Atevi 2 - Eroberer
Fraktion miteinander auszusöhnen. Der Vorwurf maßloser Selbstüberschätzung, gerichtet an Hanks, fiel auf ihn selbst zurück. Fairerweise würde er sie nun anrufen und über seinen Fehltritt in Kenntnis setzen müssen. Peinlich, peinlich. Diesen Tort konnte er sich jetzt nicht antun.
Er ging die Post durch. Das neue Büro hatte die Arbeit aufgenommen. Es waren eine Menge Dankesschreiben für die Autogrammkarten gekommen, die er verschickt hatte. Das Foyer war voller Blumen: Einstandsgeschenke der Angestellten. Aber er konnte sich nicht freuen, die Schulter und die Rippen schmerzten und das Frühstück lag ihm schwer im Magen. Er bat Algini um seinen Computer, nahm die Korrespondenz mit ins Wohnzimmer und machte sich daran, die fälligen Berichte zu schreiben.
Um für Frischluft und mehr Licht zu sorgen, schob Saidin die Vorhänge beiseite und kippte die Fenster auf. »Ich möchte mit Banichi sprechen, nand’ Saidin«, sagte er. »Ist er zurück?«
»Noch nicht, nand’ Paidhi. Algini vertritt ihn.«
»Und Jago?«
»Ich glaube, sie ist im Büro der Gilde. Soll ich sie rufen lassen, Nadi?«
»Nicht nötig«, antwortete er. Seine Augen waren müde. Unter den Mitteilungen fand er einen Hinweis Tabinis, wonach Grigijis Berechnungen der mathematischen Fakultät zugeleitet worden waren. Mitsamt den eigenen Randnotizen. Hoffentlich machten die halbwegs Sinn. Er hatte Tabini darauf aufmerksam gemacht, daß eventuelle Fehler nicht dem Emeritus, sondern ihm, dem Paidhi, anzulasten seien.
Es gab auch Neuigkeiten vom Schiff, umfangreiche Mitschnitte von Funkkontakten mit Mospheira. Mospheira stellte konkrete Fragen über Herkunft und Reiseroute des Schiffes, die aber nur unvollständig beantwortet wurden. Außerdem wollte Mospheira wissen, was Bren als Frage noch gar nicht in den Sinn gekommen war, nämlich ob das Schiff das Sonnensystem verlassen habe und ob jene Basis bei Maudette – dem roten Stern, den die Atevi Esili nannten – gebaut worden sei, wie damals von der Pilotengilde geplant und vorgesehen als Ausweichkolonie, um eine Landung auf der Welt der Atevi zu verhindern.
Nein, antwortete das Schiff; es gebe keine Basis bei Maudette, man habe einen anderen Stern besucht.
Welchen? fragte der Präsident und nannte eine Reihe benachbarter Sterne.
Auf dem Schiff kannte man diese Namen logischerweise nicht, und es wurde um einen mosphei’schen Himmelsatlas gebeten, so auch – im Zusammenhang der Diskussion über einen geeigneten Landeplatz – um eine Generalstabskarte des Planeten.
Mospheira zeigte sich merkwürdig zurückhaltend und verlangte vorab die Übermittlung einer Sternkarte.
An dieser Stelle schaltete sich Yolanda Mercheson ein und bat darum, den Präsidenten zu sprechen.
Der Präsident war sehr höflich, machte ihr Mut und drängte darauf, auf Mospheira zu landen, denn es gelte, die Ansprüche und Handlungsvollmachten der Menschen zu sichern.
Mercheson versprach, eine entsprechende Eingabe zu machen, listete dann den Schiffsbedarf an Rohstoffen auf und fragte, zu welchen Lieferungen Mospheira imstande sei.
Der Präsident konnte auf Anhieb keine gesicherte Auskunft geben, meinte aber, daß umfangreiche Vorräte bereitstünden.
Vorräte.
Bren erschrak und erinnerte sich, unter Gewaltandrohung verhört und beschuldigt worden zu sein…
Daß auf Mospheira Metalle gehortet werden, ist unübersehbar. Sie fordern immer mehr Stahl und Gold, tauschen Ihre Mikrochips gegen Graphit, Titan, Aluminium, Palladium – Stoffe, die uns bis vor hundert Jahren unbekannt waren, für die wir aber heute, dank Ihrer Hilfe, selbst Verwendung haben. Und wofür brauchen die Menschen all diese Stoffe, wenn nicht für jene Verfahren, die sie uns beigebracht haben…
Eine Pistole war gegen seinen Kopf gerichtet gewesen, und er hatte vor Angst und Schrecken nicht begriffen, worum es ging, nicht begreifen können, weil er noch keine Ahnung davon gehabt hatte, daß das Schiff aufgekreuzt war. Er hatte in diesem entsetzlichen Moment nur daran gedacht, daß Mospheira womöglich heimlich an einer Raketenbase arbeite… und daran, daß er in diesem Kellerloch würde sterben müssen.
Er hatte sich damit rauszureden versucht, kein Ingenieur zu sein, nicht wissen zu können, wozu diese Materialen gebraucht würden. Und dann war ihm noch unterstellt worden: Sie haben Zahlencodes in die Datenübertragung einfließen lassen in der Absicht, einen Streit unter den Sektierern zu provozieren und damit unsere Opposition zu
Weitere Kostenlose Bücher