das.
MAXWELL>
Etwas anderes war mir unter diesen Umständen nicht möglich.
ERIN>
Na gut. Nur lüg mich nicht mehr an, ja?
Im nachfolgenden Schweigen wird mir klar, daß ich mich in eine Position bugsiert habe, in der ich handeln muß, aber nur wenige Möglichkeiten habe. Ganz egal, was mein Bauch mir sagt, ich habe keine Garantie dafür, daß die Geschichte von Richard und Kali und alles andere nicht doch die Wahnvorstellung eines Verrückten ist. Ich scheine Brahma um »Erins« Finger wickeln zu können, aber was hilft mir das? Er hat bereits bewiesen, daß er eine Zurückverfolgung über das Telefon vermeiden kann. Wie kann ich unsere seltsame Beziehungnutzen, um ihn aufzuhalten? Soll ich es mit Lenz’ Schachzug versuchen? Ein Treffen arrangieren und das FBI informieren, damit das SEK versuchen kann, ihn in die Falle zu locken? Das klingt durchführbar, bis ich die Debakel in Dallas und McLean in die Gleichung einbeziehe.
Ob es mir gefällt oder nicht, ich kann nur eine Trumpfkarte ausspielen, und die hat Miles Turner ausgeteilt.
Das Trojanische Pferd.
Die 3,5-Zoll-Diskette, die es enthält, liegt direkt rechts neben der Tastatur. In diesem schwarzen Plastik, mühsam in eine Graphikdatei eingewoben, die zu dem atemberaubenden Foto von der den Krug haltenden Erin dekomprimiert werden kann, befinden sich ein paar Kodezeilen, die Miles entworfen hat, um Brahma so sicher aufzuhalten, als würde man ihm einen Pflock durchs Herz schlagen. Ich weiß nicht genau, wie man das bewerkstelligen kann, aber das muß ich auch nicht wissen. In digitaler Hinsicht vertraue ich Miles absolut.
Das Risiko, Brahma dieses Foto von Erin zu schicken, mag theoretisch zwar fast gleich null sein, verursacht jedoch einen heftigen stechenden Druck in der Magengegend. Aber ich habe kaum eine andere Möglichkeit. Und es geht schon seit einer geraumen Weile um Leben und Tod.
ERIN>
Bist du noch da, Max? Mein Gott, ich habe gar nicht auf die Zeit geachtet. Heute hat mein Mann seinen freien Nachmittag. Er könnte jeden Augenblick nach Hause kommen. Ich hatte ein Geschenk für dich, etwas, von dem ich dachte, es würde dir gefallen. Aber das muß jetzt wohl warten.
MAXWELL>
Von was für einem Geschenk sprichst du?
ERIN>
Von einem Foto von mir. Für dich. Ich habe dir doch gesagt, daß ich hier auf der Suche nach jemandem bin. Und ich wollte vorbereitet sein, falls ich ihn finde. Und du scheinst zu glauben, ich hätte ihn gefunden. Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Der wahrhaft herausragende Aspekt meines Daseins ist meine Schönheit. Das weiß ich. Einberühmter Schriftsteller hat mir einmal eine Frage gestellt. Er hat mir gesagt, ich solle sie nicht für bare Münze nehmen, vielmehr sei sie aus ehrlicher Neugier entstanden. Die Frage lautete: Wie fühlt man sich, wenn man einen so wunderschönen Körper bewohnt? Und ich habe versucht, ihm verständlich zu machen, daß ich meinen Körper nicht _bewohne_. Ich BIN mein Körper. Und ich will dir das zum Geschenk machen. Für den Anfang. Vielleicht bin ich nicht so hellhäutig wie deine Mutter, aber auf jeden Fall hellhäutiger als deine Inderin. _Viel_ hellhäutiger. Vielleicht bin ich zu eitel, aber im Augenblick scheint dies das einzige zu sein, was ich dir geben kann, und entspricht einigermaßen dem, was du mir gegeben hast.
MAXWELL>
Wie kannst du mir dieses Foto geben?
ERIN>
Ich habe es auf einer Diskette. In einer Spezialdatei. Einer JPEG-Datei.
MAXWELL>
Du weißt, wie man eine JPEG-Datei kodiert und sendet?
ERIN>
Mittlerweile ja. Eine Freundin hat es mir gezeigt. Sie hat das Foto von mir mit einem Handscanner gescannt. Die Bildqualität ist nicht so toll, aber das Foto selbst gefällt mir. Wenn du es sehen möchtest, müssen wir es aber sofort machen, sonst können wir es frühestens morgen versuchen.
MAXWELL>
Ich möchte es sehr gern sehen. Ich gebe dir meine E-mail-Adresse.
ERIN>
Kann ich es nicht einfach an Maxwell schicken?
MAXWELL>
Nein. Schicke es an
[email protected] – hast du das?
ERIN>
Ich drucke den Bildschirm aus. Wo ist das? Das ist keine
EROS
-Adresse.
MAXWELL>
Es ist in Finnland. Aber ich werde das Bild bekommen.
ERIN>
Na ja, wenn du es nicht bekommst, mußt du davon ausgehen, daß mein Mann nach Hause gekommen ist. Versuche nicht, Kontakt mit mir aufzunehmen. Keine E-mailoder so. Ich werde es bei nächster Gelegenheit erneut versuchen.
MAXWELL>
Vielleicht heute abend?
ERIN>
Das bezweifle ich. Ich muß erst mal verkraften, was du mir gesagt hast.