@ E.R.O.S.
davor ein Farbiger. Wie soll ich damit Schritt halten? Für mich ist er ein Nigger. Sogar seine Freunde nennen ihn Nigger. Was spielt das schon für eine Rolle? Holly hat das in fünf Minuten sowieso schon wieder vergessen.«
Um fair zu sein, Bob Anderson würde solche Ausdrücke in gemischter Gesellschaft – einer gemischtrassigen Gesellschaft – oder vor Weißen, die er nicht kennt und in deren Gesellschaft er sich nicht wohl fühlt, nie benutzen. Außer natürlich, jemand hätte ihn wütend gemacht. Für Bob Anderson bedeutet »politisch korrekt«, daß man vor der Flagge salutiert, sich den Arsch abrackert, seine Steuern bezahlt, in der Schule betet und mit Gott geht, wenn Uncle Sam einen ruft, ohne Fragen zu stellen. Ich könnte über seine Ansichten spotten, tue es aber nicht. Jahre, bevor ich geboren wurde, haben Männer wie Bob Anderson für dieses Land gekämpft und sind dafür gestorben. Burschen wie Bob Anderson haben Nordhausen und Buchenwald befreit. Bob selbst hat in Korea gekämpft. Also halte ich meine dreiunddreißigjährige Klappe.
Im Gegensatz zu Erin. »Gottverdammt, Daddy, ich meine es ernst!« faucht sie, und ihre gebräunten Wangen beben.
Bobs Gesicht läuft rosa an. Er erhebt sich halb von seinem Liegestuhl. »Hast du das gehört, Margaret? Deine Tochter hat gerade den Namen Gottes unnütz im Munde geführt und fällt über mich her, weil ich das Kind beim rechten Namen nenne! Ich glaube, jeder zivilisierte Mensch würde mir beipflichten, daß Blasphemie viel schlimmer ist, als dann und wann mal Nigger zu sagen!«
Margaret Anderson schnarcht unter ihrem Strohhut.
»Nein, das ist es nicht, Daddy«, sagt Drewe leise vom Tisch aus. »Aber du wirst nie verstehen, warum.«
Mich fasziniert der andauernde Rollentausch, dem Erin und Drewe sich unterziehen, seit sie Kinder waren. Als Teenager war es Drewe, die ihren Vater fast täglich so weit trieb, daß er ihr Stubenarrest erteilte oder sie mit dem Gürtel verdrosch.Sie stellte ständig auf die Probe, wie weit sie gehen konnte, und bewies damit nur, daß sie so starrköpfig wie ihr Vater war. Erin war ein ausgeglichenes Wesen, das, ohne anzuecken, durchs Leben glitt. Doch nun, da Erin Mutter ist, nimmt sie es jederzeit ohne Furcht und ohne Rücksicht auf Konsequenzen mit Bob auf.
Als Kind war Drewe ein richtiger Wildfang, neugierig, stark und zäh. Nach der Pubertät – sie war damals im neunten Schuljahr – entwickelte sie sich hin zu weiblicheren Formen; gleichzeitig hob ihre Intelligenz sie an die Spitze ihrer Klasse. Um die unausweichlichen spöttischen Bemerkungen zu umgehen, sie sei bloß »zu gut« für die anderen, entwickelte Drewe eine einzigartige Strategie. Sie wurde das wildeste Mädchen der Klasse. Oder erweckte zumindest diesen Anschein. Und einer ihrer überzeugendsten Züge in diesem Spiel des gesellschaftlichen Überlebens war es, mit dem wildesten Jungen in ihrer Klasse zu gehen – mit mir. So kam es, daß ich allein ihr Geheimnis erfuhr. Während die anderen Mädchen ständig über die verrückten Dinge staunten, die Drewe anstellte, wußte ich zum Beispiel, daß es ihr bei den Gelegenheiten, bei denen wir es schafften, fast die gesamte Nacht zusammen im Bett zu verbringen, stets gelang, unser leidenschaftliches Fummeln zu beenden, kurz bevor es »zum Äußersten« kam. Ihre Freundinnen ließ sie allerdings zufrieden in anderem Glauben. Und im Wirbelsturm unserer Beziehung schien niemand darauf zu achten, daß sie in allen Fächern fast nur Einsen schrieb.
Erins Verhalten war genauso trügerisch, aber sie schlug den umgekehrten Weg ein. Ein Jahr jünger als Drewe, überzeugte sie alle Eltern und Lehrer im Umkreis von fünfzig Kilometern davon, daß sie der reinste Engel war, während sie in Wirklichkeit mit jedem Jungen schlief, der Gefallen an ihr fand, von Quarterbacks mit kantigen Gesichtszügen bis hin zu potrauchenden Cowboyrebellen. Ihre Zensuren waren bestenfalls Durchschnitt, aber andererseits waren sie auch ohne Belang.
Erins Geheimnis war ihr Aussehen.
Ich schaue an Patrick und Bob vorbei; Erin hat sich endlich wieder dem schimmernden Pool zugewandt. Ich betrachte nun, was einmal als der schönste Arsch im Staat Mississippi beschrieben wurde, und es gelingt ihm noch immer, den einteiligen Badeanzug, der ihn bedeckt, enthüllender als ein Tangahöschen wirken zu lassen. Selbst jetzt bin ich noch davon überzeugt, daß diese zweiunddreißigjährige Mutter problemlos jede Erstsemestlerin ausstechen
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