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Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill

Titel: Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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hindurchschimmerten. Zu hören war inmitten dieser einsamen Felder nichts außer dem unbestimmten Summen der Autos auf der fernen Straße. Aber in ihren Ohren klang das seltsam schlagende Geräusch im Hintergrund des Telefonats immer noch nach. Was zum Teufel war das gewesen?
    Rasch durchstöberte sie den Inhalt des Kofferraums. Ein paar Heimwerkerwerkzeuge: ein Kugelhammer, eine Schere mit langen Griffen, ein Meißel. Ein kleines Beil.
    »Hier.« Sie nahm den Hammer für sich und brachte Sally das Beil, die es dumpf in Empfang nahm und es anstarrte, als habe sie keine Ahnung, woher es kam und wie es den Weg zu ihr gefunden hatte.
    »Jetzt ruf mich mit deinem Telefon an. Auf meiner Dienstnummer.«
    Sally gehorchte zitternd. Zoë fischte ihr Diensthandy aus der Tasche, und als es klingelte, drückte sie auf die grüne Taste. »Leg nicht auf, lass die Verbindung stehen. So werden wir miteinander kommunizieren.« Sie schob das Telefon in die Tasche ihrer Fleeceweste. »Jetzt hör mir zu. Konzentrier dich. Ist es absolut ausgeschlossen, dass Isabelle wieder da ist? Oder ihr Mann?«
    »Ja. Er ist in Dubai, und sie – ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht erinnern, aber sie ist meilenweit weg.«
    »Wo ist der Hauptwohnbereich?«
    »Hinten. Die Küche.«
    »Was ist im ersten Stock?«
    »Ich w-weiß es n-nicht. Vier Schlafzimmer, glaube ich. Das vordere auf der linken Seite ist Nials, und das da rechts gehört Sophie. Dazwischen ist ein Bad.« Mit hölzerner Miene schaute sie das Beil in ihrer Hand und das Telefon an, das immer noch mit Zoës verbunden war. »Was passiert jetzt, Zoë? Was machen wir?«
    »Ich gehe jetzt ins Haus. Die Telefonverbindung lassen wir bestehen. Was immer du tust, sprich nicht mit mir. Egal, was passiert. Aber hör genau zu. Wenn es sich anhört, als wäre ich in Schwierigkeiten, wird sofort alles abgeblasen. Dann rufst du sofort die Polizei. Das ist die einzige Möglichkeit. Um den Rest kümmern wir uns dann später.«
    »O mein Gott.« Sally schüttelte den Kopf und klapperte laut mit den Zähnen. »O mein Gott o mein Gott o mein Gott.«

44
    Im Laufe ihrer zwei Jahre in Uniform und auch noch gelegentlich beim CID hatte Zoë hunderte von Hausdurchsuchungen gemacht, ohne zu wissen, was sie erwartete. Sie wusste nicht mehr, wie viele Treppen sie mit der CS -Gas-Sprühdose in der erhobenen Hand hinuntergeschlichen war, wie viele Kofferraumdeckel sie hatte aufschnappen lassen, ohne zu wissen, was ihr da vielleicht entgegenspringen würde. Immer war sie ruhig und gefasst gewesen und hatte nicht mit der Wimper gezuckt – nicht einmal, als ein Crack-Junkie sie in einem Parkhaus in St. Jude’s angesprungen hatte, der mit einer Spritze vor ihrem Gesicht herumfuchtelte, mit kreischender Stimme von Gott und dem Teufel und Polizeifotzen redete und fragte: Wie riecht deine Muschi, Bitch? Nicht einmal das hatte sie aus der Fassung gebracht. Doch heute Abend hatte sie das Gefühl, sie trete vor Gottes Angesicht. Oder vor das des Teufels. Und es war, als laste der ganze Himmel auf ihr und drücke ihr die Luft aus der Lunge.
    Das Erste, was sie bemerkte, als sie sich dem Haus näherte, war, dass die Haustür offen stand. Nur einen Spaltbreit – ein winziger Streifen des Teppichs in der Diele war zu sehen. Mit dem Rücken zur Hauswand sank sie in die Hocke. Irgendwie hatte sie sich vorgestellt, das Haus werde verschlossen und verriegelt sein und nicht einladend offen. Immer wieder dachte sie an dieses furchtbare Geräusch – als klatsche jemand ein Stück Fleisch an hartes Glas.
    Vorsichtig reckte sie den Hals und spähte um die Ecke durch die Tür. Jetzt sah sie einen Schirmständer und einen Tisch. Sie streckte eine Hand aus und drückte die Tür auf. Die Diele war leer. Drinnen rührte sich nichts. Das einzige Geräusch war das elektronische Summen eines Kühlschranks, das aus der letzten Tür links kam. Dort war die Küche, hatte Sally gesagt.
    Sie holte das Telefon hervor und flüsterte hinein. »Antworte mir nicht, Sally. Ich bin an der Haustür. Von drinnen höre ich nichts. Ich gehe jetzt rein und bin dann im Erdgeschoss. Du fängst jetzt an, langsam zu zählen. Ich melde mich wieder, bevor du bei dreihundert bist. Wenn nicht, rufst du die Polizei.«
    Sie steckte das Telefon wieder ein, stand auf und stellte sich in die Tür. Sie straffte entschlossen ihre Schultern. So drang man nicht in ein fremdes Gebäude ein, aber seit Polizeischule und Uniform schien ein Menschenleben

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