Athyra
ich ihnen nicht viel Unterhaltung bieten. Aber auch, wenn sie mich nicht finden, muß ich mir etwas einfallen lassen.«
»Weswegen?«
»Wegen Loraan natürlich. Entschuldigung, ich meine Baron Kleineklippe.«
»Oh.«
Inzwischen war das Essen fertig. Polyi machte eine Katzenwäsche, suchte die Höhle auf, die als Toilette diente, und kam zu ihnen. Sie wirkte immer noch erschöpft. Schweigend aßen sie, nicht einmal der Eintopf wurde gelobt (der, wie befürchtet etwas zu süß war), aber Savn mochte ihn, auch wenn er nicht so aufregend schmeckte wie der gebratene Norska neulich.
Sie mußten sich die Schalen teilen, denn Savn hatte ja nur zwei mitgebracht, aber sie verputzten alles. Als sie die Knochen und Reste an die Jheregs weitergegeben hatten, ruhte Vlad sich eine Weile aus. Savn fand, er sah immer besser aus, beschloß aber, ihn nicht ohne Aufsicht zu lassen, bis er sicher war, daß es keinen neuerlichen Rückfall gab.
Polyi, die wie üblich als letzte fertig wurde, beobachtete den ruhenden Vlad. Savn fragte sich, was sie denken mochte, und die Antwort bekam er, als sie fragte: »Was meintest du, als du gesagt hast, du willst nicht mehr arbeiten?«
Vlad machte die Augen auf. »Wie bitte?«
»Als du Fieber hattest, da hast du gesagt, du willst nie mehr arbeiten, nie mehr, und du hast es bei Verra geschworen. Vielleicht hast du auch geflucht, ich weiß es nicht.«
Vlad schaute Savn vorwurfsvoll an, der fragte: »Wann hat er das gesagt, Polyi?«
»Als wir gesungen haben.«
Savn wandte sich an Vlad: »Ist mir nicht aufgefallen«, sagte er.
»Ich meinte nur«, erklärte Vlad, »daß ich im Grunde ein ziemlich fauler Kerl bin. Was habe ich noch gesagt?« Der Ostländer starrte Polyi an, und Savn spürte, wie eindringlich er war.
»Laß das«, sagte er.
Vlad drehte sich um. »Wie bitte?«
»Ich sagte, laß das.«
»Was denn?«
»Was immer du mit ihr tun wolltest.«
Der Ostländer wirkte ehrlich verwirrt. »Ich hatte doch gar nichts vor; wovon redest du da?«
»Du wolltest sie mit einem Hexenzauber belegen.«
»Nein, wollte ich nicht. Wieso glaubst du das?«
»Ich habe gesehen, wie du sie angeschaut hast, und ich weiß, was du mit Mä und Pä getan hast.«
»Oh«, sagte Vlad sanft. Sein Gesicht regte sich nicht, nur die Augen wirkten betrübt, als er Savn anschaute.
»Was?« rief Polyi und stand auf.
Verdammt, meine große Klappe, dachte Savn. Er trat zwischen sie und Vlad und sagte: »Warte –«
»Was hat er mit ihnen gemacht?«
»Woher wußtest du es?« fragte Vlad kleinlaut.
Savn ignorierte ihn, griff seine Schwester an den Schultern und sagte: »Polyi, bitte –«
»Wie lange weißt du es?« fragte sie.
»Ich hab es gestern gedacht, als wir heimgingen, aber ich war mir nicht sicher.«
Sie wollte sich losreißen, doch Savn war stärker. Er sagte: »Warte, Polyi. Hören wir doch erst mal, was er zu sagen hat.«
Vlad fing abrupt zu lachen an. Polyi hörte sich zu wehren auf und starrte ihn an. Savn ebenso. »Was ist denn so lustig?« fragte er.
»Ich bin fast versucht«, sagte Vlad lachend, »dir zu sagen, laß sie los. Nach allem, was ich getan habe, mag ich die Ironie in dem Gedanken, am Ende dem Zorn eines Tecklamädchens zum Opfer zu fallen. Und sie sollte es jetzt auch tun. Zumindest«, setzte er hinzu, »wäre es nicht morganti.«
Savn spürte, wie sich ihm bei dem Wort der Magen umdrehte. Gleichzeitig merkte er, wie die beiden Jheregs Polyi mit offensichtlicher Eindringlichkeit anschauten, und er erinnerte sich daran, daß sie giftig waren – gewiß war es besser, wenn Polyi von Vlad ferngehalten wurde, selbst wenn der, wie er sagte, »fast versucht« war.
Der Ostländer redete weiter: »Wie dem auch sei, ich habe nicht versucht, deine Schwester zu verhexen. Alles, was ich wollte, war, sie höchstens ein wenig einzuschüchtern.«
»Warum sollte ich dir glauben?« fragte Savn.
»Tja, warum?« erwiderte Vlad. »Zumindest habe ich nicht geleugnet, was ich mit euren Eltern gemacht habe.«
»Nein, aber du hast über alles sonst gelogen.«
Vlad schüttelte den Kopf. »Nur ganz wenig«, sagte er. »Meistens habe ich Antworten verweigert, weil es mir nicht gefällt, wenn ich dich anlügen muß. Aber ich werde es tun, wenn es mir Leib und Seele erhält.«
Als er das sagte, wurde seine Stimme härter, doch Savn ließ sich davon nicht abschrecken. »Warum hat es dich am Leben erhalten, daß du Mä und Pä verzaubert hast?«
Vlad schaute seufzend weg. »Ich bin nicht sicher, daß es
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