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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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schoben sie die Shovelhead in die Einfahrt, und das schmiedeeiserne Tor glitt hinter ihnen zu. Irgendwo an der Seite des Hauses hörte man ein Wasserspiel. »Tolle Hütte«, sagte Zoë, als Jason das Garagentor öffnete. »Da geht’s jemandem ziemlich gut.«
    »Meine Eltern. Sie sind verreist. Hier sind bloß ich und die Schildkröten. Haben Sie schon mal versucht, sich mit ’ner Schildkröte zu unterhalten? Glauben Sie mir, die haben keine Ahnung von ’ner Harley.«
    »Ich kenne nicht viele Leute, die Ahnung von ’ner Harley haben. Jedenfalls nicht so wie du.«
    Das gefiel ihm. Er lächelte breit und streckte die Hand aus. »Ich bin Jason.«
    »Evie.« Sie schüttelte die Hand. »Schön, einen Harley-Freak zu treffen. Du bist ein totaler Nerd.«
    Grinsend zeigte er mit dem Finger auf sich. »Merken Sie sich dieses Gesicht. Ein technisches Genie. Eines Tages werde ich eine Sonde auf dem Mars landen lassen. Warten Sie’s nur ab.«
    In der Garage standen ein roter Allradwagen und die Harley. Er verbrachte eine ganze Weile damit, sie ihr zu zeigen, und sie musste mit den Fingern über eine Schweißnaht streichen, die er selbst gemacht hatte, damit sie sah, wie »unheimlich glatt« sie war. Dann ging er zu seiner Werkbank am hinteren Ende der Garage, ließ den Blick über das Werkzeug an der Wand wandern und murmelte vor sich hin, bis er gefunden hatte, was er suchte. »Ich glaube, magnetisch ist gut dafür«, sagte er und nahm einen Kerzenschlüssel herunter. Neben dem Motorrad kniete er sich auf den kühlen Garagenboden. Während er schraubte, zog Zoë sich die Jacke aus, spazierte demonstrativ an der Werkbank entlang und tat, als inspiziere sie das Werkzeug an der Wand. Sie wandte ihm den Rücken zu, zog die Rohrzange unter dem T-Shirt hervor, ging in die Hocke und legte sie auf den Boden. Vielleicht würde sie noch einmal zurückkommen müssen. Dann lehnte sie sich mit verschränkten Armen an die Werkbank und legte den Kopf in den Nacken. Von hier ging der Blick durch die Tür, die ins Haus führte. Sie stand ein Stück weit offen, und dahinter bot sich ein Blick auf einen Ausschnitt aus Dominic Mooneys Leben: ein hellblauer Teppich, ein blankpolierter Dielentisch aus Mahagoni, künstliche Calla in einer Vase. Seinen Hip-Hop hatte Jason anscheinend abgeschaltet, denn im Haus war es still; man hörte nur das Ticken einer Großvateruhr irgendwo.
    »Das dauert nicht lange. Der Isolator ist gebrochen.«
    »Ja? Gut, dass du hier warst, was?« Sie deutete mit dem Kopf ins Haus. »Ich könnte wohl nicht mal eben … hm?« Sie hob die Hände, um zu zeigen, wie schmutzig sie waren. »Ich hab den ganzen Tag im Sattel gesessen, und ich würde mir gern die Hände waschen.«
    »Erste Tür links.« Er blickte nicht auf. »Nehmen Sie das Handtuch in dem Metallring, nicht die zusammengefalteten, die mit der Spitze und dem ganzen Scheiß. Die sind für Gäste. Mum kastriert mich, wenn die benutzt werden.«
    Zoë schlenderte ins Haus. Die Reißverschlüsse an ihrer Jacke klirrten. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht. Sie sah hübsche Toilettenartikel – gutes Zeug wie Champney’s Händeseife und einen italienischen Moisturizer in einer Steinflasche mit goldener Schrift. Sie nahm das Handtuch aus dem Ring, spazierte durch die Diele und trocknete sich die Hände ab. Sie hörte die metallischen Geräusche aus der Garage, wo Jason arbeitete. Er war völlig vertieft in das, was er tat, und so schob sie schnell den Kopf durch alle Türen in der Diele. Das Wohnzimmer war riesengroß; auf dem Boden lag ein gemusterter Teppich, und es war möbliert wie eine Hotelhalle, mit großen, verschnörkelten Polstersofas. Die eingebauten Mahagoniregale waren vollgestopft mit Büchern und Fotoalben. Glastüren führten hinaus in den großen, ummauerten Garten, der im Sonnenschein lag. An einer lehnte ein Tennisschläger, daneben eine Dose Bälle. Komisch, dachte sie, als sie es sah. Sie hatte eigentlich nie weiter darüber nachgedacht, wie viele Leute wohl Tennisbälle zu Hause herumliegen hatten.
    Sie ging bis zur Küchentür und warf einen schnellen Blick hindurch. Eine Landhausküche mit holzverkleideten Geräten. Getrocknete Hopfenranken waren über die Fenster drapiert, und in einem rustikalen Terracottatopf standen diverse Utensilien. Ein baumwollenes Küchentuch. Es sah nicht aus wie im Haus eines Menschen, der Leute umbrachte oder jemanden dafür bezahlte, dass er es tat. Und trotzdem hatte das alles etwas, irgendetwas an sich, das

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