Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Atemlos

Titel: Atemlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
Vom Netzwerk:
nicht zurück, holten nicht auf, und so blieb es die nächsten Stunden. Wir fuhren an einem Richtzeichen vorbei, das neben der Piste stand.
    Byrne sagte: »Bake 593. Wirf einen Blick auf den Kilometerzähler. Wenn wir genau fünfzig mehr drauf haben, sagst du mir Bescheid.«
    Also warf ich gehorsam meinen Blick auf den Zähler. Die Zahlen tickten dahin. Keiner von uns sagte viel. Byrne nicht, weil er sich aufs Fahren konzentrierte, ich nicht, weil es nicht viel zu sagen gab, und Paul auch nicht, weil seine Gedanken wohl um die Wagen hinter uns kreisten. Als die fünfzig Kilometer voll waren, sagte ich: »Jetzt.«
    »Noch nicht«, sagte Byrne und fuhr noch fünfhundert Meter weiter. Der Alte stieg aus und schwang sich aufs Wagendach, um Ausschau zu halten. Als er sich wieder hinters Lenkrad klemmte, sagte er: »Möchte nämlich nicht, daß die uns verpassen.«
    »Warum nicht?«
    Er wies nach links. »Was du da siehst oder nicht siehst, ist – ob du es glaubst oder nicht – eine Piste, und die nehmen wir nun. Jetzt werden wir sehen, wie tüchtig Lashs sogenannte Reiseführer sind.« Fünf Minuten ließ er noch verstreichen, dann bogen wir holpernd auf die kaum erkennbare Nebenpiste ab. Die Landschaft veränderte sich. Die Berge verschwanden. Wir bewegten uns auf einer Geröllebene, die sich flach wie ein Billardtisch von Horizont zu Horizont erstreckte. »Das ist ein reg«, sagte Byrne. »Nicht schlecht zum Fahren, wenn einem die Monotonie nichts ausmacht. Ich nehme an, daß das früher mal ein Meeresboden war.«
    Monoton war es, weiß Gott, und ein paarmal fielen mir die Augen zu. Einmal warf ich einen Blick auf Paul hinter mir. Die Müdigkeit hatte seine Angst vor Lash und Kissack verdrängt, er war eingeduselt. Die Kilometer zogen unter unseren Rädern dahin, doch die Landschaft blieb sich immer noch gleich. Irgendwann einmal sagte ich: »Das muß die größte Ebene in der Wüste sein.«
    »Kein Stück«, sagte Byrne. »Die größte ist die Tanezrouft. So groß wie Frankreich. Daneben sieht die hier aus wie eine Briefmarke. Bald wird sich die Landschaft verändern. Dann wird's hart.«
    So kam es auch. Zuerst tauchten vereinzelte Wanderdünen auf, gelbe Halbmonde vor schwarzem Geröll, dann ausgedehntere Flecken Sand, die wir umgingen. Schließlich gab es mehr Sand als Geröll, und da konnten wir ihn dann nicht mehr umgehen. »Am Fahren in der Wüste zeigt sich der Unterschied zwischen Männern und Knaben«, sagte Byrne. »Das hier ist fech-fech – weißt du noch, was ich dir beigebracht habe?«
    Ich erinnerte mich sehr wohl an die makabre Story von dem Superlaster, der durch die Sandkruste eingebrochen war. »Und ob«, sagte ich.
    Er sah mich von der Seite an und grinste sich eins. »Kein Problem, solange du deine Geschwindigkeit gleichmäßig beibehältst – sozusagen über die Oberfläche dahingleitest. Bös wird's nur, wenn du plötzlich Tempo wegnimmst. Jede Wette, daß Lashs Schwachköpfe das nicht wissen.«
    »Du hast also gewußt, daß es hier so aussieht?«
    »Na klar. Hab' selber hier vor zwanzig Jahren mal festgesessen. Um diese Jahreszeit gibt's hier meistens fech-fech.«
    Ich sagte: »Für mich sieht's wie gewöhnlicher Sand aus.«
    »Die Farbe ist anders. Schau mal hinter uns – wir wirbeln längst nicht so viel Staub auf wie vorher. Aber auf eins kannst du Gift nehmen – wir werden nicht anhalten, um das Phänomen genauer zu untersuchen.«
    Schließlich, nach einer Stunde etwa, schlug Byrne eine andere Richtung ein, und kurz darauf hielt er an. Wieder kletterte er aufs Wagendach, und diesmal grinste er breit, als er weiterfuhr. »Nichts zu sehen. Mr. Lash hat uns zwar in Seguedine aus der Klemme gezogen, aber ich weiß nicht, ob wir ihm nun unsererseits helfen sollten. Wir stoßen gleich auf die Hauptpiste nach Dschanet. Da ist schon die Bake Berliet 21. Weißt du, was Dschanet heißt?«
    »Ich weiß nicht mal, was Bake 21 bedeutet.«
    »Die Autofabrik Berliet hat hier früher ihre dicken Brummer getestet und dabei Richtzeichen in der Wüste aufgestellt. Und Dschanet heißt auf arabisch ›Paradies‹.«

27. Kapitel
    Das Paradies stand halb auf Wüstenboden und halb an einem Felshang und bot mehr Annehmlichkeiten als die meisten Oasenstädte. Das Hotel war spartanisch, aber sauber; untergebracht wurde man in zeribas, in Grashütten, an deren Wänden bunte Decken hingen, die Duschen funktionierten tatsächlich. Dieweil das Wasser an mir herabrieselte, fiel mir eine Bemerkung von Byrne ein,

Weitere Kostenlose Bücher