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Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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herumgesprochen.« Er hielt die Fotos hoch. »Kann ich die behalten? Ich muß ein paar Berechnungen anstellen.« Ich nickte. »Wo ist eigentlich Paul?«
    »Der steht noch immer unter der Dusche.«
    Byrne lachte. »Hab' ich dir nicht gesagt, es gibt Leute, die in der Wüste ersaufen?« Dann setzte er sich an den Tisch und fing an, mit seinem uralten Bleistiftstummel die technischen Daten der Northorp nachzurechnen.
    Am nächsten Tag brachen wir nicht auf, am übernächsten auch nicht, aber endlich am Tag darauf. Byrne brummte wütend vor sich hin. »Manchmal gehen mir diese Leute entsetzlich auf die Nerven.«
    »Ich dachte immer, du wärst auch einer von ihnen«, grinste ich. »Ein echter Targui.«
    »Ja …! Aber manchmal hab' ich einen Rückfall. Ich mach mir Gedanken über Lash und Kissack. Ich weiß nicht, wie tief sie im Sand stecken, aber es kann ja nicht ewig dauern, bis sie wieder flott sind. Und vorher will ich hier weg sein.«
    »Wie kommst du darauf, daß sie nach Dschanet wollen?«
    »Nur hier gibt's Benzin.«
    Immerhin konnte ich mich in diesen drei Tagen von den Strapazen in Byrnes Schüttelmühle erholen. Und zum erstenmal seit Algier schlief ich auch wieder in einem richtigen Bett – die Matratzen waren jedenfalls nicht viel härter als der Sand, an den ich mich längst gewöhnt hatte. Und Bier gab's auch.
    Am dritten Tag verließen wir Dschanet im Toyota; von Lash hatten wir noch nichts gesehen.
    »Vielleicht steckt er immer noch dort fest, wo du ihn hingelotst hast«, sagte ich.
    »Mir blutet das Herz um seiner edlen Seele willen«, sagte Byrne, dann legte er den Kopf schief und fragte Paul: »Was meinst du?«
    »Hoffentlich verfault er«, sagte Paul bösartig. »Und Kissack auch. Alle, wie sie da sind.«
    Unser Paulchen gierte nach Blut, wer hätte das gedacht! Zu verdenken war's ihm nicht. Es fällt schwer, den Nächsten zu lieben, wenn er auf einen schießt und nicht einmal sagt, warum.
    Wir hatten Kurs aufs Gebirge genommen, auf steile Felsen, die als gigantische Barriere himmelan ragten. In einem Tamariskenhain, wo Esel grasten, kam der Wagen holpernd zum Stehen. Atitel und Hami erwarteten uns bereits und begrüßten uns, als wir ausstiegen. Byrne brummte: »Die gottverdammten Biester hätten schon längst beladen sein können.«
    »Wohin geht's denn nun?«
    Byrne hob den Arm auf fünfundvierzig Grad, und ich bekam fast Genickstarre, als ich seiner Weisung folgend in die Höhe starrte. »Da oben geht's rauf!« sagte er.
    »Ich wünsch uns viel Spaß«, sagte ich. Die Felsen erhoben sich senkrecht fast siebenhundert Meter hoch. Byrne zeigte dann auf eine Kluft, die sich V-förmig in das Massiv schnitt; sehr eng – oben sah es wie eine Gewehrkimme aus. »Verdammt, ich bin doch kein Bergsteiger!«
    »Esel auch nicht, aber wo Esel gehen können, schafft's auch der Mensch, und so steil, wie's aussieht, ist es auch wieder nicht.« Er blinzelte in die Sonne. »Also los. Wenn's Nacht wird, will ich oben sein.«
    Er trieb Atitel und Hami an, damit die Esel endlich beladen würden. Die ziegenledernen dscherbas liegen natürlich Eseln freundlicher auf dem Rücken als Kanister, die immer scheuern, aber wir hatten nicht genug dscherbas, deshalb mußten wir den armen Tieren auch Kanister aufbinden. Wasser für Mensch und Tier machte den größten Teil der Last aus.
    »Ich rechne mit zehn Tagen«, sagte Byrne. »Natürlich können wir Glück haben und eine guelta finden, einen Felsenteich, aber verlassen dürfen wir uns nicht darauf. Manchmal sieht man sie, manchmal nicht.«
    Also luden wir Wasser und Lebensmittel für fünf Männer und sieben Esel für zehn Tage auf, und Byrne band auch noch ein tuchumhülltes Paket dazu, in dem es metallisch schepperte, zu guter Letzt zurrte er sein Lee-Enfield-Gewehr sorgsam fest. »In zehn Minuten bin ich wieder da«, sagte er und rumpelte mit dem Toyota davon.
    Ich sah ihm noch nach, dann sagte ich zu Paul: »Na, wie geht's? Glaubst du, du schaffst es?«
    Er guckte die Felsen hoch. »Ich glaube schon. Ich hab' ja nichts zu tragen. Es ist ja nicht so wie in der Ténéré, wo wir immer über die Dünen mußten.«
    Paul sah angestrengt und blaß im Gesicht aus, trotz der Sonnenbräune, die hier unvermeidlich war. Fit war er sicher auch in England nie gewesen, da saß er ja jahraus, jahrein auf dem Hintern. Und nun war auf ihn geschossen worden, er war der Sonne ausgesetzt gewesen, bis er fast daran verreckt war, und was wir seitdem durchgemacht hatten, ließ sich auch

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