Athyra
sagte die ersten Wörter seit sie aufgebrochen waren: »Norska war gebraten worden.«
Auch Savn roch es und unterdrückte ein Kichern. Soviel dazu, daß der Qualm nicht nach draußen dringt. »Hier entlang«, sagte er und führte Fird in die Höhle. »Kannst du Licht machen?«
Fird grunzte, und ein weiches rotes Licht erfüllte die Grotte. Sie durchquerten die erste, größere Kammer, und Savn schlug zielstrebig den richtigen Weg in die nächste große Kammer ein. Hier überraschte ihn, obwohl er eigentlich damit gerechnet hatte, das Flügelschlagen, als die Jheregs vor ihnen auftauchten. Fird erschrak, und sein Zauberlicht flackerte einen Augenblick, bis Savn sagte: »Ist schon gut, die tun uns nichts.« Fird wirkte nicht überzeugt, sondern hatte immer ein Auge auf die Jheregs und ein kleines Messer in der Hand.
Die Tiere flogen kurz vor dem Höhleneingang herum, dann verschwanden sie.
»Kann östliche Zauberei Aasfresser zahm machen?« fragte Fird.
»Sieht so aus«, erwiderte Savn.
Firds Mundwinkel zuckten. »Dann weiter voran.«
Und so ging es weiter, Fird duckte sich unter Bögen, die Savn aufrecht durchqueren konnte, und bald sahen sie das Flackern von Fackeln.
Savn rief: »Vlad? Ich bin’s, Savn. Fird, der Obstverkäufer, ist bei mir.«
Von vorne ertönte ein Rascheln, und im fahlen Licht sah Savn, wie Vlad sich umdrehte. »Gut«, sagte er krächzend.
»Wie geht es dir?«
»Schwach. Aber etwas besser, glaube ich.«
»Toll.«
»Tut mir leid, daß ich unsere Verabredung verpaßt habe, Fird. Gut, daß du die Nachricht hast.«
Fird beobachtete Vlad sorgfältig. Er sagte: »Nachricht war angekommen, aber nicht was, sondern wie war fraglich.«
»Ist das denn von Bedeutung?«
»Zauberei ist den Ostländern, mir nur Verwunderung, was sonst noch daraus war oder wird.«
»Zumindest«, antwortete Vlad, »wird dir dadurch eine gewisse Menge Gold zuteil, als Entlohnung für Antworten auf ein paar Fragen. Warst du schon mal –« Er brach ab und schaute Savn an.
»Soll ich lieber gehen?«
»Bitte«, sagte Vlad. »Tut mir leid, aber mir wäre es lieber, wenn niemand mithört.«
Savn zuckte die Achseln, als sei es ihm gleich, und verließ mit einer der Fackeln in der Hand die Höhle. Zu seiner Überraschung kam ihm der größere der Jheregs hinterher. Und noch überraschter war er, weil es ihn nicht länger erschreckte. An einer bequem aussehenden Stelle vor der Höhle machte er die Fackel aus und lehnte sich an einen Baumstamm. Der Jhereg hockte sich auf einen der unteren Äste des gleichen Baumes.
Savn sah zu ihm auf, und das Tier schaute zurück, als solle Savn die Unterhaltung beginnen. »Ich wüßte gerne«, sagte Savn folgsam, »worüber die da drinnen reden.«
Der Jhereg starrte ihn mit reglosen Reptilaugen an.
»Und wo wir gerade dabei sind«, fuhr er fort, »ich wüßte auch gerne, wie dicht die Suchtrupps schon an diesen Höhlen sind. Wenn ich wüßte, wieviel Zeit uns noch bleibt, könnte ich – na ja, ich weiß nicht, was ich tun könnte. Aber ich wüßte es halt gerne.
Und wo ich schon die Fragen stelle, was genau hat Vlad mit Mä und Pä gemacht? Ich weiß, ich weiß. Er hat sie mit einem Zauber belegt.«
Stirnrunzelnd betrachtete er die Erde zwischen seinen Füßen. Seit letzter Nacht war ihm klar, daß Vlad sie verhext hatte, aber es dauerte so lange, bis diese Tatsache ihm in Mark und Bein überging. Das war eine so böse Sache, wenn man sie mit anderen machte – wenn man durch Zauberei jemandem die Augen umwölkt, die Gedanken dämpft –, daß er es sich nur als etwas erklären konnte, das der Ostländer getan hatte, als er hilflos hunderte Meter tief in einer Höhle lag.
Und der Gedanke, daß Mä und Pä sogar jetzt noch unter dem Einfluß dieser Beschwörung lagen, wie sie auch aussah, die Vlad gesprochen hatte, war seinen Gefühlen so vollkommen fremd, daß er nicht wußte, wie er damit umgehen sollte. Der Zorn, der naturgemäß die Antwort darauf wäre, wollte einfach nicht entstehen.
Er versuchte, sich vorzustellen, wie er dem halbtoten Vlad gegenübertrat und ihn dafür ausschimpfte, aber der Gedanke kam nicht zustande. Dann überlegte er, ob er nichts tun sollte, bevor es Vlad nicht besser ging, aber auch das schien nicht richtig.
»Was würdest du tun?« fragte er den Jhereg.
Der steckte den Kopf unter einen Flügel und putzte sich, dann machte er es sich auf dem Ast bequemer und schaute sich mit, wie Savn sich einbildete, milder Neugier um.
»Also, worauf warte ich?
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