Atevi 3 - Erbe
Inselflucht mit den Machenschaften von Deana Hanks zu tun. Ich habe, seit wir unterwegs sind, schon mehrfach Anlauf genommen, mit dir darüber zu reden, aber jedesmal bin ich auf Dinge gestoßen, die mich noch mehr irritiert haben. An die Möglichkeit, daß Yolanda in Begleitung von Hanks kommen könnte, habe ich bis vor kurzen überhaupt nicht gedacht. Und wenn du mich fragst: Ich halte das für äußerst unwahrscheinlich. Dagegen spricht alles, was ich von dir und den Atevi gelernt und erfahren habe. Wie auch immer, ich wußte einfach nicht mehr weiter, Bren. Ich habe versucht, die Wahrheit herauszufinden, fühlte mich aber von dir belogen, und wußte nicht einmal, auf welcher Seite du wirklich stehst.«
Das machte Sinn. Diese verfluchte Geschichte, in der immer wieder vom Fischengehen die Rede war! Jede Lüge, die sie sich gegenseitig vorzuwerfen hatten, entsprach dem Wahrnehmungsunterschied zwischen Menschen, die über zwei Jahrhunderte völlig andere Wege gegangen waren.
Wenn Yolanda Mercheson der Insel tatsächlich den Rücken gekehrt hatte, würden dort jetzt einige Herren vor Wut schäumen und – so war zu fürchten – die politischen Spannungen hüben wie drüben auf die Spitze treiben.
»Wir sollten schnellstens der Aiji-Mutter Bescheid geben«, sagte Bren. »An der Küste finden derzeit überall militärische Operationen statt – womöglich in einer von Hanks bewußt herbeigeführten Reaktion. Wenn deine Partnerin ihre Absichten preisgegeben hat und wenn sie sich mit Hanks zerstritten hat, würde das erklären, warum Hanks so handelt, wie sie handelt, und einen Krieg anzustiften versucht, der verhindern würde, daß wir mit dem Schiff gemeinsame Sache machen. Oder es ist tatsächlich alles so simpel und dumm, wie ich vermute: Sie weiß einfach nicht, was sie mit ihren dreisten Aktionen so anstellt. Trotz jahrelanger Ausbildung und einer Woche direkten Kontakts mit den Atevi hat sie nichts begriffen… Jago-ji, Nadi.« Er wechselte die Sprache und drängte zur Eile, um nicht allzu lange auf sich warten zu lassen. »Was glauben Sie? Wie wird Yolanda kommen? Per Boot oder mit dem Flugzeug?«
»Allenfalls mit einem Boot, falls sie denn eins auftreiben konnte. Aber bei diesem Sturm…«
»Fraglich ist auch, ob sie überhaupt mit einem Boot umgehen kann. Bleiben Sie bitte in meiner Nähe.« Er kehrte ins Schaltzentrum zurück und steuerte geradewegs auf Ilisidi zu. »Nand’ Aiji-Mutter«, sagte er, »soeben erfahre ich von meinem Partner, daß seine Kollegin aus dem Schiff ihren Posten aufgegeben hat.« »Was soll das heißen?«
»Sie hat die Insel verlassen und sucht Zuflucht auf dem Festland. Wahrscheinlich kommt sie mit einem Boot. Wir wissen allerdings nicht, wann und wo sie aufkreuzen wird.«
»Und das steht in den Nachrichten, die Sie gelesen haben?«
»Nein, nand’ Aiji-Mutter«, antwortete Jason von sich aus. »Das ist mir schon vor Tagen in einem Telefongespräch mitgeteilt worden. Nand’ Bren hatte von alledem keine Ahnung. Ich wünschte…« Jason räusperte sich, um die Stimme zu festigen. »Ich wünschte, ich hätte schon vorher Bescheid gegeben. Es tut mir leid, nand’ Aiji-Mutter.«
»Die Nachricht war codiert, Aiji-ma«, erklärte Bren. »Darüber hätte weder die Sicherheit noch ich Aufschluß gewinnen können.«
»Na gut«, sagte Ilisidi, und obwohl scharfer Tadel zu erwarten war, ja, geradezu angemessen gewesen wäre, verzichtete sie darauf. »Nun…« sie lehnte sich auf ihren Stock, »in dieser Nacht voller menschlicher Geheimnisse und schwerwiegender Konsequenzen, die verrückt gewordene Umstürzler zu verantworten haben – was wird in dieser Nacht auf der Insel vor sich gehen, nand’ Paidhi? Was hat sich bereits zugetragen? Desaster? Oder gibt es Positives zu vermelden?«
Bren spürte, daß seine Hände wieder zu zittern angefangen hatten. Er wollte nicht auf seine Familienangelegenheiten zu sprechen kommen und ging fest davon aus, daß einer aus Ilisidis Personal die Nachricht inzwischen gelesen hatte, da sie ihm zur Verwunderung aller Jason Hals über Kopf in den Waschraum hatte folgen lassen.
»Ich bin sicher, daß man Yolanda aufzuhalten versucht, nand’ Aiji-Mutter.« Ihm blieb noch eine Quelle; er hatte sie von Shawn genannt bekommen und fand, daß es an der Zeit war, darauf zurückzugreifen.
Es war eine Verbindung im internationalen Telefonnetz, die er anzuwählen streng vermieden hatte, seit Beamte der nationalen Sicherheitsbehörde während seines letzten
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