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Atevi 1 - Fremdling

Atevi 1 - Fremdling

Titel: Atevi 1 - Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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von den sanitären Anlagen.
    Aber all das hatte durchaus seinen Reiz. Hier herrschte ein urwüchsiges Leben, das sich in kein Schema pressen oder begradigen ließ durch Straßenpläne und Hochhäuser mit übereinandergeschichteten Wohnungen und künstlichen Lichtern, die die Sterne am Himmel unsichtbar machten. Hier waren Wind und Wellen zu hören, verwitterte Steine und Kiesel in unendlicher Vielfalt zu finden, und es gab kein vorgeschriebenes Sollmaß, bis auf die unausweichliche Tatsache, daß Hin- und Rückweg des Ausritts die gleiche Länge hatten…
    Ilisidi sprach von Lastkähnen und Fischkuttern, während sich am Himmel über Malguri ein dünner Kondensstreifen nach Osten vorschob, über die Kontinentalschranke hinweg, jenen Gebirgszug, der die beiden Atevi-Zivilisationen jahrtausendelang voneinander getrennt hatte. Jetzt war binnen vier, fünf Stunden die Verbindung hergestellt.
    »Früher hat es Tage gedauert, wenn man von Maidingi aus in eine der Nachbarprovinzen reisen wollte. Da war äußerste Vorsicht geraten«, sagte Ilisidi, natürlich nicht ohne Hintergedanken.
    »Aber wir haben inzwischen viel dazugelernt, nand’ Aiji-Mutter.«
    »So? Was denn?«
    »Daß uns Grenzmauern nicht nur nach außen abschotten, sondern auch gefangenhalten.«
    »Ha!« erwiderte die Alte, worauf Babs nach jäher Kehrtwendung so kraftvoll davonsprengte, daß Steine unter seinen Hufen aufspritzten.
    Nokhada folgte. Und es schmerzte, Gott, es schmerzte jeder Galoppsprung auf dem Abhang zum See hinunter. Bren blickte angestrengt nach vorn, fixierte Ilisidis fliegenden Zopf aus weißem Haar. Da war kein Schleifenband, das ihren Rang kenntlich machte, kein Schmuck zu sehen, nur der schlichte, rot-schwarze Rock, Babsidis schwarzer Rumpf und der Schwanz, der nur deshalb hin- und herpeitschte, weil ein Übermaß an Energie zu verausgaben war.
    Nokhada hielt Anschluß. Für die zurückhängenden Wachen und Cenedi an Brens Seite blieb nichts anderes übrig als zu folgen.
    Wenig später wurde wieder Halt gemacht an einem schmalen, sichelförmigen Sandstrand. Wer sich vor Assassinen hüten mußte, entdeckte allenthalben günstige Anlegestellen für ein Boot und Schleichwege zur Burg.
    Während die Mecheiti schnaubend Luft holten, informierte Ilisidi über den See, seine größte Tiefe, seine Bewohner und – seine Gespenster. »Als ich noch ein Kind war«, sagte sie, »wurde ein Wrack ans Ufer gespült, nur Teile eines Bugs, angeblich Überreste eines Schatzschiffes, das, wie es hieß, vor vierhundert Jahren gesunken war. Viele Taucher machten sich daran, den Rumpf zu bergen. Vergeblich. Es wurden nur ein paar mehr oder minder wertvolle Gegenstände aus dem Wasser gefischt, auf die Burg geschafft und dort aufbewahrt. Mein Vater schenkte die besten Stücke dem Museum von Shejidan. Insgesamt ein Vermögen. Die Leute von Maidingi hätten es lieber gesehen, wenn das Zeug zu Gunsten der Provinz versilbert worden wäre.«
    »Es ist gut, daß Ihr Vater diese Schätze gerettet hat.«
    »Warum?«
    »Weil sie Teil der Geschichte sind«, antwortete er und fragte sich verwundert, ob er wieder einmal einen atevischen Gedankenzug mißverstanden hatte. »Es ist doch wichtig, Erinnerungen an die Vergangenheit aufzubewahren, oder?«
    »Finden Sie?« Und statt ihre Meinung dazu zu verraten, trieb sie ihr Mecheita an und preschte weiter. Bren mußte sich wieder einem dringlicheren Problem widmen, nämlich dem der Vermeidung noch größerer Schmerzen. Verflucht, dachte er und überlegte, ob er versuchen sollte, Nokhada zurückzuhalten, um der Alten zu zeigen, daß er sich geschlagen gab. Vielleicht würde sie dann ein gemächlicheres Tempo einlegen und am Ende womöglich ihr Interesse an seiner Gesellschaft verlieren. Schöne Aussicht. Er könnte ein warmes Bad nehmen und Gespenstergeschichten lesen, bis diejenigen, die es auf ihn abgesehen hatten, in Banichis Falle getappt und dieser ganze Spuk vorbei wäre, worauf er wieder zurückfliegen würde in seine klimatisierte Wohnung, die Morgennachrichten im Fernsehen verfolgen und Tee trinken, dem zu trauen war.
    Doch er hielt mit Ilisidi Schritt, wollte keine Schwäche zeigen und sich geschlagen geben. Was die Atevi unter Na’itada verstanden, bezeichnete Barb Idiotie. Noch nie war ihm eine Stunde so lang vorgekommen, und während dieser einstündigen Rückkehr zur Burg sehnte er sich zur Erlösung von seinen Qualen einen raschen Tod herbei.
    Endlich erreichten sie den Hof und die Ställe. Die Mecheiti

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