Atlan 01 - Lepso 01 - Totentaucher
USO, Rhodan und mir freundlich gesinnt war, eine solche Welt war Lepso nicht.
Und der Tag, an dem ich auf Lepso sterben würde, hätte gute Chance, vom SWD – oder seiner Handpuppe, dem Thakan – als Nationalfeiertag ausgerufen zu werden: »Meine Damen und Herren, verehrte Intelligenzwesen dieser Galaxis und der angrenzenden Sternenregionen: Versäumen Sie nicht, auch in diesem Jahr den ATLAN-Gedenktag auf Lepso zu verbringen. War es doch hier, dass der Lordadmiral am 1. März 3102 zu seinen arkonidischen Ahnen gerufen wurde. Nicht enden wollende Lustbarkeiten und unvorstellbare Vergnügungen garantiert!«
»Träumst du, alter Mann?« fragte Rhodan und nippte vom Orangensaft.
Decaree hatte ihre schmale Hand auf meine Schulter gelegt. Ich schüttelte sie sanft ab. Der Tod war für Rhodan ein elendes Thema. Er hatte einst eine Familie gehabt, eine Frau, Mory, und zwei Kinder, Suzan und Michael. Und er hatte sie verloren, alle, der Reihe nach. Michael – der wunderbar verrückte, eigensinnige Michael, der es liebte, in der Maske des Freihändler-Königs Roi Danton aufzutreten – Michael war nun bereits seit über 660 Jahren tot, gefallen im Dolan-Krieg; Mory und Suzan waren vor 171 Jahren beim Panither-Aufstand von 2931 getötet worden. Und sein erster Sohn, Thomas Cardiff, den er mit der Arkonidin Thora hatte – manchmal schien etwas wie ein Fluch über der Rhodan-Familie zu liegen.
Als müssten die, die ihm am nächsten stehen, für seine kosmische Karriere zahlen …
»Ja«, antwortete ich, »manchmal träume ich. Aber du willst nicht wissen, wovon, oder?«
Er schüttelte lächelnd den Kopf.
»Nicht heute. Gelegentlich können wir uns ja über unsere Träume austauschen, Arkonidenfürst. Immerhin: eine gute Nachricht, dass die Nachricht von Lepso nur eine Medienente ist. Aber du schaust dir die Sendung trotzdem an, ja?«
»Natürlich«, erwiderte ich, »alle Arkoniden liegen doch, wenn man nicht aufpasst, meist tagelang vor den Fiktivspiel-Monitoren, glotzen, verdummen und schlaffen ab, weißt du das nicht mehr?«
Rhodan blickte an mit vorbei, Decaree in die Augen.
»Sie passen auf, dass er nicht abschlafft, ja?«
»Er wird sich hüten«, lachte sie.
LepsoLive – denn das Leben ist nicht zu überbieten
Der Topsider Chrekt-Chrym lag tief in der Schlafmulde; sein kräftiger Stützschwanz ruhte in der Senke der Bettmitte, sein Oberkörper bäumte sich auf und wälzte sich hin und her. Das echsenähnliche Wesen träumte.
Chrekt-Chrym träumte den selben Traum, der ihn verfolgte, seit sein Bewusstsein wenige Jahre nach dem Schlupf unter der Doppelsonne Orion-Delta erwacht war, unter dem weißen Licht der einen und dem violetten Licht der anderen Sonne.
»Das Höhere gibt dem Niederen Sinn«, erklärte eine Stimme von weit her, »das Sinnlose erniedrigt das Hohe. Das Höchste von allem ist die Ganzheit.« Erster Satz der sozialen Weisung.
Er war eines von drei Männchen im Gelege seiner Mutter gewesen; zwei Weibchen. Die Hälfte der Männchen stirbt. Er war der Schwächste.
»Stärke das Starke. Wer das Schwache stärkt, schwächt die Ganzheit.« Zweiter Satz der sozialen Weisung.
Seine Mutter hätte ihn sterben lassen sollen. Denn seine Brüder waren stark. Aber sie schwächte die Ganzheit, die Ganzheit des Geleges, die Ganzheit des Ganzen. Sie stärkte ihn.
Warum?
Chrekt pfiff klagend. Ein schwerer Traum.
Seine Gelegebrüder erkannten seine Schwäche. Und sie schützten ihn. Tkohhr-Chrym ließ sein Leben für ihn, als es Gelege gegen Gelege ging.
Der starke Tkohhr starb. Chrekt-Chrym überlebte.
Er träumte von der Sonne. Schon als Junges träumte er von diesem Riesengestirn, dieser Sonne fern von Orion-Delta und seiner Heimatwelt Topsid.
Er träumte, er stände in der Zentrale eines topsidischen Schiffes. Er sah das Schiff von innen und von außen zugleich: Der schlanke Leib des Schweren Kreuzers war über 300 Meter lang; aus den vier Triebwerksgondeln traten Impulsstrahlen aus und beschleunigten den Riesen. In der Mitte des Schiffsleibes befand sich die Kommandokugel, die fast 50 Meter durchmaß – ein elegantes, zweckmäßiges Schiff, ausbalanciert und kräftig.
Chrekt-Chrym stand in der Zentrale. Der Transitionsoffizier las die Zahlenkolonnen auf dem Monitor des Rechners mit. Es waren die Daten, die die Rebellen von Ferrol ihnen gegeben hatten. Nein: Es waren Daten, die die angeblichen Rebellen Chren-Tork zugespielt hatten. Chren-Tork saß in der Zentrale. Chrekt-Chrym rief:
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