich eben teilte wie das Rote Meer, um eine Erscheinung in Schwarz durchzulassen, YaYa ist heute aber früh dran.
Sie blinzelte. Nein, das war nicht YaYa. Nicht groß genug.
Vielleicht eine ihrer Kolleginnen von den Dancing Queens ? Foxy, Honey Bunch, Campari oder Cinnamon?
Wer auch immer es war, dachte Phoebe, sie wusste eindeutig, wie man einen Auftritt hinlegt.
In haargenau der gleichen Aufmachung wie Olivia Newton-John in der geilen Schlussszene von Grease, in hautengen schwarzen Hosen und Bustier, mit wallendem platinblondem Haar und Mörderabsätzen, tänzelte die Neuangekommene über den Rasen.
Sämtliche Männer hielten den Atem an und glotzten. Sämtliche Frauen taten neiderfüllt dasselbe.
Ping! Phoebe hätte beinahe laut losgelacht, als der Groschen fiel. Das musste Jezebel McFrewin sein. Die Eröffnungsrednerin. Ihr Schützling. Na, na, vielleicht hatten die Tugwells ja doch eine echte Prominente gefunden.
Mit gerafften Röcken bahnte sich Phoebe den Weg durch die Menge. »Ms McFrewin?«
»Was is?« Die Stimme entsprach leider gar nicht dem Hollywood-Image. Der Akzent war reines Berkshire. »Hä? Ah, ja.«
Von Nahem besehen war Jezebel McFrewin älter, als sie zunächst gewirkt hatte, aber eigentlich recht hübsch, dachte Phoebe. Natürlich viel zu viel Make-up, die Frisur total veraltet, und für eine Eröffnungsrede wirklich nicht passend gekleidet, aber im Großen und Ganzen sah sie ziemlich, na ja, promimäßig aus.
»Hallo, ich bin Phoebe Bowler und ich …«
»Ich suche nach Tony
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