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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Stimme. »Komm, hör dem Gesang zu, dann kannst du mir dabei helfen. Ich fächle Luft, du hältst das Tuch auf seiner Stirn feucht, und wir heilen ihn gemeinsam.«
    »Ist gut«, sagte Polyi.
    Da stöhnte Vlad leise auf und murmelte etwas. Polyi sagte etwas. Savn schaute sie an und meinte: »Wir hören nicht auf die Fieberphantasien jener, die uns anvertraut sind.« Dann fuhr er mit dem Gesang fort. Seine Schwester stimmte ein.
    Viele Stunden später, als beiden die Stimmen dünn und rauh geworden waren, als Savn erschöpfter war als je zuvor, als er Angst hatte, sein Arm könne Vlads Kopf nicht mehr halten, berührte er dessen Stirn und stellte fest, daß sie kühl war.
    »Du kannst aufhören, Polyi«, sagte er.
    Sie sang weiter, verhaspelte sich kurz, wurde langsamer und langsamer, bis sie schließlich wie eine abgelaufene Aufziehpuppe verstummte. Mit leerem Blick schaute sie ihn an, als könne sie die Stille nicht fassen. Vielleicht haben sie noch etwas gesagt – Savn erinnerte sich später, daß sie einander umarmten, aber genau wußte er es nicht. Nur, daß er, gleich nachdem die plötzliche Stille durch die Höhle hallte, fest eingeschlafen war.
     
    Als er erwachte, unterdrückte er zuerst einen Schrei und sah zu Vlad hinüber. Dann wurde ihm klar, daß er nur geträumt hatte, er sei eingeschlafen, obwohl Vlad noch in Lebensgefahr schwebte, und er entspannte sich. Der Ostländer schlief, aber er hatte eine gesunde Farbe, und die Stirn war kühl, wenn auch etwas klebrig.
    Als nächstes schaute er nach, ob es Polyi gut ging. Sie schlief noch (oder vielleicht auch wieder). Er hätte gerne einen Tee gehabt. Dann sah er neben dem Feuer einen toten Norska liegen. Er schaute zu den beiden Jheregs hinüber, die davorstanden und das Tier entweder bewachten oder damit prahlten, und sagte: »Und jetzt soll ich es wahrscheinlich häuten und braten, was? Haben wir das nicht alles schon hinter uns? Zum Glück für euch habe ich einen Kochtopf, denn ich will kein Risiko eingehen, daß man den Braten wieder riecht.«
    Der kleinere Jhereg hüpfte zu ihm herüber, sprang ihm lässig auf den Arm und leckte ihn am Ohr. Savn fragte sich, warum ihn das nicht erschreckte, und darüber hinaus, woher der Jhereg es wußte.
    Er fachte das Feuer an, zog den Norska ab und legte ihn in den Topf mit Wasser und wahrscheinlich zuviel Dreijahreszeiten-Gewürz. Aber warum nicht; vielleicht wurde der Eintopf davon etwas süß, aber er bliebe trotzdem eßbar. Der Geruch weckte Polyi und fast gleichzeitig auch Vlad.
    Savn merkte, daß der Ostländer wach war, weil die Jheregs unvermittelt mit dem Kauen am Norskafell aufhörten und neben seinem Kopf landeten. Savn ging hinterher, kniete sich hin und fragte: »Wie geht es dir?«
    Vlad blinzelte, räusperte sich und fragte: »Was habe ich diesmal gesagt?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Savn. »Du klingst kräftiger als gestern.«
    »Wirklich? Ich glaube, ich fühle mich auch etwas besser. Wie seltsam.«
    »Hat Fird dir etwas getan?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Er hätte wohl nichts machen können, das ich nicht bemerkt hätte, und er wirkte auch nicht wie einer, der überhaupt etwas im Schilde führt. Nein, ich denke, es ist einfach so gekommen.«
    »Du klingst wirklich besser.«
    »Danke. Ich habe echt nichts gesagt?«
    »Ich habe nicht zugehört. Was hatte Fird hier eigentlich zu suchen?«
    »Er gab mir Informationen, um die ich ihn gebeten hatte, und ich habe ihn bezahlt.«
    »Oh. Hoffentlich hat es sich gelohnt.«
    Vlad lachte matt: »Oh, ja, das hat es.«
    Savn rührte schnaubend den Eintopf um, dabei schwappte etwas über, ließ das Feuer zischen, und dicker Rauch stieg ihm in die Augen. Er wischte ihn fort und trat zurück. Dann goß er etwas Wein dazu, denn der konnte ja nicht schaden, und er erinnerte sich an Vlads Bemerkungen vom letztenmal.
    Dann schaute er ihn an, inzwischen hatte er sich selbst aufgerappelt und saß an die Wand gelehnt, schwer atmend und mit geschlossenen Augen.
    »Stell dich nur nicht so an«, sagte Savn leise.
    »Hm?« machte Vlad.
    »Nichts. Ruh dich jetzt aus, ich wecke dich, wenn das Essen fertig ist.«
    »Danke, aber ich möchte wach bleiben. Ich muß nachdenken.«
    »Hast du Angst, sie finden dich?« Er fand, der Eintopf roch nicht so stark wie der gebratene Norska, und er hoffte, diesmal würde der Geruch sich nicht nach draußen schleichen können.
    »Suchen sie noch?« fragte Vlad.
    »Ja.«
    »Hmmm. Na, das gehört dazu. Wenn sie mich jetzt fänden, könnte

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