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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Nachmittagen noch Zeitfenster, die sie schon lange hatte schließen wollen.
    »Na los, Sally. Sagen Sie der Agentur, Sie stehen an zwei Nachmittagen in der Woche nicht zur Verfügung, und kommen Sie zu mir.« Er legte den Kopf in den Nacken und schüttete sich den Rest der Nüsse aus der Tüte in den Mund. Er kaute knirschend, schluckte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Sie brauchen gar nicht so zu gucken. Es ist kein Trick, und ich will Sie nicht anbaggern.«
    »Und was ist mit den beiden? Danuta und Marysien´ka?«
    »Die schmeiße ich raus. Ich sag der Agentur, ich brauche keine Putzfrauen. Ich verkehre sowieso nicht mit gewöhnlichen kleinen Schlampen wie denen, die ihre Titten überall rumbaumeln lassen.«
    »Aber – sie sind darauf angewiesen.«
    David zuckte die Achseln. Er stieß sich mit den Füßen ab und ließ den Stuhl kreiselnd zurückrollen. Als er zum Stehen gekommen war, grinste er sie an. »Wissen Sie was, Sally? Sie sind eine gute Christin, und nachdem Sie es jetzt so formuliert haben, sehe ich, dass ich auf dem falschen Wege war. Diese dummen Polacken sind auf das Geld angewiesen; also werde ich tun, was richtig ist.« Er stand auf und ging zur Tür. »Ich rufe die Agentur an und rede über meinen Vertrag. Ich werde mich über Ihre Arbeit beschweren und sagen, die sollen Sie abziehen. Die polnischen Flittchen können bleiben.« Er zwinkerte. »Ich sag Ihnen was: Vielleicht werde ich den beiden sogar den doppelten Lohn zahlen. Da dürften sie strahlen.«

6
    »Ich habe mich gescheut, am Tatort schon irgendwelche Aussagen zu machen.« Der Rechtsmediziner stand neben Ben und Zoë am Seziertisch und schaute hinunter auf Lorne Woods Überreste. Der kleine Obduktionssaal der Klinik war geschlossen; draußen vor der Tür saß ein uniformierter Polizist, und nur ein Assistent und der Fotograf waren anwesend. »Nach meiner Erfahrung mit Fällen wie diesem? Da begrenzt man die Ausbreitung der Informationen. Man begrenzt die Zahl der Leute, die Einzelheiten kennen.«
    Der Fotograf ging um die Leiche herum und fotografierte sie aus allen Blickwinkeln, und dabei kam er dicht an die Plane heran, die immer noch bis über Lornes Brust hinaufgezogen war – so, wie man sie gefunden hatte. Zoë sah mit gespitzten Lippen zu. Sie war schon öfter hier in diesem Raum gewesen, mit demselben Arzt, aber es hatte sich immer um unkomplizierte Mordfälle gehandelt. Schrecklich und tragisch allesamt, aber schlicht und einfach: Die Opfer waren meistens bei Kneipenschlägereien ums Leben gekommen. Einmal war jemand erschossen worden – die Frau eines Bauern. Aber natürlich würde dieser Fall hier mit all den anderen nicht vergleichbar sein.
    Als der Fotograf die nötigen Aufnahmen gemacht hatte, stellte sich der Arzt neben Lornes Kopf und leuchtete ihr mit einer kleinen Taschenlampe in die Nasenlöcher. Dann zog er beide Lider hoch und leuchtete ihr in die Augen.
    »Was für Blut ist das?«, fragte Zoë. »Das da aus ihrem Mund kommt.«
    Der Mediziner runzelte die Stirn. Er schälte ein winziges Stück des Klebstreifens zurück und trat beiseite, damit Zoë es sich anschauen konnte. Die Haut an Lornes Mundwinkeln spannte sich um den Tennisball. Und die Mundwinkel waren tatsächlich gerissen, auf beiden Seiten ungefähr einen blutigen Zentimeter weit. Wie der Chef der Spurensicherung es gesagt hatte.
    Zoë nickte knapp. »Danke«, sagte sie steif. Sie richtete sich auf und trat einen Schritt zurück.
    »Ich glaube, der Ball hat ihr auch den Kiefer ausgerenkt.« Der Arzt schob die Hände unter Lornes Ohren und betastete die Gelenke, den Blick zur Decke gerichtet. »Yep.« Er richtete sich auf. »Ausgerenkt.« Er schaute den Fotografen an, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. »Wollen Sie ein paar Aufnahmen machen, während ich den Klebstreifen zurückhalte?«
    Es war still im Raum, als der Fotograf seine Arbeit machte. Zoë vermied es, Ben anzusehen, und sie vermutete, dass auch er keine Lust hatte, ihr in die Augen zu schauen. Auf der Fahrt hierher hatten sie beide kein Wort gesprochen, aber sie war sicher, dass ihm die gleichen Fragen im Kopf herumgegangen waren wie ihr. Zum Beispiel: Was verbarg sich unter der Plane? Der Arzt ließ sich quälend lange Zeit mit dem Fotografen, bevor er Proben von Lornes Haar und Fingernägeln nahm. Erst nach einer halben Ewigkeit wandte er sich der Plane zu.
    »Okay?« Er sah Zoë und Ben an. »Sind Sie bereit?«
    Sie nickten.
    Langsam zog er die Plane zurück und

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