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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Savn.
    Vlad nickte, dann griff er nach einer Kette, die um seinen Hals hing, zögerte, biß sich auf die Lippe und nahm sie ab. Am Ende hing ein einfaches Schmuckstück, in dem sich anscheinend ein schwarzer Stein befand.
    »Was ist –«
    »Frag nicht«, sagte Vlad. Gleichzeitig ertönte oberhalb ein Flattern, als wären zwei oder drei sehr große Vögel aufgescheucht worden. Savn sprang erschrocken auf, doch Vlad schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, mach dir keine Sorgen.
    »Erinnerst du dich, wie wir uns neulich entspannt haben?« fragte er. »Also, das machen wir wieder, nur wird es diesmal ein völlig anderes Erlebnis sein.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Das wirst du sehen. Du wirst dich in deinem Zeitempfinden verwirrt fühlen, aber deshalb mußt du dir keine Sorgen machen.«
    »Na schön.«
    Erneut schloß er die Augen und ließ sich von Vlads Stimme durch jeden Muskel seines Körpers führen, die Spannung entschwinden, sie tiefer und tiefer fließen in den Boden unter ihm, bis er das inzwischen bekannte Schwebegefühl hatte, als gehörte er nicht mehr in seinen Körper – als stünde er außerhalb, weit weg und unbeteiligt. Dann sagte Vlad: »Du fühlst dich ganz warm und leicht – wie eine Luftblase, und du kannst überallhin. Ja. Denk, du bist eine Luftblase, die hintreibt, wo du willst. Nichts umgibt dich, und du bist leer. Spüre, daß du dich bewegen kannst wie es dir beliebt. Du bist entspannt und selbstsicher.«
    Ja, stimmte Savn zu. So werde ich mich fühlen. Ich will es, also tue ich es. Ist das nicht beeindruckend!
    »Nun«, fuhr Vlad fort, »sieh dich selbst, eine Blase aus Nichts, wie du abwärts durch den Boden treibst, durch die Gesteinsschichten, die du durchdringst, und mit jeder Schicht wirst du tiefer schlafen.«
    Ja, so will ich mich sehen; das mache ich, dachte er, und es schien, als sei sein Körper weit weg.
    »Nun öffne ganz langsam die Augen, und sieh mich an, aber steh nicht auf. Sieh mich an, und stell dir vor, ich bin dort bei dir – wir sind zusammen, zwei Luftblasen unter der Erde. Mit den Augen deines Körpers siehst du, daß ich ein kleines Stück Stoff festhalte. Jetzt stell dir vor, du bist ein Wind und streichst über den Stoff. Da, siehst du ihn flattern? Berühre ihn wieder und wieder. Streng dich nicht an; benutze deinen Willen. Spürst du die Textur des Stoffes, weich, ein wenig kalt, die deutlichen Webadern unter den Fingerspitzen deines Geistes? Noch einmal, ein kleiner Stoß. Ja, das warst du, du hast es gespürt.
    Nun werden wir uns, zwei Luftblasen, berühren. Hörst du meine Worte jetzt wie ein Echo, einmal laut gesprochen, einmal sanft geflüstert? Eins kommt kurz vor dem anderen, als würdest du die Zeit spüren, die der Klang zum Durchdringen deiner Ohren braucht, denn du fühlst diese Zeit jetzt, und du ignorierst sie nun absichtlich, so daß diese Klänge, beide von meiner Stimme, beide genau gleich, sich vereinen; sie sind stark, verstärken einander. Und nun hörst du nur noch das Flüstern, und ohne einen Ton zu machen flüstere zu mir zurück, allein mit deinen Gedanken – du bildest Wörter, und du übergibst sie mir, als legtest du mir eine Feder in die Hand, aber dein Mund und deine Zunge rühren sich nicht. Sag mir nun auf diese Weise, daß du mich hören kannst.«
    »Ich kann dich hören«, sagte Savn ehrfürchtig, aber diese Ehrfurcht war nur fern und vage, die Umkehrung eines Traumes, als wäre es normal, nichts Besonderes, dabei wußte er irgendwie, daß es bemerkenswert sein würde, wenn er erwachte.
    »Und ich kann dich hören«, erwiderte Vlad. »Du wirst dich an dieses Gefühl erinnern, wie mein Geist den deinen berührte, und du wirst es jederzeit wieder herbeirufen können.«
    »Ja«, sagte Savn. »Ich werde mich daran erinnern.«
    »Nun beginnen wir, uns wieder durch den Boden zu erheben, und mit jeder Schicht erwachst du langsam. Du kommst zurück, näher und näher; du spürst deine Gliedmaßen wieder, und du weißt, sie gehören zu dir, und du hörst meine echte Stimme in deinen echten Ohren, und mit diesem Klang erwachst du, erinnerst dich an alles, was geschehen ist, fühlst dich ausgeruht, wach und sicher.«
    Savn blinzelte und fühlte sich, als würde er die Augen öffnen, obwohl sie offen waren. Er sagte: »Ich fühle mich … komisch. Wieviel Zeit ist vergangen?«
    »Ungefähr eine halbe Stunde.«
    »Eine halbe Stunde?« Savn nahm sich einen Moment, um es zu überprüfen, dann fragte er: »Habe ich dieses Stoffstück

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