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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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küsste ihn auf die Wange und schob ihn mit einem sanften Schubs zur Sicherheitskontrolle. »Na los.«
    Er warf einen letzten Blick auf ihr Kleid. »Bist du sicher?«
    »Natürlich. Guten Flug. Ruf mich an, wenn du da bist.«

20
    Dominic Mooneys Eintrag im Who’s who war seit seiner Rückkehr aus dem Kosovo nicht mehr aktualisiert worden. Er lautete:
    Geboren: Hongkong, 20. September 1955, Eltern Paul und Jean Mooney. Verheiratet mit Paulette Frampton 1990, ein S.
    Ausbildung: Kings, Canterbury; Edinburgh Univ., BA Hons; RMA Sandhurst
    Berufl. Laufbahn: Militärdienst 1976 – 1988, Großbritannien, Belize und Nordirland (1979 – 1980). Staatsdienst 1986 – heute: 1986 – 1999 Militär. Beschaffungsamt, 1999 – 2001 Zivilsekretariat Kosovo; 2001 – 2004 TPIU Priština
    Adresse: 3 Rightstock Gardens, Finchley, London N3
    Zoë wusste, dass »ein S.« im ersten Abschnitt bedeutete, dass Mooney einen Sohn hatte – der jetzt wahrscheinlich im Teenageralter war, also zu alt, um noch mit seinen Eltern in Urlaub zu fahren. Sie brauchte nicht lange, um ihn im Internet zu finden. Gleich nach der Frühbesprechung fing sie damit an und suchte nach »Mooney+Kosovo«. Innerhalb von zehn Minuten hatte sie ihn gefunden: Jason Mooney. Er hatte praktisch seine gesamte Lebensgeschichte ins Netz gestellt, einschließlich der Zeit, die sein Dad im Kosovo verbracht hatte. (Die Frauen und die abgetriebenen Halbbrüder und -schwestern kamen darin nicht vor.) Er war ein nett aussehender Junge, sonnengebräunt, wie es glückliche Studenten auf ihren Facebook-Fotos anscheinend immer waren. Er liebte Schwimmen und einen Club in der Soho Street namens Punk, und Pixie Lott war für ihn ungefähr die heißeste Frau auf dem ganzen Planeten. Er hatte ein Tattoo in Hindi am linken Knöchel, trug immer noch das Freundschaftsarmband, das sein bester Kumpel ihm mit zwölf gegeben hatte, und war Erstsemester an der City University, wo er Luftfahrttechnik studierte. Sein Traum war es, in einem privat finanzierten Team mitzuarbeiten, das eine Sonde ins Weltall schickte. Aber seine Geliebte Nummer eins, das Allerallerhöchste, das Ding, das ihn die Welt komplett vergessen ließ, war seine Maschine: eine ’71er FX Harley-Davidson Super Glide. Es gab ein Bild mit ihr: Er stand auf einer sonnenhellen Landstraße und sah so glücklich aus, als wollte sein Herz zerspringen. Das Foto war weichgezeichnet wie das Bild eines Hochzeitspaars. Als Zoë es sah, tat sich ein heller, klarer Weg vor ihr auf. So hell und klar wie eine beleuchtete Landebahn.
    Watling hatte behauptet, es gebe auf der Welt kein zynischeres Geschöpf als sie. Aber da hatte sie sich geirrt. Was Zynismus anging, steckte Zoë sie dreimal in die Tasche. Sie wusste, dass der höfliche Händedruck, mit dem Watling und Zhang sich verabschiedet hatten, das Letzte gewesen war, was sie von diesen »Polizisten« bekommen würde. Auf Lob und Unterstützung würde sie vergeblich hoffen. Zoë wollte ihnen nicht in die Parade fahren, aber sie würde sich nehmen, was sie brauchte.
    Bringt mir den Kopf von David Goldrab, dachte sie, als sie Helm, Sturmhaube, Kreditkarten und Schlüssel zusammenraffte. Sie sprang die Treppe hinunter, und heute stand kein Zhang wie eine gereizte Riesenspinne auf dem Parkplatz. Sie stieg auf die Shovelhead, zog den Choke und drückte auf den Anlasser. Am Mittag wäre sie in London.
    Es war ein sonniger Tag – fabelhaftes Motorradwetter. Die M4 war frei; nur vor Swindon geriet sie in einen Stau, durch den sie sich hindurchschlängelte. Sie zog jede Menge Blicke von Männern in ihren Autos auf sich. Die Sonne blitzte auf ihrer Oakley-Schmutzbrille wie in einem Roadmovie aus den siebziger Jahren, und das Gitarrenriff aus dem Intro einer Steppenwolf-Nummer dröhnte in einer Endlosschleife in ihrem Kopf. Die Mooneys wohnten in Finchley am Nordrand von London, nicht weit von der North Circular Road, wo die dicht gedrängten Reihenhausstraßen der Stadt allmählich durch Rasenflächen, Einfahrten und Garagen, Unmengen von Eibenhecken und Zypressen ersetzt wurden. Die Straße fand sie mühelos; es war eine von denen, bei der man sofort wusste, dass man im Land des Geldes angekommen war. Hohe Mauern, elektronisch überwachte Tore und Sicherheitssysteme. Es war schließlich nicht allzu weit von Bishop’s Avenue entfernt, wo die Bazillionäre wohnten.
    Die Hausnummern an diesem Ende waren hoch; die Mooneys würden also am anderen wohnen. Sie wendete die Shovelhead und fuhr zurück

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