Atemlos
nichts anderes.« Ich nickte. »Diese Steinsäulen«, sagte er. »Nicht von Menschenhand geschaffen. Naturbasalt. Aber auf dreißig Kilometer suchen Sie solche Dinger vergebens. Weiß der Geier, wer sie angeschleppt hat.«
»Fast wie Stonehenge«, bemerkte ich und setzte mich zu ihm.
Byrne brummte: »Davon hab' ich gehört – nie gesehen. Bin nie bis England gekommen. Die Steine von Stonehenge sind größer, nicht wahr?«
»Sehr viel größer.«
Er ging zum Wagen und holte Brotfladen. Das Brot war hart und kaum würzig, aber mit Kamelkäse doch ganz eßbar. Es knirschte zwischen den Zähnen; im Mehl mußte Sand gewesen sein. Byrne schenkte Minztee ein und reichte mir eine Tasse. »Sie sind Privatdetektiv?« fragte er. Das war das erste Mal, daß er ein gewisses Interesse an mir zeigte.
Ich lachte. »Nein.« Ich erklärte ihm, was ich in England so trieb.
Er sah zur Moschee hin und zum Ilamen hinauf. »Für Ihren Beruf herrscht hierzulande wenig Bedarf«, bemerkte er. »Wie sind Sie denn da hineingeraten?«
»Das einzige, was ich gelernt habe«, sagte ich. »Dafür bin ich ausgebildet worden. Ich war bei der Armee, im Geheimdienst, aber als ich vom Oberstleutnant zum Oberst befördert wurde, ging bei mir ein rotes Licht auf, und ich reichte meine Entlassung ein.«
Er zog seine buschigen Augenbrauen hoch. »Beförderung ist also in Ihrer Armee etwas Schlechtes?« erkundigte er sich lässig.
»In diesem Fall ja. Normalerweise, wenn man in der Kommandeurskarriere bleibt – als Truppenoffizier –, dann wird man vom Oberstleutnant zum Brigadier befördert; vom Bataillonskommandeur zum Brigadekommandeur. Steigt man aber nur eine Sprosse hoch, dann ist das als Warnung davor zu verstehen, daß man in einen Spezialistenjob abgeschoben wird.« Ich seufzte. »Ich fürchte, es war mein eigener Fehler. Ich gab mir zuviel Mühe, ein verdammt guter Geheimdienst-Offizier zu sein, und dann wollten die hohen Tiere, daß ich das auch bliebe. Jedenfalls habe ich meinen Abschied eingereicht und den Laden aufgezogen, den ich nun seit sieben Jahren betreibe.«
»Schmalspur-Oberst«, grinste Byrne. »Ich bin selber nie mehr als Sergeant geworden, und das ist auch schon lange her.«
»Im Krieg«, sagte ich.
»Ja. Sie erinnern sich, daß ich Ihnen erzählt habe, wie ich eine Bruchlandung baute?«
»Ja.«
»Irgendwie gefiel mir, was mir dann auf dem langen Fußmarsch nach Hause vor die Augen kam. Nie im Leben fühlte ich mich so lebendig wie da. Meine Kameraden hatten nicht mitkommen wollen. Zwei waren zu schwer verwundet. Und die anderen blieben zurück, um sich um sie zu kümmern. Also bin ich alleine losmarschiert.«
»Was ist aus ihnen geworden?« fragte ich.
Er zuckte die Achseln. »Ich meldete die Position des Flugzeuges, und daraufhin wurde ein deutsches Beuteflugzeug hingeschickt, ein Fieseler Storch, der kann auf fünfzig Quadratmetern landen. Es war zu spät. Alle tot.«
»Kein Wasser?«
Er schüttelte den Kopf. »Die verdammten Araber. Die kamen zum Plündern. Daß da noch ein paar Leute bei dem Wrack saßen, empfanden sie wohl als störend.«
»Und nach dem Krieg sind Sie zurückgekommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe den Krieg Krieg sein lassen. Auf dem Fußmarsch durch die Wüste hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Nie im Leben hatte ich so viel Fläche, so viel offenes Land gesehen, und die Wüste ist sauber. Wissen Sie, man kommt hier eine ganze Zeit ohne Waschen aus und bleibt trotzdem sauber. Man stinkt hier nicht. Irgendwie gefiel mir die Gegend. Von den Menschen läßt sich nicht dasselbe sagen.« Er goß sich noch eine Tasse Pfefferminztee ein. »Die Chaamba-Araber in der Gegend von El Golea sind nicht so übel, aber diese Bastarde im Maghreb – die schneiden noch eine Zehn-Cent-Münze in Scheiben und verkaufen sie dir für einen Dollar.«
»Was ist das – der Maghreb?«
»Der Küstenstreifen zwischen dem Mittelmeer und dem Atlas-Gebirge.« Er hielt inne. »Wie auch immer, Anfang dreiundvierzig bekam ich einen Brief von daheim. Mein Vater war gestorben, und mehr hatte ich an Familie nicht. Da zog mich nichts mehr in die Staaten. Andererseits hatten General Eisenhower und General Patton gerade vor, nach Italien zu marschieren. Das war nicht meine Richtung, und als also dann die Armee nordwärts marschierte, ging ich nach Süden, um mir freundlichere Leute als die Araber zu suchen. Die habe ich gefunden, und da bin ich geblieben, bis heute.«
Ich lächelte. »Sie sind
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