Atemlos
nie ein Risiko ein.«
Der Leichnam war nun zur Gänze ausgegraben. »Genau so haben Sie ihn vorgefunden?«
»Ja.«
»Ich glaube Ihnen nicht. Er muß eine Nachricht hinterlassen haben – seine Papiere.« Er starrte uns an. »Wo steckt das Zeug?«
»Vielleicht haben Sie es soeben verbrannt«, sagte Byrne. »Sie haben die Maschine nicht besonders sorgfältig durchsucht.«
»Aber Sie«, sagte Lash, und dann zu Kissack: »Sobald wir unten sind, müssen die Esel abgeladen und das gesamte Gepäck durchsucht werden.«
»Geht in Ordnung«, sagte Kissack. Er hielt die Pistole lässig in der Hand, die Mündung zeigte zu Boden.
Um Billsons Papiere machte ich mir keine Sorgen, denn Paul hatte sie – wo immer Paul sich nun befinden mochte, und das war inzwischen wohl weit von uns entfernt. Aber wenn unser Gepäck durchsucht wurde, mußte der Kompaß zum Vorschein kommen. Warum mich das beunruhigte, hätte ich ums Verrecken nicht sagen können, das hätte jetzt eigentlich meine letzte Sorge sein müssen.
Ich sagte: »Kissack?«
»Was ist?«
»Als Sie Pauls Landrover in Brand setzten, haben Sie ihn da vorher durchsucht?«
»Warum, zum Teufel? Nein, hab' ich nicht. Was geht Sie das an?«
»Nichts. Sie bekommen fünftausend Pfund für diesen Job, stimmt's? Ich schätze, Lash kassiert zehnmal soviel.«
Lash kriegte ein Flackern in den Augen. »Herr Stafford übertreibt mal wieder.«
Ich hielt Kissack im Blick. »Hat Lash Ihnen nichts gesagt?«
»Was gesagt? Nun reden Sie schon, Mann! Was hat Billsons Landrover mit meinen fünf Riesen zu schaffen?«
Ich zuckte die Achseln. »Es ist ja nur, weil Billson jede Menge gebündeltes Bares mit sich rumschleppte. Mehr als fünftausend – viel mehr. Ich kann's gar nicht glauben, daß Lash Ihnen nichts davon gesagt hat.«
»Wieviel?« Kissack war heiser.
»56.000 in britischer Währung. In den Koffern hinten im Landrover.«
Kissack machte große Augen und fuhr auf Lash los. »Stimmt das?«
»Wie soll ich das wissen?« meinte Lash gelangweilt. »Ruhig Blut, Mann. Stafford will Sie nur auf die Palme bringen.«
»Wirklich? Ich frage mich jetzt …«
Lash gab sich auf einmal weniger gelangweilt. »Verdammt noch mal, wenn ich's gewußt hätte, dann hätte ich's Ihnen schon gesagt. Glauben Sie vielleicht, ich hätte ruhig danebengestanden, wenn Geld durch den Kamin gejagt wird? Ich bin doch nicht so …«
Er hatte nicht mehr die Zeit zu sagen, wie blöd er nicht war, weil es in nächster Nähe einen erschütternden Knall gab und Kissacks Schädeldecke in die Luft flog und graue Gehirnmasse in die Gegend spritzte. Er ging in die Knie, legte sich lang hin und ließ dabei die Pistole fallen.
Paul Billson hatte schon immer einen Hang zu Überreaktionen.
30. Kapitel
Ein Armeegewehr, selbst eins aus dem Ersten Weltkrieg, ist für das Töten von Menschen aus mindestens tausend Metern Entfernung gebaut, und selbst für einen durchschnittlichen Schützen ist es auf vierhundert Meter ein handliches Instrument. Paul Billson war kein guter Schütze, im Gegenteil, er war überhaupt kein Schütze und gab auch später zu, daß es der erste Schuß war, den er je im Leben abgefeuert hatte. Aber selbst ein Paul Billson konnte aus der Entfernung von nur fünfzehn Metern Kissack nicht verfehlen.
Wie er berichtete, hatte er am Grab seine Fotos gemacht und anschließend noch etwa zehn Minuten im stillen Gebet verbracht. Dann war er mit den beiden Eseln der Strecke gefolgt, die Byrne ihm gezeigt hatte. Als er uns sah, umzingelten uns bereits Lashs Männer auf ihren Kamelen, und taktvoll hatte er sich zurückgezogen. Zum Glück für ihn – und für uns – war er uns über felsigem Boden gefolgt, sonst wären seine Spuren wohl von Zayid entdeckt worden. Er beobachtete, wie wir in Gefangenschaft geführt wurden, und war ratlos.
Er sagte es zwar nicht, aber sein erster Impuls war wohl Flucht, dann jedoch fürchtete er spätere Vorwürfe von mir. Und wohin hätte er auch fliehen sollen? Drei Tage Fußmarsch bis Tamrit – aber wer hätte ihm den Weg zeigen können? Letzten Endes entschloß er sich, in der Nähe zu bleiben. Und dann entdeckte er Byrnes Lee-Enfield im Gepäck seiner Esel.
Und er entdeckte eine Höhle zwischen den Felsen, wo er die Esel anband. Aber er hatte ein Tier dabei, das immer gern wieherte; das ängstigte ihn, denn falls die Bande es hörte, würde sie ihn jagen. Er tat das einzig Richtige, nahm den Eseln das Gepäck ab, band ihnen die Hinterbeine zusammen, wie er es
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