Atevi 2 - Eroberer
zu spielen gezwungen war, behagte ihm ganz und gar nicht. Allzugroß war die Verantwortung, die auf ihm lastete. Aber wer könnte ihm die jetzt abnehmen? Er war schließlich der Vermittler par excellence, über viele Jahre eigens dafür ausgebildet und inzwischen auch mit der nötigen Erfahrung ausgestattet, darüber hinaus loyal, wenn auch nicht seinem Ministerium, so aber doch den Menschen gegenüber. Er folgte dem Kurs, den die Paidhiin der Vergangenheit im Einverständnis mit Mospheira abgesteckt hatten, konsequent und Schritt für Schritt über alle Stufen der gewünschten Entwicklung in Sachen Technologie und Kooperation.
Während er, von Jago durch die Halle im Erdgeschoß begleitet, darüber nachdachte, wurden ihm drei Dinge klar: Erstens, daß er in seinem Entschluß doch nicht so allein dastand wie befürchtet. Er wußte all seine Vorgänger und deren Berater hinter sich. Wenn denn jemandem Verrat vorzuwerfen war, dann nicht ihm, sondern denen, die das Rad der Geschichte zurückzudrehen versuchten.
Zweitens, daß er, um die Situation zu entschärfen, für einen möglichst leisen Rückzug von Hanks sorgen mußte.
Und drittens, daß es nicht nur dringend geboten, sondern auch vollauf gerechtfertigt war, mit dem Ministerium zu brechen, zumindest mit seiner korrupten Führung. Mehr noch, es galt jetzt zu beschleunigen, was seine und Tabinis Vorgänger nach einem behutsam abgestuften Plan auf den Weg gebracht hatten, nämlich technologische Anpassung zum Zwecke friedlicher Koexistenz. Bren war überzeugt davon, daß es nun Zeit wurde, das Nebeneinander als ein Miteinander auszugestalten, nicht nur im Sinne der geplanten Hanseverbände, deren Gründung sozusagen als Feldversuch zur Prüfung der Möglichkeiten und Auswirkungen des Zusammenlebens von Atevi und Menschen konzipiert war. Nein, Bren war entschlossen, sich dafür einzusetzen, daß beide Kulturen, so verschieden sie auch sein konnten, nicht mehr umhinkamen, sich aufeinander einzustellen: an Bord einer Weltraumstation. Er machte sich keine Illusionen. Was ohnehin problematisch genug war, drohte brandgefährlich zu werden, falls es der Schiffsbesatzung wie damals einfiele, Arbeiter und Techniker der Station gegeneinander auszuspielen, um sich mit gefüllten Tanks aus dem Staub zu machen.
Wehe wenn…
Seine Rede vor den Häusern der Legislative hatte einen Mordversuch provoziert. Was er jetzt in Gang zu bringen beabsichtigte, würde womöglich Dutzende von Assassinen auf den Plan rufen. Hatte sein gestriger Auftritt dafür gesorgt, daß im Präsidentenpalais auf Mospheira alle Lampen angingen, so wäre das, was er heute nacht zu unternehmen gedachte, dazu angetan, diese Lampen wochenlang brennen zu lassen.
10
Es war nicht nötig, hinauszufahren zur Empfangsstation; Tabini hatte eine Leitung auf das Netz im Bu-javid schalten lassen. Die Verbindung könnte jetzt über jeden x-beliebigen Anschluß dort hergestellt werden. Daß sie sich auf das Sitzungszimmer geeinigt hatten, war reine Gewohnheit.
Jago ging voraus, um ihm Platz zu machen. Vor der Tür lungerten etliche Wachbeamte herum. Dahinter hielten sich noch mehr Leute auf: Techniker, Kommunikationsexperten, Lords und Abgeordnete, zwei Vertreter der Printmedien und ein Kamerateam.
»Nand’ Paidhi«, sagte Tabini und führte Bren ans Kopfende des Konferenztisches. Beflissen rückten ihm zwei Diener den Stuhl zur Rechten Tabinis zurecht. Jago legte ihm Computer und Notizbuch parat, während Techniker ein Mikrophon vor ihm aufbauten und Strippen verlegten. Bren warf einen nervösen Blick auf die Kameras. »Sind die vom Fernsehen?« fragte er.
»Nein, sie gehören zu uns«, antwortete Tabini. »Wir wollen alles genau dokumentieren, nicht nur für die Nachwelt.«
Sondern vor allem zur eigenen Absicherung, dachte Bren; um all den Gerüchten, die aufkommen würden, mit konkreten Informationen entgegenwirken zu können.
Und wohl nicht zuletzt auch nützlich für den Fall, daß er, der Paidhi, irgendwelche Irrtümer zu korrigieren hatte. Unter diesen Gesichtspunkten waren ihm die Kameras und Pressevertreter nun sogar willkommen. »Steht die Verbindung schon?«
»Gleich müßte es soweit sein«, antwortete Tabini, und an alle Anwesenden gewandt: »Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit.« Es wurde schlagartig still im Raum. »Sie alle wissen, worum es geht. Hoffen wir, daß sich unsere Bemühungen lohnen.« Und als ein jeder seinen Platz am Tisch eingenommen hatte: »Nand’ Paidhi, Ihr Mikrophon
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