Atevi 3 - Erbe
viel länger brauchen, um unsere Sprache zu lernen. Wie dem auch sei, Ihre Kollegin, Yolanda-Paidhi, hatte es in der Hinsicht wesentlich einfacher, nicht wahr?«
»So ist es, nand’ Aiji-Mutter.«
»Und sie gibt wertvolle Informationen preis – sehr viel schneller als abgemacht, habe ich recht?«
Bren wollte Jason aus der Verlegenheit helfen, wagte es aber nicht, sich einzumischen.
»Das glaube ich nicht, nand’ Aiji-Mutter. Die der Insel und Bren-Paidhi zur Verfügung gestellten technischen Unterlagen sind, soweit ich weiß, dieselben.«
»Wie man hört, haben Sie auch schlechte Nachrichten vom Schiff empfangen müssen. Mein Beiieid, Jason-Paidhi.«
Jason duckte sich. »Danke, nand’ Aiji-Mutter.«
»Aber wie geht es nand’ Yolanda? Gut? Mein schrecklicher Enkel läßt mich im Ungewissen.«
»Ich glaube, es geht ihr gut, nand’ Aiji-Mutter.«
»Sie glauben.«
Jason blickte hilfesuchend auf Bren. Offenbar fürchtete er, sich falsch ausgedrückt zu haben.
»Er versteht nicht recht, nand’ Aiji-Mutter«, sagte Bren, der selbst nicht wußte, worauf llisidi hinauswollte.
»Nun ja. Wie schmeckt Ihnen der Fisch, Jason-Paidhi?«
»Der Fisch ist sehr gut, nand’ Aiji-Mutter.«
»Dann bin ich ja zufrieden. Eine andere Frage: Wie lebt es sich eigentlich auf dem Schiff. Verraten Sie mir das, bitte.«
»So wie – hinter verschlossenen Türen.«
»Aha, langweilig also. Mich zieht es an die frische Luft. Gefällt Ihnen das etwa?«
»Ich hoffe, möglichst bald wieder zurück zu sein. Sobald die Fähre fliegt, nand’ Aiji-Mutter.«
»Ich würde sagen, lieber früher als später, Aiji-ma«, sagte Bren, um llisidi von ihrem Verhör abzubringen, an dem sie sichtlich Gefallen hatte.
»Noch so eine laute Maschine, die unsere Felder verseucht«, entgegnete llisidi und schnitt auf dem Teller einen Happen zurecht. »Wie wär’s mit einem Schiff, das in die Tiefen des Meeres vordringt und uns die Wunder dort unten offenbart? Haben Sie daran noch nicht gedacht, nand’ Paidhi?«
»So etwas ließe sich machen«, antwortete Bren vorschnell.
»Ein solches Schiff würde ich vielleicht noch besteigen, aber mit Sicherheit keines, das durch den Weltraum fliegt. Was meinen Sie, nand’ Jason?«
»Wozu, nand’ Aiji-Mutter? Ich kann Ihnen nicht ganz folgen.«
»Finden Sie nicht auch, daß ich zu alt bin, um auf Ihrem Schiff mitzufliegen?«
»Aber nein. Sie reiten, und ich bin sicher, daß sie auch fliegen können.«
»Schlaues Kerlchen. Schmeichelei ist das Wesen aller Politik. Ich frage mich, ob die Schiffsmenschen so clever sind wie Mospheiraner. Wahrscheinlich sind sie’s.« »Zumindest sind sie sehr lernfähig«, sagte Bren, ehe sich Jason eine Antwort zurechtgelegt hatte. »Was meinen Sie, Aiji-ma, ist er nicht schnell, was seine Fortschritte angeht?«
»Oh, nicht so schnell wie Sie, nand’ Paidhi.« »Man gibt sein Bestes, Aiji-ma.« Es galt wieder einmal, jedes Wort mit Bedacht zu wählen. »Nun, was haben Sie für uns in petto, wenn ich fragen darf?«
»Einen kleinen Ausritt, ein paar scharfe Galopps. – Noch etwas Fisch, nand’ Paidhi?«
Bren dachte mit Grauen an Ilisidis halsbrecherische Ausritte und nahm den angebotenen Nachschlag gleich einer Warnung entgegen.
Jason sagte zum Glück nichts. Er schien auch keinen rechten Appetit zu haben. »Wohlan«, sagte llisidi.
Blitzschnell sprangen Banichi, Cenedi und Jago von ihren Sitzen auf; Tano und Algini hielten plötzlich Waffen in den Händen. So auch zwei der Bediensteten. Im Hintergrund war ein Piepen zu hören.
»Alarm«, sagte Cenedi und verbeugte sich flüchtig vor llisidi.
»So was Ärgerliches!« schimpfte llisidi, sich langsam von ihrem Platz erhebend. »Es ist aber auch zu dumm.«
In einiger Entfernung krachte ein Schuß.
Und Cenedi sagte, nachdem er in seinen Taschen-Kom gelauscht hatte: »Eine einzelne Person. Er wurde gestellt.«
»Ein Er?«
Dem Paidhi schwante Schlimmes.
»Er ist doch hoffentlich nicht niedergeschossen worden?« fragte Bren und hielt die Luft an, während sich Banichi nach einer Antwort erkundigte.
»Nein. Er hat sich vernünftigerweise ergeben, Nadi.«
Bren setzte sich wieder und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
Die Insel Dur lag, wie er sich erinnerte, vor der Nordküste des Kaps, das mit seinen Steilklippen wie ein Schutzwall wirkte.
Daß er wegen eines entschuldbaren Flugfehlers so hartnäckig und tollkühn war, machte keinen Sinn mehr, selbst unter kulturellen Voraussetzungen nicht, in denen solche
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