Athyra
zusammen.«
Savn nahm ein Bad und wartete wie versprochen auf seine Schwester, dann zogen beide zu Tems Haus. Auf dem Weg unterhielten sie sich kaum, auch wenn es Savn einige Male so vorkam, als wollte Polyi etwas sagen oder fragen und überlegte es sich dann anders. Schließlich fing sie an, den »Schweinebauern« zu singen, und nach einer oder zwei Strophen fiel Savn mit ein, wobei er die männlichen in weibliche Pronomen änderte. Er hatte es lange nicht gehört und mußte über ein paar Strophen lachen, die hinzugekommen waren, seit er so alt war wie seine Schwester jetzt. Außerdem sang er ihr ein paar vor, die inzwischen offenbar in Vergessenheit geraten waren, und er freute sich, daß sie ihr gefielen.
Als sie bei Tems Haus ankamen, war Vlad nirgends zu sehen, aber dafür war die übliche mittägliche Menge dort versammelt, und Savn stellte fest, daß er von vielen merkwürdige Blicke zugeworfen bekam. Auch Polyi entging es nicht.
»Siehst du das?« fragte sie. »Wie die dich anglotzen? Sie fragen sich, warum du so viel Zeit mit diesem Ostländer verbringst.«
Savn schaute sich schnell um, aber in dem Augenblick sah ihn gerade niemand an. »Ach, wirklich?« fragte er.
»Ja.«
»Hmmm.« Er zuckte die Achseln. »Dann sollen sie sich doch fragen.«
»Und, was machst du mit ihm?«
»Ich lerne.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, äh, wie man Perlen im Wind fängt – nein, ich meine, Wasser im, äh – ach, ist egal. Ich lerne Sachen.«
Polyi runzelte die Stirn, konnte jedoch nichts erwidern, was Savn sehr gut in den Kram paßte. Rasch aß er seinen Salat auf, verabschiedete sich von seiner Schwester und machte sich auf zu Meister Wack.
Auf dem Weg fiel ihm auf, daß die Eindrücke nicht mehr so scharf waren wie am Abend zuvor. Er überlegte, ob dieses Gefühl wiederkehren würde, wenn er in der eigenartigen Kunst gewandter wäre, die er zu lernen begonnen hatte.
Der Meister war heute besserer Laune und bosselte in seinem kleinen Haus herum (das Savn vor einem Jahr, als er seine Ausbildung dort angetreten hatte, viel größer vorgekommen war) und verstreute dabei Abschnitte der Geschichte mit Erläuterungen über das Allgemeine wie auch das Besondere. Savn fragte sich, ob der Meister das Rätsel um Zaums Tod wohl gelöst hatte, aber dann fand er, wenn ja, würde der Meister ihm davon erzählen, wann er wollte, und wenn nicht, sollte er das Thema besser nicht zur Sprache bringen.
Und tatsächlich erwähnte Meister Wack es den gesamten Tag lang nicht, den Savn größtenteils damit zubrachte, das Haus sauberzumachen und dabei den Geschichten und Lektionen des Meisters zu lauschen – ein Zeitvertreib, der Savn ziemliches Vergnügen bereitete, auch wenn Meister Wack, wenn er einmal zu reden anfing, bald seine Zuhörer sich selbst überließ und weit über Savns Wissen und Verstand hinausging.
Er ist Vlad ganz ähnlich, dachte er und fragte sich, warum dieser Einfall ihn verstörte.
Gegen Ende des Tages ließ der Meister ihn die Fragen, Schlußfolgerungen und angemessenen Heilmethoden für diverse Magenverstimmungen aufsagen und wirkte mit Savns Antworten recht zufrieden, obwohl Savn eigentlich die stechenden Schmerzen in der Seite ausließ, sowie die Fragen, die auf eine Dosis Granatapfelkerne als Heilmittel zur Erleichterung bei Nierensteinen hinführten.
Meister Wack stellte sich vor Savn hin, der mit dem Rücken zur Feuerstelle auf einem Stuhl hockte; ein sachtes Feuer, das beinahe zu warm war, brannte dort. Als der Meister seine Erläuterung beendet hatte, fragte er: »Also, woran denkst du nun, Savn?«
»Meister?«
»Du hast den ganzen Tag schon etwas im Kopf. Was ist es?«
Savn runzelte die Stirn. Ihm war tatsächlich überhaupt nicht aufgefallen, daß er wirklich über etwas nachgedacht hatte. »Ich weiß nicht«, antwortete er.
»Geht es um unseren Freund Zaum?« forschte der Meister.
»Vielleicht.«
»Nun, darüber mußt du dir keine Sorgen machen, so oder so nicht. Ich weiß weiterhin nicht, woran er gestorben ist, aber ich habe die Suche auch noch nicht aufgegeben.«
Savn sagte nichts.
Meister Wack starrte ihn eindringlich an, als sehe er sich in seinem Schädelinneren um. »Was ist es dann?« fragte er.
»Woher weiß man, was man glauben soll?« fragte Savn, der sich mit dieser Frage selbst überraschte.
Meister Wack ließ sich ihm gegenüber nieder und lehnte sich zurück. »Na, das ist ja mal eine Frage«, sagte er. »Magst du mir erzählen, was sie ausgelöst
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