Atemlos
mal zu, Mensch – ich war seit zehn Jahren nicht mehr in England!« Das war eine deutliche Abfuhr. Für ihn war das Thema beendet.
Ich trank, ich wartete auf mein Omelett, ich war sauer auf Kissack. Ich wollte eben schwereres Geschütz auffahren, als jemand durch den Gastraum »Herr Stafford!« rief. Ich zuckte zusammen.
Schäffer kam auf mich zu. Ich warf einen Seitenblick auf Kissack, aber offenbar bedeutete ihm mein Name nichts. Ich atmete auf.
»Hallo, Helmut!« sagte ich und hoffte, daß diese Vertraulichkeit ihn nicht überraschte. »Wie wär's mit einem Bier?« Er setzte sich zu mir, und im gleichen Augenblick bedauerte ich auch schon meine Einladung. Schäffer konnte mir unwissentlich ein Bein stellen, indem er verriet, daß ich nicht zu seinem Verein gehörte. Zum Glück war sein Englisch nicht sehr gut.
»Hat alles geklappt im Fort?« fragte ich ihn auf deutsch.
Er hob die Schultern. »Die haben jetzt keine Zeit für uns. Aus Agades ist ein Flugzeug angekommen, um einen Kranken auszufliegen. Ich habe die Pässe im Fort gelassen; ich hole sie erst später ab.«
Der Kellner stellte ein Omelett vor mich hin, und ich bestellte ein Bier für Schäffer. Kissack bestellte sich auch noch ein Bier, also wollte er noch eine Zeitlang bleiben. Ich ging ihn noch einmal an: »Aber wissen Sie, ich habe Sie doch schon irgendwo einmal gesehen.«
Er gab ein paar gelangweilte Töne von sich.
»Kann es nicht in Tamanrasset gewesen sein? Sie fuhren da einen Rangerover.«
Das saß. Er wurde sehr still, führte sein Glas halbwegs zum Mund und nicht weiter. Mit versteinertem Blick nahm er an mir Maß. »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus, Sportsfreund?«
»Ach, nichts«, sagte ich kühl. »So was macht mich halt nervös. Aber nun freue ich mich, daß ich mich doch nicht getäuscht habe. Sie waren also in Tamanrasset.«
»Na wennschon? Was geht das Sie an?«
Ich griff mein Omelett an. »Nichts.« Ich wandte mich Schäffer zu und sprach wieder deutsch. »Was ich noch sagen wollte – Rhossi, Ihr Reisebegleiter, ist schon hier in Bilma. Jemand sagte mir, er warte auf eine deutsche Gruppe; ich nehme an, das sind Sie. Haben Sie ihn schon gesprochen?« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Kissack mich anstarrte. Ich konnte nur hoffen, daß er kein Wort Deutsch sprach.
Schäffer schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich kampiert er in Kalala bei den Salzwerken.«
Nun nahm ich wieder Kissack unter Beschuß. »Ich habe gerade meinen Freund Helmut gefragt, ob er schon unseren Reiseführer gesprochen hat. Man braucht nämlich einen Reiseführer, wissen Sie, wenn man durch die Ténéré will.«
»Wann waren Sie in Tamanrasset?« fragte Kissack plötzlich.
»Offenbar, als Sie auch da waren«, sagte ich. »Ach, da fällt mir gerade ein – haben Sie etwas von dem Burschen gehört, der in Tam verschwunden ist? Ebenfalls Engländer. War eine ziemliche Aufregung, als ich abfuhr.«
Kissack machte sich die Lippen feucht. »Wie hieß denn dieser Engländer?«
»Wilson«, sagte ich. »Nein, das stimmt nicht. Williamson? Nein, auch nicht. Mein Gedächtnis spielt mir wirklich Streiche. Erst diese Sache mit Ihnen, jetzt dieser Engländer – wie hieß er doch gleich?« Ich zog die Stirn in Falten. »Billson!« sagte ich triumphierend. »Ja, so hieß er. Die Polizei war ziemlich aus dem Häuschen, aber Sie wissen ja, wie diese Algerier sind. Verdammte Bürokraten mit Maschinenpistolen!«
Der Kellner stellte eine Flasche Bier und ein Glas vor Schäffer auf den Tisch und auch eine Flasche vor Kissack. »Was ist mit diesem Billson passiert?« Seine Stimme war mehr als beherrscht.
Ich antwortete nicht gleich. Ich stopfte mir ein Stück Omelett in den Mund. Nun hatte ich Kissack so fest an der Angel, daß er Fragen stellte, das war schon ein Fortschritt, und das Omelett war wirklich nicht schlecht. Ich schluckte und sagte: »Er ist ohne Genehmigung in den Atakor gefahren und nicht mehr zurückgekommen. Die wildesten Gerüchte liefen in der Stadt um, als ich abreiste.«
»Was für Gerüchte?«
»Ach, das Übliche, wenn so etwas passiert. Zum größten Teil natürlich völlig unglaubwürdig.«
Jetzt zappelte er schon ganz schön, denn er fragte noch einmal: »Was für Gerüchte?«
Ich zuckte die Achseln. »Also, zum Beispiel hörte ich einmal, sein Landrover wäre völlig ausgebrannt hinter dem Assekrem gefunden worden. Kennen Sie die Gegend?«
»Nicht sehr gut«, sagte Kissack verkrampft.
»Das ist wirklich ein verdammt gutes Omelett«,
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