@ E.R.O.S.
die Sache verwickelt bleiben. Aber dieser Typ hat den Onkel Doktor dort gepackt, wo’s besonders weh tat, was?«
»Lenz ist clever, Detective. Er hat nur den Blick für die Gefahr verloren. In Chicago habe ich eine Menge Leute wie ihn gekannt. Sie haben in Termingeschäften gemacht. Heute waren Sie noch kugelsicher, morgen pfändete jemand ihr Haus und ließ ihr Bankkonto sperren.«
Nach ein paar Herzschlägen sagt Mayeux in vertrauensvollem Tonfall: »Ich spiele auch ein wenig an der Börse. Keine riskanten Sachen. Habe es nie mit Waren versucht, hätte aber nichts dagegen. Haben Sie für einen ehrlichen Cop ein paar Tips?«
»Sie klingen wie Columbo. Der Cajun-Columbo.«
Er zieht ein saures Gesicht.
»Kaufen Sie Investmentfonds und erstklassige Wertpapiere, und lassen Sie sie liegen. Bei allem anderen würden Sie verlieren.«
»Warum?«
»Weil Sie mit dem Markt nicht mithalten können. Sie haben weder das Geld noch die Zeit dafür.«
Er nickt weise, wird aber aufgrund des Tips irgendeines halbgescheiten Schwagers ein paar tausend Dollar riskieren, bevor ein halbes Jahr vorbei ist.
»Was ist mit Turner?« fragt er. »Der Junge hat Probleme mit seinen Alibis.«
»Ich weiß. Aber er ist nicht der Mörder.« Ich halte inne. »Zuerst war ich mir nicht sicher, aber jetzt weiß ich es.«
Er sieht mich wieder aus dem Augenwinkel an. »Na schön. Aber hören Sie, ist er schwul oder was? Nicht, daß es mich stört oder so, aber dann wüßte ich wenigstens Bescheid.«
Ich frage mich, woher Mayeux seine Informationen hat. »Ich habe keine Ahnung, ob er schwul ist oder nicht. Und es ist mir auch egal. Ich glaube, er will eine verheiratete Person schützen, indem er sich darüber ausschweigt, wo er in denMordnächten gewesen ist. Und ob es sich dabei um eine Frau oder einen Mann handelt, weiß nur der liebe Gott.«
Zum Glück läßt Mayeux das Thema fallen. Ich beobachte den dunklen Himmel und frage mich, ob Drewe schon auf dem Nachhauseweg ist. Sie ist mit der Entbindung mittlerweile wahrscheinlich fertig, aber bei Babys kann man das nie so genau sagen.
Als der erste Donner den Wagen erzittern läßt, fahre ich auf meinem Sitz hoch. Das ist keine leere Drohung, die hohl über die Felder dröhnt und sich dann in nichts auflöst. Er rumpelt in meinen Trommelfellen, schüttelt die tote Luft ganz tief in meinen Lungen und hämmert wie eine große Trommel in einer Turnhalle gegen den Wagen. Mayeux spürt es ebenfalls. Er kommt aus New Orleans, wo der Regen ein ständiger Begleiter ist, doch selbst er kauert sich auf dem Sitz zusammen, als der gewaltige Knall den Wagen durchschüttelt. Ansonsten bleibt er still und fährt mit entschlossenem Blick zügig weiter. Vielleicht ist ein Teil meiner Besorgnis auf ihn übergegangen. Von einer Sekunde zur anderen kommt Wind auf und drückt gegen den Wagen. Er jault an den Nähten der Windschutzscheibe, zischt an den Fenstern. Dann hat der Regen uns erreicht. Große, runde Tropfen prasseln auf das Glas wie Schrotkugeln aus einer abgesägten Flinte; dann hüllt uns ein Wasserschwall ein wie Flankenfeuer von Musketen.
»Scheiße!« flucht Mayeux und bremst den Cadillac auf siebzig Stundenkilometer ab.
»Versuchen Sie, die Geschwindigkeit zu halten«, dränge ich ihn.
»He, ich fahre so schnell, wie ich kann.«
Ich trommle nervös mit den Fingern auf das Armaturenbrett.
»Dieses Delta ist ’ne verdammt flache Gegend«, knurrt er, beugt sich vor und blinzelt in den Regen. »Gerade wollte ich noch sagen, es ist wie der Atachfalaya-Sumpf ohne Wasser, aber das ist jetzt wohl dazugekommen. Ja, einer von Gottes kleinen Scherzen.«
Der Caddy kriecht durch den Wolkenbruch, und Mayeux bemüht sich, den Blick auf der verblichenen weißen Linie zu halten, die den rechten Straßenrand markiert. »Was für ein Bankett haben wir hier?« fragt er.
»Flache Erde. Etwa vier Meter fünfzig breit. Aber wenn Sie auf ein Baumwollfeld geraten, kommen wir erst wieder raus, wenn uns jemand mit einer Winde rauszieht.«
»Toll. Wie weit ist es noch?«
»Etwa sechs Kilometer.«
»He, sehen Sie das?«
Etwas in Mayeux’ Stimme läßt mich auf dem Sitz hochfahren. »Was?«
»Ein Blaulicht. Ziemlich weit links von uns.«
»Wo?«
»Dort!« sagt er und zeigt in die Richtung. »Dieser blaue Streifen da hinten. Mississippi Highway Patrol. Der Typ muß einen auf der Pfanne haben, wenn er bei diesem Wetter Radarkontrollen macht.«
Ich kneife die Augen zusammen und suche in dem grauen Regenwall nach
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