Atem - Hayder, M: Atem - Hanging Hill
alle …«
Sie legte einen Finger an die Lippen. Offenbar hatte sich jemand gemeldet. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und klappte ihn wieder zu. Sie schloss die Augen und presste die Finger an die Stirn. »Äh, Millie«, sagte sie nach einer Weile, »hier ist Mum. Ich bin bei Nial. Du musst mich augenblicklich anrufen, wenn du diese Nachricht bekommst. Augenblicklich.« Sie trennte die Verbindung und schob den Daumennagel zwischen ihre beiden Schneidezähne. »Mein Akku ist dauernd leer. Ich wollte immer einen neuen kaufen.«
Zoë starrte Sally an. »Sally? Hast du gerade gesagt, sie haben Kelvin geärgert ? Und Lorne war auch mit dabei?«
»Ja. Warum?«
Zoë wandte sich ab und schaute wieder zu dem Land Rover hinauf. Was wäre, dachte sie, wenn Lorne den Mann gar nicht in den Clubs kennengelernt hatte, sondern durch Millies Clique in den Tagen, als sie zu seinem Cottage zogen, um ihn zu hänseln? Sie konnte sich vorstellen, dass jemand wie Peter Cyrus so etwas tat – und sie konnte sich Kelvins Wut vorstellen. All like her . Bezogen diese Worte sich vielleicht auf alle Mädchen in dieser Clique? Alle wie sie? Die Botschaft in Sallys Wagen hatte auf dem Beifahrersitz gestanden – wo Millie gesessen hätte. Also war sie vielleicht an Millie gerichtet gewesen und gar nicht an Sally.
»Scheiße«, zischte sie. »Ruf Nial an.«
»Was?«, fragte Sally wie betäubt. »Sorry?«
» Tu’s einfach . Jetzt gleich.«
Mit zittrigen Fingern blätterte Sally im Telefonverzeichnis ihres Handys, bis sie die Nummer gefunden hatte. Sie wählte.
»Schalte den Lautsprecher ein.«
Sally gehorchte, und dann saßen die beiden Schwestern Kopf an Kopf da und beobachteten das blinkende Display. Es klingelte vier Mal, dann nahm jemand ab.
Sie hörten ein gedämpftes Geräusch am anderen Ende. Dann atmete jemand, und sie hörten ein Wort, das mit schwerer Zunge gesprochen wurde, sodass sie es nicht verstehen konnten. Es war eine Männerstimme.
»Nial?«, flüsterte Sally entsetzt. »Nial?«
Wieder hörten sie jemanden atmen und ein Geräusch, das klang, als stoße etwas Weiches gegen ein Glas. Dann wurde die Verbindung unterbrochen. Sally sah ihre Schwester an.
»Was war das für ein Geräusch?«, fragte sie leise, und sie hatte Tränen der Angst in den Augen. »Was zum Teufel war das?«
»Scheiße.« Zoë schlug mit beiden Händen auf das Armaturenbrett und ließ den Kopf nach hinten fallen. »Heilige Scheiße , das kann doch nicht wahr sein!« Sie drehte sich um und schaute hinauf zur Hauptstraße. Gloucester war gut vierzig Meilen weit entfernt. Ben würde frühestens in einer Stunde hier sein. »Okay. Denken wir nach.« Unter keinen Umständen würde sie die Polizei rufen. Sie sah es geradezu vor sich, wie Kelvin von ein paar Spezialisten der Unterstützungseinheit abgeschleppt wurde und alles hinausposaunte, was er über sie und Sallys Beziehung zu David Goldrab wusste. Sie durchsuchte ihre Taschen. Den Teleskopschlagstock hatte sie in ihrem Wagen gelassen. In ihrer Lederjacke war nur die kleine CS -Gas-Sprühdose, die alle Polizisten bei sich trugen. »Wo hat diese Familie ihr Werkzeug?«
Aber Sally stand unter Schock. Sie war weiß geworden und fing an zu zittern. »Das bedeutet, Kelvin hat sie«, sagte sie, und ihr war anzuhören, dass sie kurz vor dem Nervenzusammenbruch stand. »Alle beide.«
»Nein.« Zoë schüttelte den Kopf. »Das bedeutet es durchaus nicht.«
»Doch, das bedeutet es. Das weißt du. Millie geht nicht an ihr Telefon. Das bedeutet, er hat ihr etwas angetan. Ruf die Polizei.«
»Sally.« Zoë packte ihre Schwester beim Arm. »Reiß dich zusammen. Du weißt, warum ich nicht die Polizei rufe. Ben ist unterwegs, und wir schaffen das. Wir können es.«
»O Gott.« Sally schlug die Hände vor das Gesicht. »O Gott, ich kann es nicht.«
»Wir können das. Du musst mir jetzt zuhören. Okay? Wir brauchen Werkzeug. Wo soll ich suchen?«
»Da ist eine Garage, aber …« Sie wedelte unbestimmt mit der Hand nach hinten. »Im Kofferraum. Da ist bestimmt auch welches. O Gott, er wird sie umbringen.«
Zoë stieg aus. Die Wärme, die sich am Tag angesammelt hatte, strahlte jetzt in den offenen Himmel hinauf, als wolle sie die Sterne erreichen. Hier unten war es eisig kalt. Wirklich und wahrhaftig eisig kalt. Sie ließ die Wagentür weit offen und ging lautlos nach hinten, und immer wieder warf sie vorsichtige Blicke hinauf zu den Lichtern im Hause Sweetman, die zwischen den Bäumen
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