Atevi 2 - Eroberer
Aiji-Nachfolge entschieden. Heute können sie ohne Zustimmung des Hasdrawad und Tabinis nicht einmal mehr den Bau einer privaten Eisenbahnstrecke in Auftrag geben.«
»Das ist ihnen natürlich eine bittere Pille«, sagte Banichi. »Aber die schlucken sie, denn politische Umsicht und Zurückhaltung zahlt sich auch für sie aus – noch. Jedenfalls werden die Abgeordneten niemanden wählen, der all diesen alten Ballast mit sich rumschleppt.«
»Und die Atigeini?« fragte Bren. Er sah sich einem Kurzlehrgang unterzogen; offenbar sollte er – auf Tabinis Geheiß oder weil es seine Sicherheitskräfte für notwendig erachteten – auf die Schnelle ein paar wichtige Dinge erfahren. »Damiri würde den Aiji wieder an ihr Haus zurückbinden, nicht wahr? Oder was verspricht sich Tabini von dieser Beziehung?«
»Einen Erben.«
»Aber doch wohl auch eine neue Allianz mit diesen alten Familien, oder? Ich verstehe immer noch nicht, was Sie mir mitzuteilen versuchen, Nadiin-ji.«
»Tabini verdankt seine Macht vor allem den Abgeordneten und ist darum interessiert daran, die demokratischen Strukturen beizubehalten«, antwortete Jago. »Manche Lords dagegen wünschen sich die alten Verhältnisse zurück. Aber mit regulären Mitteln werden sie es nicht schaffen, sich durchzusetzen. Ein Putsch jedoch…«
»Gegen das Hasdrawad?« Bren war entsetzt. »Um mit dem Tashrid wieder in den Aiji-Wahlen entscheiden zu können?«
»Das ist die Gefahr«, antwortete Banichi. »Wir hoffen natürlich, daß es dazu nicht kommt. Auffällig ist jedenfalls, daß sich Damiri-daja ausgerechnet in dem Augenblick öffentlich zu ihrer Liaison mit Tabini bekannt hat, als das Schiff am Himmel auftauchte und Sie, der Paidhi, aus Malguri zurückgekehrt sind.«
Mit Sternen und Galaxien hatte Banichi nicht viel im Sinn. Aber als hochrangiges Gildenmitglied wußte er bestens Bescheid über die Motive und Absichten derer, die Mordanschläge in Auftrag gaben.
»Was hat meine Rückkehr damit zu tun?«
»Damiri konnte sich ausrechnen, daß Tabinis Regierung durch die Ereignisse am Himmel gestärkt werden würde und daß sich die langersehnte Hoffnung der Atigeini auf die Macht im Bu-javid viel eher im Schlafzimmer als auf dem Schlachtfeld verwirklichen läßt.«
»Das ist Ihre Interpretation.«
Banichi schmunzelte. »Nun, die beiden scheinen mitunter auch persönlich Gefallen aneinander zu finden, was nicht zuletzt ihre Bediensteten bestätigen, die sich darüber ein recht zuverlässiges Urteil bilden können. Doch über alle Plänkelei wird weder der Aiji noch Damiri den Kopf verlieren. Naidiri ist vorsichtshalber immer zur Stelle, auch dort, wo der Anstand den Rückzug gebietet. Damiri muß allerdings, so oft sie sich in Tabinis Wohnung aufhält, auf ihre Leibwächter verzichten. Daß Sie, der Paidhi, bei ihr zu Gast sind, ist als ein Entgegenkommen Tabinis zu verstehen. Und als eine Prüfung für Damiri.«
»Die nicht bestanden wäre, wenn ich unter ihrem Dach ermordet würde.«
»Es geht um etwas anderes: Indem sie den Paidhi bei sich aufgenommen hat, ist sie zur Politik ihrer Familie auf Abstand gegangen. Sie müssen wissen, daß Tatiseigi sein ganzes Selbstverständnis bezieht aus einer schon zur Tradition gewordenen Gegnerschaft zu Valasi und dessen Sohn Tabini; schon sein Vater stand in Opposition zu Tabinis Großvater. Damiri bietet jetzt die Möglichkeit einer formellen Allianz oder zumindest die Aussicht zur Beilegung alter Querelen, vielleicht sogar auf Kosten Tatiseigis in der Hoffnung, dessen Macht zu beerben. Möglich ist aber auch, daß sie im Einverständnis mit Tatiseigi den Aiji zu täuschen versucht.«
»Wer weiß davon?«
»Niemand, aber alle tratschen darüber. Der Paidhi wird wohl Wissen und Klatsch voneinander unterscheiden können.«
»In diesem Fall fällt’s mir schwer.« »Der Bund steckt in einer gefährlichen Krise«, fuhr Banichi fort. »Es brechen nun fast zwangsläufig alte Konflikte wieder auf. Natürlich werden auch die Beziehungen zu Mospheira neu in Frage gestellt.« Banichi langte in die Innentasche seiner Jacke und zog einen silbernen Versandzylinder daraus hervor. »Tabini bat uns, Sie über die Situation im Padi-Tal zu unterrichten. Dieser Brief soll, sobald Sie Kenntnis davon genommen haben, vernichtet werden.« Tabinis Siegel.
Verdammt, dachte Bren, entrollte mit zitternden Händen das Schreiben und las:
Bitte, lassen Sie größte Vorsicht walten, unternehmen Sie einstweilen nichts auf eigene Faust. Aus
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