Atlan 02 - Lepso 02 - Die acht Namenlosen
Mann, der die Gelegenheit beim Schopf ergreift. Ich kann ihn verstehen. Sein Khasurn hat finanzielle Unterstützung dringend nötig.«
»Das Geld schmerzt mich nicht so sehr wie die Befürchtung, dass sich die verlorene Zeit fatal auswirkt. Ich beobachte ständig die Wiedergabe der Vitalwerte des Patriarchen, wenn ich mich in der Medostation aufhalte. Sie verschlechtern sich kontinuierlich. Er hat seine eigene Erzählweise. Ich befürchte, er wird sterben, ehe er zum Ende kommt.«
Weil Ohm nach wie vor nicht gestattet wurde, den Raum zu verlassen, hatte ich mich bei Zimral da Onur, dem ungehobelten jüngsten Sohn des Patriarchen, mit Nahrungsmitteln und Getränken ausgestattet. Mit Zimral hatte ich auch über die Höhe der finanziellen Unterstützung verhandelt, die die USO dem Khasurn der da Onur zukommen lassen musste.
Ohm griff herzhaft zu. »Es steht eine weitere Frage im Raum, über die wir sprechen sollten, solange du hier bist. Was geschieht mit Flakio Tasamur?«
»Ich fürchte, dass es sehr ungemütlich für ihn wird – oder bereits ist. Zimral deutete mit unverhohlener Freude an, dass Gerik ihn verprügelt hat.«
Ohm legte die Hälfte eines gebratenen Vogelschlegels zurück auf den Teller. »Glaub mir, ich mag Tasamur wirklich nicht.«
Diese Feststellung hätte mich fast zum Lachen gebracht.
»Aber dürfen wir es zulassen, dass er gefangen gehalten wird, nur damit er irgendwann zu Tode gefoltert wird? Genau das war Penzar da Onurs Absicht. Er wollte seinem Mörder keinen schnellen Tod gönnen.«
»Es ist barbarisch«, stimmte ich zu. »Er sollte zumindest vor Gericht gestellt werden.«
Wir schauten uns an und sagten zugleich: »Dann schicken sie ihn zurück in die Schweißöde.«
Darüber mussten wir kurz und heftig lachen, die Anspannung der letzten Zeit entlud sich wirkungsvoll.
»Aber es gibt keine Möglichkeit, zu verhindern, dass sie ihn umbringen.« Nicht solange wir auf das Wohlwollen des Patriarchen angewiesen waren. Jede gewaltsame Befreiungsaktion verbot sich von selbst. Dann fiel mir doch eine Lösung ein, wie wir sein Schicksal etwas erträglicher gestalten konnten: »Ich werde das USO-Geld in die Waagschale werfen …«
Einen Versuch wäre es wert.
Wieder erschien der junge Zimral passgenau – der endgültige Beweis dafür, dass er jedes unserer Worte belauschte. Er trug rituelle Trauerkleidung, was gar nicht zu seinem bisher zur Schau gestellten aufmüpfigen Wesen passte. Ich sprach ihn darauf an.
»Seit Vater Ihnen Geld abgerungen hat, ist meine Bewunderung für ihn gestiegen«, lautete die lapidare Antwort. »Ich erwäge, ob es nicht positive Seiten hat, einen runderneuerten Khasurn zu bewohnen.«
Er wischte mit dem Handrücken über die Oberlippe und zog geräuschvoll die Nase hoch. »Doch deswegen bin ich nicht gekommen.«
Ohm erhob sich und trat vor ihn. »Sie sind hier, weil Sie unser Gespräch über Flakio Tasamur belauscht haben.«
»Sie brauchen sich keine weitergehenden Gedanken über Ihren ehemaligen Begleiter zu machen.« Zimral öffnete die Tür. »Er ist tot.«
Ehe er den Raum verlassen konnte, rief ich: »Tot? Wie …«
»Jemand hat ihm das Lebenslicht ausgeblasen.«
»Es wird Ihren Vater nicht erfreuen, dass Sie diese Entscheidung ohne ihn getroffen haben.«
Zimral tippte sich verächtlich gegen die Stirn. »Haben Sie nicht zugehört? Ich sagte, jemand. Nicht wir. Es handelte sich sozusagen um … ein Attentat.«
»Wer hat es getan?«
»Wir verdächtigen einen der Leibdiener, der seitdem verschwunden ist. Marik, ein greiser alter Narr. Warum er es getan haben könnte, ist uns allerdings noch unklar.«
»Marik«, wiederholte Ohm nachdenklich. »Das sieht ihm ähnlich.«
Die beiläufige Bemerkung weckte Zimrals Interesse. »Sie kennen ihn?«
»Ich tätigte verschiedene Geschäfte mit ihm. Wissen Sie wirklich nicht, warum er Tasamur tötete? Der SWD hat ihn für diesen kleinen Gefallen teuer bezahlt.«
Zimral winkte ab. »Mein Vater hätte ihn zur Strafe ausfindig machen und töten lassen. Mir ist es gleich. Soll er seinen Reichtum nur genießen. Was kümmert es mich? Auch ich bin zu Geld gekommen.« Mit diesen Worten wandte er sich endgültig ab.
»Warten Sie! Bitte geben Sie mir die Möglichkeit, Kontakt mit dem Thakan Aerticos Gando aufzunehmen.«
Der jüngste Sohn des Patriarchen zog fragend die Augenbrauen zusammen. »Was wollen Sie von ihm?«
»Nichts, was mit Ihrer Familie zu tun hätte.«
»Es wäre sicher in Vaters Sinn. Warum also nicht?
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