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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Woods dort angebracht haben. Die Familie, die ein Loch im Herzen hatte.
    »Das wird einem Kriminaltechniker eine Unmenge Ärger einbringen.« Zoë holte das Tuch aus der Tasche. »Gern tu ich das nicht.«
    »Einem Kriminaltechniker?«
    »Die Spurensicherer, die diesen Tatort abzusuchen hatten. Wenn das hier klappt, werde ich eine Menge Karma zurückgeben müssen.« Zoë nagte an der Unterlippe und ließ den Blick über die Lichtung wandern. Dann deutete sie mit dem Kopf zurück zum Leinpfad. »Du bleibst da. Behalte den Kanal im Auge. Wenn sich jemand nähert, ruf nicht, sondern komm einfach zu mir. Dann gehen wir da vorn raus, zwischen den Bäumen hindurch. Okay?«
    »Okay.«
    Sally blieb stehen, schob die Hände in die Taschen und schaute auf dem Pfad hin und her. In den Pfützen spiegelten sich die Lichter der Boote. Hinter ihr bahnte Zoë sich einen Weg durch das Unterholz. Sie hatte einem Kollegen aus ihrem Team anvertraut, was sie vorhatten. Sein Name war Ben. Er wusste nichts über das, was mit David Goldrab passiert war – das würde für alle Zeit das Geheimnis der beiden Schwestern bleiben –, aber er wusste, was Kelvin mit Zoë und mit Lorne gemacht hatte. Sally war ein bisschen wohler bei dem Gedanken, dass noch jemand mithalf. Nicht, dass Zoë das nicht auch ganz allein geschafft hätte. Sie drehte sich um und sah sie auf der Lichtung; sie stand auf Zehenspitzen und hängte das Tuch über einen Ast. Auf jeden Fall hätte sie es auch allein geschafft. Ein paar Augenblicke später kam sie zu Sally zurückgestapft und wischte sich unterwegs die Hände ab.
    »Jemand vorbeigekommen?«
    »Nein.«
    »Ich glaube nicht, dass es noch mal regnet.« Zoë schaute zum Himmel, und sie machten sich auf den Rückweg zum Wagen. Es war noch leicht bewölkt. Der Mond schickte ein kühles, diffuses Licht herunter, das alle Konturen monströs hervortreten ließ. »Ich glaub’s wirklich nicht.« Sie holte ihr Telefon aus der Tasche und drückte auf eine Taste. »Aber ich muss Ben Bescheid sagen, damit sichergestellt ist, dass jemand es so schnell wie möglich findet.«
    Sally ging weiter und beobachtete ihre Schwester aus den Augenwinkeln. Sie spürte, dass Ben für Zoë mehr war als ein vertrauter Freund.
    Die Verbindung war hergestellt, und sie hörte eine Männerstimme – Ben, nahm sie an –, die aufgeregt klang. Sie verstand die Worte »Ich wollte dich eben anrufen«, aber dann kam etwas Unverständliches, und Zoë blieb wie angewurzelt stehen. Auch Sally machte halt und drehte sich zu ihrer Schwester um.
    »Bist du sicher?«, fragte Zoë leise. Ihr Gesichtsausdruck war vollständig verändert. »Hundertprozentig?«
    »Was ist?«, zischte Sally. »Was ist los?«
    Zoë wedelte nur mit der Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Sie wandte sich ab und ging ein paar Schritte zurück, und dabei schob sie sich einen Finger ins Ohr, um besser hören zu können, was Ben sagte. Sie lauschte eine Zeitlang und stellte dann mit leiser Stimme ein paar kurze Fragen. Als sie das Gespräch beendet hatte, kam sie im Laufschritt zu Sally zurück und winkte sie zum Wagen.
    »Zoë?« Sally trabte neben ihr her. »Was ist?«
    »Ben ist in Gloucester Docks.«
    »Und?«
    »Kelvin hat einen Kumpel da, einen Freund vom Militär, dem ein Kahn gehört, der dort liegt.«
    »Ein Kahn?«
    »Wir haben von Anfang an nach einem Hausboot gesucht. Wir dachten, dass an dem Abend eins hier war. Es muss dasselbe sein. Es ist verschlossen. Ben wartet auf die Unterstützungseinheit der Gloucester Police, damit sie es aufbricht, aber …«
    »Aber?«
    »Er glaubt, da ist jemand drin. Ich glaube, wir haben ihn gefunden. Ich glaube, wir haben Kelvin gefunden.«

42
    Sally fuhr in hohem Tempo mit Zoë auf dem Beifahrersitz den Lansdown Hill hinauf. Sie trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad, und ab und zu warf sie einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett und versuchte auszurechnen, wie lange es dauern würde, nach Gloucester zu kommen. Viel Verkehr war inzwischen nicht mehr. Sie würde weniger als zehn Minuten brauchen, um Millie bei den Sweetmans abzuholen und Zoë bei ihrem Wagen abzusetzen. Mit etwas Glück und Rückenwind würde Zoë dann innerhalb von einer Stunde in den Docks sein können.
    Zoës Gedanken überschlugen sich. War das Wohnboot in der Nacht des Mordes an Lorne einfach davongetuckert? Sie durchstöberte ihr Gedächtnis und versuchte zu entscheiden, ob der Kennet and Avon Canal Verbindung nach Gloucester hatte. Sie wusste es nicht – aber

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