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@ E.R.O.S.

@ E.R.O.S.

Titel: @ E.R.O.S. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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die Gegend gefahren und hat
Nachrichten an Lenz getippt, während ein anderer dessen Frau kaltgemacht hat. Dann loggte er sich aus, fuhr zurück, holte
den Mörder ab und hatte die Stadt schon verlassen, als er die letzte Mitteilung schickte.«
    So gern ich auch Einwände
erhoben hätte, das Szenario war logisch. Miles reibt sich die Augen, geht zu meinem Minikühlschrank und holt sich ein
Mountain Dew. »Ist dir klar, was gerade passiert ist? Ein Serienmörder hat gerade die Frau eines FBI-Agenten
umgebracht.«
    »Lenz ist Psychiater, kein Agent.«
    »Glaubst du etwa, das spielt eine Rolle. Er ist einer der
Stars der Investigative Support Unit. Und Brahma hat bereits ein Mitglied des SEKS umgebracht. Uns steht eine der größten
Menschenjagden in der Geschichte der USA bevor.«
    Ich verspüre den plötzlichen Drang, die
Klimaanlage auf zwanzig Grad einzustellen, ins Bett zu steigen und zwanzig Stunden lang zu schlafen.
    Miles macht die
Flasche Mountain Dew leer, als stünde er kurz vor dem Verdursten. »Wenn ich mich jetzt stelle, lasse ich mich auf einen
Schauprozeß ein, wie es ihn seit Sacco und Vanzetti nicht mehr gegeben hat.«
    Während ich meine Argumente zurechtlege,
stellt er die leere Dose ab, greift nach der Fernbedienung des Fernsehers, zielt damit über meine Schulter und schaltet mein
Bürogerät ein.
    »Was machst du da?«
    »Ich seh’ mal nach, was im Fernsehen läuft.«
    »Was?«
    »Mir bleibt kaum noch Zeit, Harper.« Er schaut an mir vorbei und surft mit übermenschlicher Geschwindigkeit durch die
Kanäle. »Ich suche mir einen Film, der mich in den Hackermodus versetzt, lege mich dann hin und mache das blöde Trojanische
Pferd fertig. Das mit der E-mail wird nicht funktionieren. Der Zeitrahmen ist jetzt zu eng geworden.«
    »Ich meine es
ernst, Miles. Ich bin mit Brahma fertig.«
    »Ich habe gehört, was du gesagt hast.«
    Plötzlich vertreibt ein
breites und friedliches Lächeln die Falten aus seinem Gesicht. Seine Augen starren in beinahe frommer Andacht.
    »Was
ist los?« frage ich und schaue über seine Schulter.
    » Die Narbenhand. Alan Ladd und Veronica Lake. Ladds erster
großer Erfolg, und er hat einen Mörder gespielt. Der Film hat gerade erst angefangen. Das dürfte die vierte Szene sein.«
    »Film noir? Ich dachte, du stehst auf die Scheiße aus den siebziger Jahren?«
    »Ich bin eklektisch. Das ist
perfekt. Wir leben in dieser Sekunde einen Film noir. Nein, ein digitales Noir.«
    Er imitiert Humphrey Bogarts Lächeln
mit den vorstehenden Zähnen, und einen Augenblick lang bezweifle ich tatsächlich,daß er noch bei Verstand
ist. Aber dann schaltet er die Halogenlampe aus, setzt sich auf das Bett, lehnt die Schultern gegen das Kopfende und setzt
den Laptop auf seine Schenkel. Das schwarzweiße Licht des Fernsehgeräts flackert über sein Gesicht wie die Schatten von
Wolken über eine Felswand. Was auch immer man von Miles Turner halten mag, er ist ein Mensch, der das tut, wozu er geboren
wurde. Nicht viele von uns können das von sich behaupten.
    »Ich schlafe im Wohnzimmer auf der Couch«, sage ich zu
ihm.
    Er nickt knapp, oder vielleicht auch überhaupt nicht. In Miles’ Universum bin ich bereits zu einer belanglosen
Größe geschrumpft.

28
    H
arper! Wach auf!«
    »Was?«
    »Wach
auf!«
    Meine Lider sind wie zugeklebt.
    Ich reibe sie mit den Handrücken frei. Das erste Bild, das ich
erkenne, ist das von Miles’ Gesicht, das ein paar Zentimeter über dem meinen in der Dunkelheit schwebt. Jetzt erinnere ich
mich wieder. Ich liege auf der Couch im Wohnzimmer. Miles schüttelt mich erneut.
    »Wach auf !«
    Ein
Klumpen Adrenalin zerfällt und breitet sich in meinem System aus, und ich richte mich in eine sitzende Position auf. »Steht
die Polizei vor der Tür?«
    »Nein. Komm ins Büro.«
    »Ich hatte einen Alptraum ... Großer Gott. Was ist los?«
    Miles ist nicht mehr da. Ich stehe auf und taumele zum Büro, bemerke schwache blaue Linien um die Ränder der
Jalousien. Ich muß die gesamte Nacht geschlafen haben. Dergedämpfte Zyklon von Drewes Fön dröhnt am Ende
des Ganges, als ich ihn entlang und durch die Bürotür trotte.
    Miles sitzt vor dem EROS-Computer. »Du hast eine
Email«, sagt er.
    »Von wem?«
    »Sieh selbst.«
    Ich reibe noch einmal meine Augen und spähe zum
Bildschirm.
     
    AN: ERIN
    ABSENDER: NICHT BEKANNT.
    Ich muß mit dir sprechen. Du weißt, wer ich bin.
    Ich sehe jede volle und halbe Stunde im Blauen Raum nach.
     
    »Sie kam vor ungefähr zwei Stunden«,

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