@ E.R.O.S.
nicht noch in Fahrt, Schatz«, sagt meine Schwiegermutter müde. Margaret Anderson hat unter einem breitkrempigen Strohhut Zuflucht vor der Sonne gesucht.
Bob ignoriert Margaret. »Ich spreche von meiner neuen Praxis, Baby«, sagt er zu Drewe.
Bob Anderson ist Tierarzt und eine Institution in diesem Teil des Deltas. Seine Praxis blüht und gedeiht, aber das Geld für die Villa mit den griechischen Säulen hinter dem Patio, auf dem wir sitzen, hat er nicht mit der Behandlung kranker Tiere verdient. In den vergangenen zwanzig Jahren hat Bobmit untrüglichem Instinkt in jedes Projekt investiert, daß im Delta Erträge gebracht hat, besonders in die Zucht von Welsen. Geld aus aller Welt strömt im Tausch für den Zucht-Wels nach Mississippi – so viel Geld, daß der lange geschmähte Wels nun eine ähnliche Bedeutung wie die Baumwolle hat. Ein nicht unbedeutender Teil dieses Geldes fließt in Bob Andersons Taschen. Er ist ein kleingewachsener Mann, wirkt aber groß, selbst für die, die ihn schon seit Jahren kennen. Obgleich er eine Glatze bekommt, sind seine Unterarme dick und behaart. Er geht mit einer selbstsicheren, leicht nach vorn gebeugten Haltung, und streckt das Kinn mit militärischem Anflug vor. Er hat eine natürliche Begabung für alle handwerklichen Dinge, Tischler-, Schweiß- und Klempnerarbeiten, Motoren und für ein halbes Dutzend Sportarten. Man kann ihn sich problemlos vorstellen, wie er einen starken Arm bis zur Schulter in die Gebärmutter einer Stute vergraben hat, ein breites Lächeln auf dem Gesicht. Bob Anderson ist ein Rassist; er ist auch ein guter Vater, ein treuer Ehemann und ein todsicherer Gewehrschütze.
»Ich hab’ mir Angebote für das Gebäude machen lassen«, sagt er und blickt über seine nackte Schulter zu Drewe zurück. »Bei so einem erstklassigen Auftrag haben natürlich auch alle Jungs aus der Stadt mitgemischt. Und ihre Angebote haben sich kaum was getan. Dann krieg’ ich eins von diesem Nigger aus Jackson, diesem Boyte. Sein Angebot war um achttausend Dollar niedriger als das niedrigste der Jungs aus der Stadt.«
»Hast du ihm den Auftrag gegeben?« fragt Patrick.
Erin Graham – Patricks Frau – dreht sich zu uns um. Sie sitzt am Pool, hatte uns bislang den gebräunten Rücken zugewandt. Ihre langen Beine baumeln ins Wasser, und sie hat einen wachsamen Blick auf ihre Tochter. Erins dunkle Augen funkeln ihren Vater wütend an, doch Bob tut so, als würde er es nicht sehen.
»Noch nicht«, sagt er. »Denn die Jungs aus der Stadt haben irgendwie Wind von dem Niggerangebot bekommen ...«
»Irgendwie?« wiederholt Drewe und verleiht damit ihrem Argwohn Ausdruck, daß ihr Vater seinen Kumpels von dem niedrigeren Angebot erzählt haben wird.
»Auf jeden Fall«, prescht Bob weiter, »stellt sich raus, daß dieser Nigger ein so niedriges Angebot machen kann, weil er irgendwie billiges Geld von der Regierung bekommt. So einen Leistungsanreiz – im Klartext Almosen –, der den weißen Bauunternehmern natürlich nicht zur Verfügung steht. Und jetzt frage ich euch, ist das fair? Ich bin ganz dafür, daß der Nigger genau wie Jack und Nub auch ein Angebot machen kann, aber daß die Regierung unsere Steuergelder dafür einsetzt, daß er schwer arbeitende Leute einfach so unterbieten kann ...«
»Bist du sicher, daß der schwarze Bauunternehmer Regierungsbeihilfen bekommt?« fragt Drewe.
»Verdammt, ja. Ich bin sicher. Nub hat es mir selbst erzählt.«
»Und was wirst du also tun?« fragt Patrick, als würde es ihn wirklich interessieren, doch ich weiß, daß es ihn nicht die Bohne kümmert.
»Was bleibt mir schon übrig?« sagt Bob unglückselig. »Ich muß dem Nigger den Auftrag geben, oder?«
» DADDY, DAS REICHT JETZT !«
Patrick und ich schauen auf, erschrocken von der schrillen Stimme. Erin ist neben dem Pool aufgestanden und zeigt mit einem langen Finger auf ihren Vater. »Du kannst in deinem Haus jederzeit tun und lassen, was du willst – außer wenn meine Tochter da ist. Holly wird nicht von den Vorurteilen dieses Staates belastet aufwachsen.« Bob sieht Patrick und mich an und verdreht die Augen, was wir Schwiegersöhne aus langer Erfahrung mühelos übersetzen können als: Was kann man schon von einem Mädchen erwarten, das mit achtzehn Jahren nach New York City davongelaufen ist und unter Yankees gelebt hat?
»Beruhige dich, Schatz«, sagt Bob. »Für dich ist er ein Amerikaner afrikanischer Abstammung. Vor fünf Jahren warer ein Schwarzer, davor ein Neger,
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