Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
Vom Netzwerk:
und sah sie verwundert an.
    »Hi.« Sie klopfte auf den Lenker. »Hat sie dir gefallen? Nicht gefallen?«
    Sein Blick ging von ihr zur Pforte. »Alles okay?«
    »Hä?« Sie schaute nach hinten. »Ja. Ich hab nur nach einem Schlauch gesucht. Wollte sie einmal abspritzen.«
    »Abspritzen? Sieht aber nicht aus, als ob sie das nötig hätte.«
    »Ich finde schon.«
    »Da vorn ist ein Schlauch.« Er zeigte auf den Wasserhahn an der Vorderseite des Hauses. Der Schlauch war säuberlich auf eine grün-gelbe Trommel gewickelt. »Haben Sie den nicht gesehen?«
    »Nein.«
    Jason kratzte sich am Kopf und kräuselte die Lippen. Dann schwang er das Bein über das Motorrad und schlang den Helmriemen um sein Handgelenk – wie sie es bei Bikern gesehen hatte, wenn sie vorhatten, ihren Helm als Waffe zu benutzen.
    »Jason?«
    »Wer sind Sie?«
    »Wer ich bin ? Das hab ich doch gesagt. Ich bin Evie.«
    »Na, Evie, es wird Ihnen leidtun, wenn Sie etwas aus dem Haus mitgenommen haben. Ich habe nämlich Ihr Nummernschild. Und Sie haben keine Ahnung, wie hartnäckig mein Vater sein kann, wenn es um so was geht.«
    »Das glaube ich gern.«
    »Sie wollen sich ganz sicher nicht mit meinem Vater anlegen.«
    »Ich will mich mit niemandem anlegen.« Sie hob die Hände. »Ich verschwinde.«
    Sie ging an ihm vorbei, und halb rechnete sie damit, das Pfeifen zu hören, mit dem sein Helm auf ihren Kopf herabsauste, so schnell hatte er sich verändert. Respekt, Jason. Du bist nicht der Hampelmann, für den ich dich gehalten habe. Sie hob ihren eigenen Helm auf, der in der Zufahrt lag, und Jason überschattete sie mit verschränkten Armen. Er sah zu, wie sie den Reißverschluss an ihrer Jacke hochzog und das Bein über die Shovelhead schwang.
    »Ich hab das Handtuch auf die Werkbank gelegt.« Sie startete den Motor und gab Gas, hob die Hand und sah ihn lächelnd an. »Vielleicht hängst du es wieder auf, damit Mummy glücklich ist, ja? Wir sehen uns, Jason. War nett, dich kennenzulernen.«

21
    In der Damentoilette des Flughafens von Bristol stand Sally mit dem Rücken zum Spiegel und breitete ihren Rock aus, um das Lippenstiftgeschmiere zu betrachten. Was sie erkennen konnte, sah aus wie Buchstaben – als habe sie sich irgendwo angelehnt. An eine Schrift oder ein Graffiti. Aber wo? Das meiste war verwischt und nicht zu entziffern, aber sie war sicher, dass sie einzelne Buchstaben erkannte. »Du«. Und vielleicht ein »S«.
    Sie ging in eine der Kabinen, zog das Kleid aus und versuchte, es mit feuchten Tüchern sauberzumachen, von denen sie eine Packung in der Handtasche hatte. Aber der Lippenstift ließ sich nicht abwischen; sie rieb ihn nur immer weiter ins Gewebe. Ihr blieb nichts anderes übrig, als das Kleid wieder anzuziehen und sich ihren Pullover um die Hüften zu binden, sodass er herabhing und den Lippenstift verdeckte. Sie ging zurück zum Parkplatz, und trotz der Sonne hatte sie Gänsehaut an den Unterarmen. Sie warf die Handtasche auf den Rücksitz des Ka und wollte eben einsteigen, als ihr etwas einfiel. Steve war gefahren, und sie hatte auf dem Beifahrersitz gesessen. Sie schlug die Tür wieder zu, ging um den Wagen herum zur anderen Seite und öffnete die Beifahrertür. Sie hockte sich vor den Sitz und befühlte vorsichtig das Polster. Ihre Finger färbten sich rot. Sie betrachtete sie lange. Dann zog sie hastig die Tücher aus der Handtasche und breitete sie so aus, dass sie den Sitz bedeckten. Mit den flachen Händen drückte sie sie leicht fest und zählte im Kopf bis hundert. Sie hörte andere Leute, deren Koffer hinter ihr über den Parkplatz rollten, und sie hörte das Stocken ihrer Schritte, wenn sie sich nach ihr umdrehten und sie anschauten, wie sie vor der offenen Wagentür kauerte.
    Sie drehte die Tücher um und inspizierte sie. Wenn der Lippenstift auf ihr Kleid abgefärbt hatte, musste er schon da gewesen sein, als sie eingestiegen war. Der Wagen hatte über Nacht bei Steve gestanden, in seiner Einfahrt. Sie versuchte, sich zu erinnern, ob sie ihn abgeschlossen hatte. Vor ihrem Cottage tat sie es nie; also hatte sie es in der letzten Nacht vielleicht auch nicht getan. Vielleicht waren Jugendliche drin gewesen.
    Sie breitete die Tücher wieder aus und schob sie hin und her, bis sie zusammenpassten. Die Buchstaben waren verwischt, ein paar fehlten, und die, die sie erkennen konnte, waren spiegelverkehrt. Sie fand ein »D«, ein »N« und ein »A«. Sie las » ÜCK « und dann ganz deutlich » MIES «. Noch ein »A« und ein

Weitere Kostenlose Bücher