Athyra
wirbelte ihn zum Abkühlen herum.
»Auf geht’s«, sagte er zu den Jheregs. Die beobachteten ihn stumm.
Savn hielt das Stück an die Wunde, zog die notdürftige Röhre ab und presste so schnell er konnte das Tuch an deren Stelle.
Vlad stöhnte auf, schlug zum Glück aber nicht um sich. Savn beobachtete seine Brustbewegungen, doch sie blieben gleichmäßig. Er hielt das Stoffstück fest und nahm ein paar längere Streifen, um sie um Vlads Körper zu wickeln.
Ein Problem, das er nicht bedacht hatte, war, wie schwierig es war, den Stoff unter dem Ostländer herzuziehen, ohne dabei das Stück von der Wunde zu verlieren, die dann die Höhle des Herzens öffnen würde, und dann müßte er alles abermals machen. Am Ende mußte er es ganz kurz loslassen, doch glücklicherweise schien das Wachs es auf Vlads Haut zu halten, bis Savn den Stoffstreifen unter seinem Körper durchgezogen hatte. Er legte ihn sorgfältig an, knotete ihn dem Ostländer dann fest um den Bauch und sorgte so dafür, daß das Wachsstück an Ort und Stelle blieb. Dann wickelte er zur Sicherheit noch zwei Streifen um Vlad, so fest er nur konnte.
Er atmete aus, als hätte er die ganze Zeit die Luft angehalten, und sagte: »Ich kann nicht glauben, daß ich es geschafft habe.« Danach stand er auf und taumelte zu einem Baum, an den er sich anlehnte. Er merkte, wie seine Hände zitterten. So ein Quatsch. Warum zitterten die jetzt, wo alles in Ordnung war? Na, jedenfalls haben sie vorhin nicht gezittert.
Der kleine Jhereg fauchte ihn böse an. Anscheinend starrte er eindringlich auf Vlads linkes Bein, wo Blut durch das Hosenbein gesickert war.
»Oh«, sagte Savn erschöpft. »Ja. Na, so doll kann er nicht bluten, sonst wäre er schon tot.« Der Jhereg fauchte Savn wieder an. Der seufzte und ging zu Vlad hinüber, schlitzte das Hosenbein auf und klappte es zurück, um die Wunde freizulegen, die immer noch blutete, wenn auch nicht übermäßig. Er ließ etwas Wasser darüberlaufen, damit er mehr erkennen konnte, und weil Wasser immer gut war, um die Fieberkobolde von einer Wunde zu bannen.
Der kleine Jhereg starrte Savn an, als erwartete er einen Bericht über diese Untersuchung. »Der Schnitt selbst ist kaum tief«, sagte er in Meister Wacks Tonfall, »dennoch wird eine Narbe bleiben, vom Knie bis an den Knöchel, und wir brauchen jede Menge Stoff, um sie zu bedecken. Hoffentlich habe ich genug«, fügte er zu sich selbst hinzu. Dann merkte er, wie blutig das Wasser war, und nahm sich vor, einen Bach zu suchen, um so bald er konnte frisches Wasser zu besorgen.
Vlad redete weiter mit sich selbst. Savn schaute nach, ob seine Atmung in Ordnung war und sein Hals gerade, dann machte er sich daran, die restliche Decke in Streifen zu schneiden, wobei er sich fragte, warum der Hals so komisch abgestanden hatte und wieso er jetzt wieder normal war. Da müßte er mal Meister Wack fragen.
Meister Wack wäre zweifellos der Ansicht, daß der heutige Tag wohl mit dem Erlernen der zukünftigen Tätigkeit verbracht wurde, doch Savn hatte nicht die Absicht, ihm davon zu berichten.
Er sah sich Vlad ein letztes Mal an. Soweit er erkennen konnte, ging es dem Ostländer vorerst gut; er hatte sogar mit dem Gemurmel aufgehört. Einen Augenblick lang starrte Savn ihn nur so an, erstaunt, wie jemand, der vor so kurzer Zeit noch im Sterben lag, nun anscheinend friedlich schlummern konnte, als fehlte ihm überhaupt nichts. Unerklärlicher Ärger stieg in ihm auf, als verspottete Vlads augenscheinliche Gesundheit all seine Mühen. Dann schüttelte er den Kopf.
»Ich werde nie begreifen, wie die Menschen zusammengesetzt sind«, flüsterte er.
Sie kauerte auf einem der dicken unteren Äste eines freundlichen Ahornbaumes und beobachtete ihren Partner, wartete auf das Signal zum Töten, doch es kam nicht.
Mit der Schlacht vorhin war sie nicht unzufrieden, doch als der Versorger verletzt wurde, hatte ihr Partner geschrien, als hätte er selbst die Wunde erlitten. Sie wünschte, sie könnte verstehen, worum es in dem Kampf ging, denn niemand schien ein Interesse daran gehabt zu haben, andere zu fressen, aber daran hatte sie sich schon gewöhnt. Außerdem wünschte sie, ihr Partner würde sich ein für allemal entscheiden, ob dieser Weiche da unten nun Freund oder Feind war.
Ihr Partner beobachtete ihn weiter, und sie spürte seine Stimmungen – bald Mißtrauen, bald Belustigung, bald etwas Ähnliches wie Zuneigung, aber nie ein fester Entschluß. Ungeduldig peitschte sie mit
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