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Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher

Titel: Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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zwei Gestalten, die völlig unbewegt am Rand der chaotischen Szene standen. Es waren der Dicke und die Frau in Weiß. Ihr Kleid klebte durchsichtig vor Nässe an ihrem Leib und unterstrich jede Kontur. Einen Arm hielt sie erhoben, wie ich es vor langer Zeit bei der Freiheitsstatue von New York gesehen hatte. Aber dem Arm fehlte die Hand.
    Vor der Frau stand der übergewichtige Koloss, leicht gebeugt, die kurzen Arme auf die runden Knie gestützt. Etwas mit seinem Gesicht stimmte nicht – es war nicht mehr da , an seiner Stelle klaffte ein unmöglich weit aufgerissenes Maul.
    Er bläst. Er hat diesen Sturm entfacht , informierte mich der Logiksektor.
    Ich brauchte einen Augenblick, um diese Einsicht anzunehmen. Die beiden Vorstellungen – der überschwere Mann, der wie eine Buddhastatue still stand, und das wirbelnde Durcheinander passten nicht zusammen.
    Ich zog meine Waffe und stellte sie auf Betäubung. Ihr Einsatz als Thermostrahler hätte zu viele Passanten gefährdet, unter Umständen sogar Tipas Leute. Den Dicken im Visier, begann ich zu laufen. Und schoss.
    Aber ich traf nur eine Hand, die verlorene Hand der weißen Frau, die sich zwischen mich und den Windbläser geworfen hatte, ohne dass ich irgendetwas von ihrem Anflug bemerkt hätte. Sie fing, die Finger gespreizt, den Schuss ab. Ohne anzuhalten stellte ich die Waffe mit dem Daumen auf Thermobetrieb um, schoss erneut und traf – diesmal mit voller Absicht – die Hand. Sie glühte auf. Ich erwartete, dass sie von dem Treffer zerstört würde, aber sie hielt dem Schuss stand. In diesem Moment riss mich etwas von den Beinen und warf mich durch die Luft, ein Faustschlag, der den ganzen Körper traf.
    Der Sturmmacher , kommentierte der Logiksektor. Instinktiv rollte ich mich im Sturz zusammen, um dem nächsten Schlag weniger Angriffsfläche zu bieten und den Aufprall besser zu überstehen.
    Der nächste Stoß traf mit ungeheurer Präzision die Waffe und riss sie mir aus der Hand. Dann schlug ich inmitten von durcheinander hastenden Leuten auf. Sofort sprang ich auf die Beine und orientierte mich.
    Die Hand schwebte über den Passanten und zog Kreise wie ein Raubvogel, der seine Beute suchte. Sie fand ihre Beute dort, wo Tipas Sänfte lag, und nahm Fahrt auf.
    Obwohl ich keine Waffe mehr hatte, begann ich zu laufen.
    Ich sah, wie sich der kleinwüchsige Vavame der rasenden Hand in den Weg warf, wie die Hand sich zur Faust ballte und wie sie, statt dem Vavamen auszuweichen, was bei ihrer Wendigkeit kaum eine Verzögerung bedeutet hätte, seinen Brustkorb durchschlug.
    Dann war sie bei Tipa.
    Aber die Hand packte nicht Tipa, sondern einen der epsalischen Träger im Nacken und hob die massige Gestalt, die sicher über zweihundert Kilogramm wog, wie ein Kaninchen hoch. Der Epsaler strampelte mit Armen und Beinen und rief etwas, was ich in dem Tumult nicht verstand.
    Die Hand zog ihn noch höher. Der Epsaler löste sich auf.
    Der Sturm hatte aufgehört. Ich sah mich um. Der Bläser und die weiße Frau waren verschwunden.
    Alle fort in einem Gleiter unter Deflektorschirm , schloss mein Logiksektor.
    Ich lief auf Tipas Gruppe zu.
    Im Hintergrund sah ich, wie Kampt Ruyten auf die Beine kam und sich zusammen mit den übrigen Epsalern an der Sänfte zu schaffen machten. Tipa war in guten Händen.
    Ich beugte mich über den Vavamen, der reglos auf dem Boden lag, während seine Augen die Umgebung betrachteten. Aus, keine Chance mehr , diagnostizierte mein Extrasinn und forderte: Halte dich nicht auf, verfolge die anderen!
    Unsinn , dachte ich. Bis ich beim Gleiter bin, sind sie im Orbit oder sonstwo. Und wer über derart leistungsfähige Deflektorschirme verfügt, hat auch einen Ortungsschutz.
    Die rasende Hand hatte den Bauchbereich des Vavamen durchbrochen und dabei die Schlagader zerrissen. Ich beugte mich über den Sterbenden. Er musterte mich aufmerksam, dann erloschen seine Augen.
    Mit einem einzigen Satz auf ihrem Stock war Tipa bei mir. Ich richtete mich auf und sagte mit einem Blick auf die zwergenhafte Leiche: »Armer kleiner Kerl.«
    Tipas entgegnete: »Zanderleen war kein kleiner Kerl. Er war ein großer Mann. Du solltest nicht immer auf Äußerlichkeiten achten.« Tipas Augen blickten so klar, als hätte jemand einen grauen Schleier fortgezogen. Sie schauten jung, stark und zornig.
    Wir standen ratlos dar. Aus dem Lokal klang schwach wie ein verhallendes Echo ein Lied, ein weit entfernter, betrunkener Chor sang:
     
    Ich will nach Haus, will Vircho

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