@ E.R.O.S.
Haufen heraus.
»Die Hülle fällt ab«, sagte er.
Dann hob er den linken Arm über den Kopf, als hielte er etwas in seiner zusammengeballten Faust, winkelte den rechten Arm an der Seite an und stand völlig still da. Jeder Muskel seines Körpers zeichnete sich als Basrelief unter seiner Alabasterhaut ab.
Ich versuchte noch immer, das Ausmaß von Berkmanns Wahnsinn zu verdauen, als er in eine flüssige Bewegung ausbrach und von einem Rand des Videobilds zum anderen wirbelte. Es hätte ein ritueller Tanz oder das geistlose Fuchteln eines Irren sein können. Seine Stimme, die zuvor so volltönend gewesen war, wurde zu einem atonalen Plärren, zu geheulten Silben, die mein Verstand keiner mir bekannten Sprache zuordnen konnte. Ich hatte den Eindruck, in eine Pfingstkirche irgendwo am Arsch der Welt geraten zu sein, in der sich Männer und Frauen mit Giftschlangen auf dem Boden wälzten und unverständliches Zeug plapperten. Aber der Mann auf meinem Bildschirm war kein Hinterwäldler.
Ich fuhr im Sessel zusammen, als er sich duckte und sich mit Erins Leiche in den Armen wieder erhob. Übergangslos drehte er ihre Leiche in der grotesken Parodie eines Walzers durch den Raum. Erins Kopf hing schlaff auf ihre Brust, wie der eines Vogels, dem man das Genick gebrochen hatte. Berkmann hielt sie in einer perfekten Tanzposition, während er sie durch den Raum schob, und mir kam in den Sinn, daß er eine dämonische Kraft haben mußte, um eine Leiche so halten zu können. Jedesmal, wenn er sich in Richtung Kamera drehte, achtete er darauf, in die Linse zu sehen, seinen Blick in meine Augen zu bohren, während ich die Stichwunde in Erins Rücken anstarrte. Schließlich – wenn auch eher aus Langeweile denn aus Erschöpfung – tanzte er mit Erins Leiche zur Ecke und legte sie sanft neben mein Bett, wo Drewe sie später finden würde.
Ich glaubte schon, ich müsse ins Bad zurück, um mich zu übergeben, doch Berkmann hielt mich auf, indem er zur Kamera tänzelte und sie auf mein Bett richtete. Er blieb im Kamerabereich, ging zum Bett, griff hinüber und nahm eine meiner Gitarren von der Wand. Es war eine Martin, ein Vorkriegsmodell, das ich mir von einem meiner ersten großen Gewinne an der Börse gekauft hatte. Berkmann schaute wieder in die Kamera. » Sie sind der Sänger, nicht wahr?« sagte er.
Dann drückte er das Instrument gegen seinen Bauch, als wolle er damit kopulieren. Es dauerte einen Augenblick, bis mir klar wurde, was er tat. Er hatte seinen unbeschnittenen Penis zwischen die Saiten geschoben – in das Schalloch – und begann laut zu urinieren, allderweil er mich mit Verzückung auf dem Gesicht betrachtete.
»Was für ein schönes Geräusch«, sagte er. Dann lachte er meckernd.
Als er fertig war, schüttelte er ab und hängte die Gitarre an ihre angestammte Stelle zurück. Ich wandte den Blick gerade lange genug vom Bildschirm ab, um mich zu überzeugen, daß die Martin noch dort hing.
»Oh«, sagte er, als hätte er vergessen, in einem Restaurant ein Trinkgeld auf den Tisch zu legen. Er ging zu seiner abgelegten Kleidung und nahm etwas aus einer Tasche. Es sah aus wie eine lange, schmale Filmdose aus Metall. Er richtete sich auf und wog sie in der Hand wie ein Mann, der eine Zigarre abschätzen wollte. »Die habe ich entnommen, bevor mir klar war, daß Erin nicht die war, für die ich sie hielt. Ich sah, daß sie nicht menstruierte, und setzte auf die Möglichkeit, daß sie ovulierte. Jetzt hat es natürlich keinen Zweck mehr, sie zu behalten.«
Er ging zurück zum Bett und öffnete ein Ende des Kanisters. Eine bleiche Dunstwolke strömte heraus. Dann beugte er sich über das Bett, schob das offene Ende des Behälters in das Schalloch der Gitarre, in das er uriniert hatte, und schüttelte den Inhalt hinein.
So schnell, wie die manische Phase ihn überkommen hatte, endete sie auch wieder und ließ nur die dämonische Intensität und die kalten blauen Augen zurück. Er trat sehr nah an die Linse, so daß sein verschwommenes Gesicht das Bild ausfüllte. »Verwahren Sie dieses Band, Harper«, sagte er. »Wir sind jetzt auf ewig vereint, wir, deren Geliebte sich gegenseitig getötet haben. Aber Sie können es niemandem zeigen, nicht wahr? Nicht, wenn Sie nicht gestehen wollen, daß Holly Ihr Kind ist.« Sein Atem ließ die Linse beschlagen. »Wollen Sie das?«
Dann zog er sich wieder zurück, und als sein grausames Lächeln verblich, sagte er mit der Feierlichkeit eines Propheten: »Vergessen Sie nicht,
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