Atevi 1 - Fremdling
Dunkelheit zurecht, so wohl auch Mecheiti. Babs trabte zügig und in raumgreifenden Schritten vornweg, nicht schneller werdend auf Gefälle und kaum langsamer bei Steigungen. Nokhada hatte sich immer noch nicht beruhigt und drängte, merklich unzufrieden mit ihrer viertrangigen Position. Es war ein permanenter Kampf, sie unter Kontrolle zu halten. Gleichzeitig mußte sich Bren davor hüten, daß ihm nicht ein Zweig ins Gesicht schlug, unter den sich die Reiter vor ihm weggeduckt hatten.
Daß es nicht mehr regnete, war kaum auszumachen, denn nach wie vor fielen dicke Tropfen vom Laub der Bäume. Als sie schließlich den Wald hinter sich ließen, hatten sich die Wolken verzogen, und das Panorama aus Sternen und Silhouetten hätte befreiend auf Bren wirken können, wenn da nicht dieses Schiff am Himmelshorizont gewesen wäre, das die Welt bedrohte.
Ilisidi hatte gesagt, daß sie Wigairiin gegen Mitternacht erreichen würden. Doch diese Stunde schien längst überschritten zu sein, wie Bren am Stand der Sterne zu erkennen glaubte.
Laßt mich doch einfach sterben, dachte er, erschöpft und von Schmerzen gequält, als der Weg wieder steil bergan führte über felsige Hänge. Nach einer Weile ließ Ilisidi anhalten, und er fürchtete, daß nun erneut ein Mecheitiwechsel bevorstand, was bedeuten würde, daß eine noch weite Strecke zurückzulegen wäre.
Vor dem Nachthimmel zeichnete sich eine Hügelkuppe ab, bewachsen mit verkrüppelten Bäumen, und Ilisidi befahl abzusitzen. Von hier aus, sagte sie, gehe es weiter ohne Mecheiti.
Da wünschte sich Bren, weiterreiten zu dürfen, denn ihm schwante, daß es von jetzt ab brenzlich werden würde. Himmel, er hatte Angst vor dem, was vor ihm lag und dem nicht mehr auszuweichen war, zumal sich Banichi und Jago nach vorsichtigem Protest zum Ausgang auf den eingeschlagenen Kurs eingelassen hatten.
Und niemand außer ihm würde Banichi Hilfe leisten – wahrscheinlich nicht einmal Jago. Jetzt entschied sich auch, was mit dem Computer geschehen sollte. Würde er mit Nokhada zurückkehren, war nur noch zu hoffen, daß ihn loyale Stallburschen vor den Rebellen in Sicherheit brächten.
Doch wenn diese Malguri eingenommen hätten, würden sie beim Eintreffen der Mecheiti interessiert aufmerken, und der Computer bliebe gewiß nicht unentdeckt. Nicht auszudenken, was sich daraus ergeben könnte.
Baji-Naji. Den Apparat aus der Hand zu geben hieße, das Glück herauszufordern, und auf den Zufall war auch kein Verlaß. Mit zitternden Händen löste er die Halteriemen und nahm die Satteltaschen an sich; dabei gab er sich betont arglos, merkte aber, wie ihm die Knie weich wurden.
Der Atem stockte, ihm wurde schwarz vor Augen, und er lehnte sich Halt suchend an Nokhadas warme Flanke, spürte die Kälte des Kellerlochs und die Fesseln, die ihn hielten. Hörte Schritte…
Als er die Satteltaschen anhob, um sie über die Schulter zu werfen, langte von hinten eine Hand danach. »Da trage ich weniger schwer dran«, sagte der Mann. Bren fuhr herum und starrte ihn entgeistert an. Er konnte nicht glauben, daß es pure Höflichkeit war, die den Mann veranlaßte, ihm die Last abzunehmen. Wahrscheinlich hatte ihn Cenedi dazu aufgefordert. Wie auch immer, dachte Bren; bloß kein Aufhebens darum machen. Es war zwar unwahrscheinlich, aber immerhin doch möglich, daß hier niemand von seinem Computer wußte. Djinana hatte ihn gebracht, und dann war er von einem der Stallburschen verstaut worden.
Nokhada rückte von Bren ab und trottete den anderen Mecheiti nach. Eine der Leibwachen Ilisidis war auf Babs losgeritten. Nun machte sich die Gruppe zu Fuß auf den Weg, wahrscheinlich in Richtung Wall, den Cenedi erwähnt hatte. Hoffentlich behielt er recht, und das Tor war tatsächlich geöffnet.
Der Mann, der ihm die Taschen abgenommen hatte, eilte an ihm vorbei den Hang hinauf zu Cenedi und Ilisidi hin, was seine Befürchtungen bestätigte. Er durfte den Mann nicht aus den Augen lassen; gleichzeitig mußte er Banichi Bescheid sagen, doch der kam, gestützt von Jago und einem anderen Mann, nur schleppend voran und fiel immer mehr zurück.
Bren wußte nicht wohin. Wenn er zurückginge, um mit Banichi zu reden, wären die anderen im Dunklen verschwunden. Also hielt er sich auf der Mitte zwischen beiden Gruppen, wütend darüber, daß er sich die Taschen hatte abnehmen lassen. Und Banichi im Beisein des anderen zu informieren, kam jetzt auch nicht in Frage. Ebensogut könnte er das, was er ihm mitzuteilen
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